
III. K.\PITEL. DIE KENNTNIS VOM ATL.\NT. OCEAN A'OR COLTMBUS.
selb-st in seinem Scliiffs-Tageliuch sclireiliit, ein Kolonist von Madeira
nach Portngal, welcher den König zur Ausrüstung einer Caravele aufforderte,
um ein Land aufsuchen zu lassen, welches er jährlich in
einer hestimniten Richtung gesehen hätte,')
Ahnlich wa r ein anderer Yersueli, von dem die Historie melden.
Ein portugiesischer Pilot, A'icenzo Di a s , von Tavira, glaubte in der
Nähe von ]Madeira eine Lisel gesehen zu haben, welche er für festes
Land hielt. Nach Terceira zurfickgekehrt, vermochte er einen reichen
Geniiesichen Kaufmann, Luca di Cazzana, zur Bemannung eines Schiilcs
zu bewegen. Der Pilot machte sieh drei und vier Mal auf den We g
nach jener Insel, oft 120 his 130 Léguas weit Innaus steuernd, aher er
konnte kein Land entdecken. Dennoch liessen weder er noch seüi
Begleiter bis zu ihrem Tode von dem Unternehmen ab; sie hatten
immer noch die Hoffnung, das Land aufzufinden.-)
Trotz der vielen Mi.sserfolge wurde am 4. Augnst 148G von
König Joäo IL für E e r n ä o dTTlino von Terceira ein neues Patent
ausgestellt, »auf die grosse Insel oder das Festland, welches man für
die Insel der Siehen Städte hält«; und mit welcher Zinersicht dieser
Kapitän dT'lmo dem Unternehmen entgegensah, ergiebt sich daraus,
dass er sich mit einem Joäo Affonso do Estreito in das Geschäft
teilte und sich dies auch vom König besiegeln liess.') Schliesshch
sei auch noch des Al v a r o und J o ä o da F o n t e gedacht, welche ihr
ganzes Vermögen daran setzten, die neue Insel zu suchen.')
Soweit zunächst die litterarischen Quellen. Aligesehen von
eüiigen renommistischen Erzählungen von Schiffern, die auf der Insel
') Tagelnicli zum 9. .August: Dice aqui d Almirante que se acuenla, eslando eii Portugul
el am de '14^4, vino uno de la isla de la Jlaelera al Heg d le pedir una carahela para ir d esla tierra
que via, el (mal juraha que. cado aho la via. N a v a r r e t e , Cülecciüu de los A'iages y Descubrimieutos
que hicieron poi- mar los Espaüolcs desde fiues del sigio X\-, Madrid 1825, I, 5, —
Nicht tmwahrscheiulich ist es, dass dieser Bittsteller mit jenem Dominguez do Arco
identisch ist.
') Historie, f. 23. — Dass es aber anch schon damals Einige in Poi-tugal gab, welche
sich über solche Unternehmungen lustig machten, zeigt das Verhalten des Francesco di
Cazzana (Bruder des Luca): facendo.ü bejfa il detto Franeeseo di cotale impresa. Flierzu vgl.
Las Casas, Hist, de las Lulias, 1, I , c. 13, S. 101.
') Über die Urkunden ans der Torre do Tombo vgl. V a r n h a g e n a. a. 0., S. 116—120:
Queria dar achada liurna grande ylha ou ylJias, ou terra firme per Costa, que sepresume seer a
ylha das Sete cielades. Nach Ilarrisse (Colomb. I, 312) ist dieser d'Uhno identisch nüt dem
Temaldohnos der Historie, f. 22. — Sehr eingehend behandelt dieses Unternehmen K u n s t -
m a n n (Entdeckung Amerika's, S. 37 ff.).
F r u c t u o s o , Sandades da Terra. Historia Genealogtea, de Sam Miguel. Ponta
Delgada 1876, S. 73, 249: Aharo da Fönte e Joam da Fmte, que gastou toda a sua fazenda
no descohrimente da ilha nova, sem a pode7' achar. — Harrisse, Corte-Real, S. 43.
