
132 11. K.^riTEL. D.V.S WELTBILD DES 5IITTi;L.\LTERS.
Al)er aui-li iiocli im Xlll. uiul den folgenden .laliviumderten u-nvde
del' alter Orbis immer wieder zur Darstellung gebracht. So sehen A\-ir
Um ferner auf den schematisirten Radhärtchen des Cecco d'Ascoli')
und des Oa u t h i e r von Metz=): auch die ovale Weltkarte in
einer ilarco Polo-llandsclirift der liihliothek zu Stockholm bringt ilui
nach dem Yorbihl des ]Wacrol)ius. obwohl der Ivartenzeiehner. wie
aus einer Legende ersichtlich, die schwankenden Ansichten des Ko.smographen
hierülier wohl kannte.^) Jedenfalls hatte der Antipoden-
ISegrili; zusammen mit der Annahme eines .südliehen Kontinentes, mehr
und mehr au Boden gewomien. und (he zweite Hälfte des Mittelahers
zeigt eine Reihe von Vertretern dieser Lehre, trotzdem in dieser Zeit
eine heftige Reaktion gegen diesellie sich gehend machte, und auch
die Kirche mit eingrilf. welche gegen die Ketzer mit Feuer und
Schwert vorging.') Als den liedeutendsten Vertreter der scholastischen
Geographie haben wir imbedenklich den gelehrten Regensburger Erzbischof
Al b e r t u s :Magnus anzusehen. Er legte den Grund zu
euier nach scholastischen Prinzipien durchgeführten wissenschaftlichen
Geschicl.ts<|uellen i„i Mittel.ilter. Berlin 188G, 11. 154. — Die sehr beme rkenswe r t e Leoende
.-.nf einer K.-,rte d e r Pa r i s e r Bibliothek lantet: l'lmja amivM, hmpemta sed JiKs Ade incognila.
Ndid perümjens ad noshian yenus. Mare namyae MedUei-ranmm qim! ab ortu so/is usque ad
oceidentem projhü et orbem terrae dividit. Humanus ocubis nnn vidit. Quem solLs ardore semper
illustratum qui deSuper per lacteum cirndum airrit. Access,^ repelUt kouunum. nee uUa ratioue
ad hane zonam permittit transitum. Kane inhabitare plühsophi antipodes autumant quos a nobis
diversitate temporum diversos asserunt. Kam cum estate torremur, Uli friyore conyelantur. Xobis
vero septemtrionalia sidera cernere permissum est et Ulis penitus deneyatum. Kulla alia astra
sunt que Worum obtutibus deneyentur. Et quae simul cum Ulis oriuntur.'simul eceniunt in occasum.
Et dies noctesque una lonyitudine patiuntur, solsticii autem celeritas et sol per brumam properando
revertens bis hiemem per illos inducit.
') Cecco d'.-Vscoli (Xl l I , J ahrb. ) . Professor an der Universität zu Bologna, schrieb
einen astrologischen Komment a r znr Spliaera des .Sacrobosco; in iinn ist die We l tka r t e
enthalten. Agl. .Santarem's .Atlas tmd Essai I. 97. 11. 281.
= ) Die Ka r t e ist in einer dem Gantliier von Metz zngescln-iebenen Kosmogr aphi e
(Imago mundi ) der National-Bibliotliek zu P,aris, Xo. 7991, entlialten.
Dei- urspi-ünglich dem Pelavius gehörige Kodex s t ammt aus der Mitte des XH". J ahr -
hunderts. Die We l t k a r t e , welci.e der des Ranulpims llvggeden hin.sichtlich ihrer ovalen
Gestalt ähnhcl, ist, zeigl ausser zwei Namen keine andere Legende wei ter ; dageaen ist unte r
der Kar t e eine längere kosmogra,,lusche Notiz beigelugt, in der es heisst: Jlundi formam
omnes conseutiunt rotundam esse . . . . Sunt qui arbritrantur quatuor ejus playas apparere, quas
maynus intersecet Oceanus duobus ampKssimis fuminihus eas ambiens . . . atque hunc in modum
toHus terrae quatuor portiones velut inyentes instdas emeryere Plerique unam tantum modo
partem terrae emersisse tradidernnt inter srptentrionem et aequinocthualem cirndum, id quod divinum
menfem /tomimim cavso
n Phys . Er d k d e . i. Alittelalt.. .S. 58 f Der .Arzt nnd .Alchimist P i e f o d'-Abano fiel
1316 deshalb der Impusition zum Opfer, imd Cecco d'.Ascoli leurde 1327 auf dem Alarkt in
Florenz wegen seiner I r r l ehr e verln-annt.
