
302 V. KAPITEL. DEIÎ MVKDUS NOVl S.
FE.ST.STIiLLrNO DEU UE.-MAKEATIONSLINIE. 303
II
J I
dass die Linie liiindert Léguas westlieli der Azoren vorbeistreielien
solle, zumal wenn man bedenkt, dass die Fixirung der Läugenabstiinde
für damalige Zeiten überaus seliwierig war, und daher die Schiller
unmöglich hätten bestimmen können, ob sie sieh noch iuncrlialb des
ilinen zuständigen Seegebietes befänden oder die Scheidelinie schon
passirt hätten. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, dass der
Grund für die besondere Feststellung der Demarkationslinie auf hundert
Léguas westlich der Azoren oder Kap Verden nnr in den eigenartigen
Beobachtungen zu suchen ist, die Columhus an der Magnetnadel
wahrgenommen hat, wie nicht minder iu der auffälligen Verändenmg
der Temperatur und der Beschalfenheit des Meerwassers,
welches dort von dem ihm unbekannten Krautwerk erfüllt war.
Diese genau hundert Léguas westlich der Azoren liegende Stelle, von
wo an, seüier Meinung nach, sich überdies die Deformation der Erdkugel
geltend macht, hat sicher als Einteilungspriucip für die Bestimmung
der spanischen und portugiesischen Besitzansprüche gedient,
und Colnmbus muss sein Beobachtungs-Material für den vorliegenden
Zweck dem Papst an die Hand gegeben haben, um so mehr da, wie
wir wissen, Colnmbus um sein Urteil angegangen worden war.')
Diese Demarkationshnie war aber nur einseitig, als CTreiize der
spanisehen luul portugie.sisclien Literessensphäre, von Bol zu Pol auf
dem Atlantisehen Ocean gezogen. Erst später berücksichtigte man
die Rmidung der Erde und die Möglichkeit, dass beide Mächte auch
auf der anderen Seite der Welt bei den Antipoden zusammenstossen
künnten, und deshalb wurde hi einer dritten Bulle (vom 25. September
1403) der halbe, von Pol zu Pol gellende Meridian zu ehiem ganzen,
durch beide Pole streichenden erweitert, so dass nunmehr die Erdkugel
in zwei Hemisphären, eine spanische und ehie portugiesische zerfiel.-)
') Eine wenig über zengende Erklürun g hat B a u m zu geben versueht, ohne auf Humboldt
Bezug zu nehmen. Er weist auf die Toleta de marteloio (Seeniannstafel) in dem von uns me lufaeh
genannten Pergament-.Atlas des Andreas Bianco von U3G hin (den Baum übi-igens f ü r
einen Druck von 1436 [I] hält), wo das Ee chnungsve r f ahr en für den Seemann auseinandergesetzt
wird, der, um vorwä r t s zu kommen, nach rechts und links kreuzen muss. Das dort vorgeführ t e
Beispiel ist an einem Fall erläutert, dass der Seemann regelmässsig 100 Meilen von dem beabsichtigten
Kur s e .abweiche. Baum (S. 17, 20) folgert nun weiter, dass der Paps t und sein
geistlicher Beirat im Ka r d i n a l s -Ko l l e g i i u u , die Beide von nautischen Dingen nichts verstanden,
sich bei Seeleuten e rkundigt hätten, wie wohl am besten eine os t -we s t i i ehe Distanz bestimmt
würde, und der Pap s t habe nun die .Auskunft, so gut wie er sie verstanden, wiedergegeben.
Rein äusseilieh an der Zahl ..100.. f e s tha l t end, habe er sie auch als J l a a ss der Ent f e rnung
von den Azoren ans für die Scheidelinie eingeführt , um die Spanie r zufrieden zu steilen.
Die Bulle vom 25. Sept embe r 1493 bei Nava r r e t e I I , 404 — 406. In dei- fraglichen
Stelle d e r Bulle wi rd allerdings der Demarkationslinie in keiner We i s e Erwä h n u n g ge than:
Da txber die Portugiesen bei ihren Fahrten an der Afrikanischen
Küste einen grösseren Spielraum haben woUten, so einigte man sich
endlich ntich laugen Verliandlungeu durch den Vertrag von TordesUlas
(7. Juni 1404) dahüi, dass die Teihiiigslhiie von 100 LegTias auf
370 LegTias westlich der Kap-A^erden hiiiausgerückt werden sollte,
wobei nunmehr die entsprechende Linie bei den Antipoden sieh
ebenfalls um 270 Léguas westlich verschob.') Denn was die Portugiesen
auf dem Atlantischen Ocean gewannen, verloren sie auf der
anderen Seite wieder.
Es fragt sich nun: wo lag die Demarkationshnie? Da eine
Legua vier römische Meilen betrug, und eine Meile ungefähr 1480 m,
so waren die 370 Léguas etwa 21904 km gross, was auf dein Parallel
von San Antonio, der westlichsten Insel der Kap-A^erden, ungefähr
20'/.j Längengraden entspricht. Da San Antonio 25'/, Grad westlich
von Greenwich liegt, so würde also die Demarkationslinie annälieriid
auf den 46. Grad westhch von Greenwich fallen, während sie nach
der friUieren Bestimmung des Papstes, der die Linie auf 100 Léguas
westlich von San Antonio ansetzte, vielmehr in den 31. Längengrad
gefallen wäre.
In dieser Entfernung von 21 Grad westlich von San Antonio finden
wir auch die Linie auf den AVeimarer Karten von 1527 und 1529
vor, sowie auf der vou Kohl veröffenthchten Portugiesischen Karte
von 1518. Die älteste Karte, die meines AVissens die Demarkationshnie
aufweist, ist aber die hi der Bibhoteca Estense zu Alodena
befindliche K.artc des Cantino vom Jahr 1502.-) Da hidess auf derselben
nur die Breitengrade, nicht aber die LängengTade verzeichnet
sind, so kömien wir nur aus der allgemeinen Situation schliessen, dass
aueh auf ihr die Entfernung von 370 LegTias als Norm gegolten hat.')
jpoi-que podria acaecer que los Nuncios y Capitanes . . navegande häcia el Occidente d al Mediodia
aplicasen y tocasen d las partes Orientales y hallasen islas y tierras-Jirmes (lue hohiesm sido 6
fueren de la India . . . . eMendemos y ampliamos la donacion, concesion etc.
Die Capitulacion de la Particion del mar Oc e ano, hecha entre los Catolicos Reyes
D. Fe r n a n do y Dona Isabel, y D. Juan Rey de Portugal bei Nava r r e t e I I , 130 —1 4 3 ; Los
Procuradores : . . . . ortorgaron y corisintieron que se haga y asigne por el dicho mar Oceano una
raya 6 linea derecha de Polo d Polo, del Polo Artico al Polo Antartico, que es de Norte d Sur,
la cual raya d linea é seiial se haya de dar y de derecha d trescientas setenta léguas de
las islas de Caho Verde para la parte de Poniente por grados 6 por otra manera etc.
') \ 'gl . unten .Abschnitt V'.
ä) Hari-isse hat die En t f e r n u ng der Linie auf dieser Ka r t e zu 6 2 ° 3 0 ' westlich von
Paris (also 6 0 ° 10' westlieh von Greenwich) be r e chne t , so dass sie nicht 370 Léguas,
sondern 480 betragen wü r d e , was dur chaus irrig ist. Sie schneidet vielmehr annähe rnd
dieselben Pos i t ionspunkt e, wie auf den übrigen Ka r t en.
1 n^xmwir.r^