ANTII.LIA All- DEN KAUTEN. 2 0 1
gelandet zu haben vorgaben, Avar doch in der zweiten Hälfte des
Jahrhunderts die allgemeine Ansicht die, dass Antillia enie noch
nicht aufgefundene Instd im Ocean, westAvärts der Azoren, sei,
deren E.xistenz aber ausser ZAveifel staiul.
Dies ersehen auch aus den Ka r t e n j e n e r Ze i t , AVO Antillia
mit aller Deutlichkeit verzeichnet ist.
Nächst der oben erwähnten Karte des Francesco Pizigano von 1307,
finden Avir die Iirsel erst auf einer loxodromischen Karte aus dem
Jahr 1424 wieder. Sie befindet sich gegenwärtig iii der Bibliothek
zu We ima r und VTirde zuerst von Llumboldt beschrieben. Auf ihr
sehen wir nur den nördlichen Teil der Insel Antillia; nördlich von
dieser ist aher eine zweite Insel ^'on fast rechteckiger Gestalt, welche
Isola de la Man Satana.xio heisst. Die Entfernimg der Azoren von
der portugiesischen Küste beträgt etwa 110 Seemeilen.')
In aller Vollstäiuligkeit gezeichnet treten uns die beiden In.stdu
auf der Karte des Ba t t i s t a Be c c a r i o entgegen. Diese vorzüglich
erhaltene Karte der National-Bibliothek zu P a r m a , welche vom
Jahr 1435 datirt ist, zeigt neben Antillia uud Satanaxio überhaupt
den ganzen Archipel jener fabelhaften Inseln: im Westen von Antillia
die Insel Eoijllo, im Norden von Satana.xio die Insel Tanmar, sodann
.Alle Besehreibungeu. die von dieser Karte existiren. sind nach llumboldt (Kril.
Unters., S. 415, .Anmkg.) gemacht. Sie ist. wie sämtliche Kompa s s -Ka r t en , auf Pergament
gezeichnet und umfasst das ganze jMittehueer-Becken mit dem Schwarzen Dleer, sowie die
.Atlantische Küste AA'est-Europa's und Nord-Af r ika ' s bis zum Kap Bojador. Die Legende,
in der sich der A'erfasser nennt, ist durch .Alter verwischt und unkenntlich geworden.
Humboldt las: Cantest. . . cornpa . . . ancon JICCCCXXIV. Wi r können aus diesen Angaben nur
entnehmen, dass der Zeichner der Karte ein Anconitaner war. Höchst unglücklich ist die
Konjektur von .Amat di S. Filippo (Studi biogratiei e bibliografici sulla storia della Geograüa
in Italia. Roma 1882, 11, I I I , No. 150), der die Legende ergänzen will zu: Contes IIoctomani
Freducci composuit, Ancone 1524. A'eranlasst hierzu wurde er allein durch das
Fragment Content. . . und seine Vermutung wäre durclians zu billigen, da neben den wenigen
uns bekannten .Anconitaner Kartographen, den beitleu Benincasa, allein noch Freducci in
Frage konnuen könnte. Da jedoch die Thätigkeit Freducci's in den Anfang des X\ ' I . .labrluinderts
fällt, so ist die A'erândcrung des Datums 1424 in 1524 immerhin eine kühne. Die
älteste Ka r t e , die wir von ihm kennen, ist jene in AA^olfenbüttel von 1497; die jüngste, von
1538, sah ich im Propaganda-.Archiv in Rom. Es ist auch nicht wahrscheinlich, dass noch
auf einer Karte von 1524 die .Antillia in der Lage und Gestalt, wie auf den um ein J ahr -
hundert älteren Karten, erscheinen würde. — Humboldt ist in seinen .Angaben, die sich auf
.Autopsie gründen, recht verworren; anf S. 415, 416 setzt er die Karte in das J a h r 1424 —
anf S. 417 in das J ahr 1425 — auf S. 419 oben im Text 1425, in der .Anmerkung 1424 — von
S. 420 ab heisst es dann wieder 1425. — A'gl. über die Karte ferner L e l e w e l , Géogi-,
du moyen âge 11, 68; D e s i m o n i , Elenco di carte ed Atlanti nantici di autore genovese, im
Giornale Ligustico II (1875), 270.
K r c t s c l i m c r , Kiitdectiung .Ameiilia's. OQ