ZONEXLEUKE NACH ALBERTUS MAGNUS. 133
Erdkunde, und wenn er auch mehr oder Aveniger nur den Aristoteles
parapbrasii-te, so hat er ihn doch zugleich auch einer dem Standjiunkt
.seiner Zeit entsprechenden Bearbeitiuig unterzogtm, daher
nicht tuiweseiillich verändiu't und sein System ei-Aveitert. Li seinem
Uber de nalura locornm behandelt er in umfassender Weise die Weidiselbezielumgen
der klimatischen Faktoren in ihrer Abhängigkeit A"on der
Ei'doberllächc und erörtert hu Anschluss hieran die Frage nach der
Bewohnbarkeit imd Bewohntlieit derselben. Da Keiner so gründlich
diesen Proljlemeu gerecht gcAvorden ist, Avie Albertus, so wird es
gerechtfertigt seui, das von dun entAvorfene System des AVelt-Ganzen, in
welchem die naturphilo.sophische Auffas.rung seines Zehalters im A'ollsten
Maass zum Ausdruck kommt, im Zusammenhang zu be,sprechen.
Die A'on den Alten aufgestellte Zonenlehre hatte maimigfache
Beschränkungen erfahren müssen, da die auf astronfmiischer Grundlage
vorgenommene Einteilung der Erdoberfläche sich der aus ihr
theoretisch konstruirten klimatischen Teilung nicht mehr anpassen
liess. Schon die Alten hatten dies später erkannt. Währ end auch
noch ein Teil der mittelalterlichen Geographen im altgewohnten
Schlendrian des Traditionalismus nicht müde A\T.N'de, das Märchen A'on
der sonnendurchglidUen, uidiewohnlniren und uidjetretbaren heissen
Zone zu Aviederholen. musste schlie,sslich l)ei der mehr und mehr
vorschreitenden Länderkenntnis dieses Axiom zum zweiten Mal lallen.
Die erfahrungsmässige Thatsache, dass Aethiopen und Inder, unbeschadet
um Gesuudheit und Leben, die Strahlen der tropischen
Sonne zu ertragen A-ermögen. musste die bisherige mathematische
Einteihmg in's Wanken bringen, und Albertus weist .sehr bezeichnend
auf Ptolemaeus und den Araber Avicenna liin. die es otfen aussprachen.
dass die heisse Zone nicht so ausgedörrt sei, Avie man gemeinhin
geglaubt habe (iorridam zonam non onmino esse torridam). Der
IVidier von Posidonius Aerlireiteten Lehre, dass die heisse Zone in
drei klimatisch verschiedene Striche sich gliedere, folgt auch All^ertus,
Avenn er -weiter sagt, dass der Aufenthalt ui der Kähe des Wendekreises
zu geAvissen Zeiten angenehm, zu anderen unerträglich sei,
Avährend dagegen die Äquatorial-Zone im engeren Sinn stets euien
für Menschen annehmlichen Wohnort liiete; Aveil nämlich hier der
Zeit-L'nterschied zwischen den Zenithständen der Sonne sehr gross sei,
Avas beim Wendekreis nicht der Fall sei, da dort der Erdlioden
kurz vor und sehr liald nach der Wende erhitzt Averde.') Albertus
.\lbertus Alagu. de nat. loeor. Tract. 1. c. 6, edit. J ammy , Lyon 1651. t. A'. S. 270.
.'Umlich ba t es Baeri (opus mains 82) dargestellt.