
i n s II. IvAI'ITEL. DA,S AVELTIilLD DES MITTELALTERS.
Die alte Elenieiitenlehi-e. und mit ihf das geoeentiiselie AVeltsystem.
fand den ungeteilten Beifall aller eliiistlielien Gelelii-ten; um so inehr,
als mau aueh den Naelnveis geführt hatte, da.ss die Priorität desselben
nicht dem Aristoteles, sondern dem Kloses gebühre, welcher klar
und deutlich auf die Elemente Bezug nimmt.')
Kur Eines fand in der symnietrischen. centralen Anordnung der
Elemente nicht sehie Erklärung, nämlich die Thatsache, dass die Erde
als schwerster Körper vom nächst schweren, dem "Wasser, allseitig
bedeckt oder eingeschlossen sein müsste, wogegen der Augenschein lehrt,
dass sie vielmehr aus dem Wasser hervortaucht, somit also die gegebene
Reihenfolge der Elemente nicht streng inne gchahen ist. Die Lösung
dieses Problems war für die Auffassung des Weltbildes um so bedeutungsvoller,
als man .sie als Handhabe benutzte, der An t i p o d e n -Le h r e ,
und mi t i h r a l l en p h a n t a s t i s c h e n F e s t l a n d s - Hy p o t h e s e n ,
einen Stos s zu g e b e n : denn die ehizig mögliche Erklänmg des
angedeuteten Thatbestandes lief darauf hinaus, dass, unter Yoraussetzmig
einer vollkommen ausgebildeten Erdkugel und ehier ebenso
vollkommenen Wasserkugel, das Hervortreten der ersteren nur denkbar
sei, wenn beide aus ihrer konzentrischen Stellung heraustreten. Die
weitere Folgeriuig. die man hieraus zog. war dann die, dass die Er d e
nur an einer e i n z i g e n St e l l e a l s Ins e l h e r v o r t a u c h e n k ö n n e ,
dass somi t de r ü b r i g e Te i l d e r s e l b e n vom "Wasser bede ck t
sein müsse.
Koch trat aber eine Reihe anderer Gründe hinzu, welche zu
Gunsten dieser Auffassung zu sprechen schienen. — Bereits die Alten
hatten die Vermutung ausgesprochen, dass der Spiegel des Weltmeeres
nicht in allen Teilen ehi gleiches Ki^-eau haben könne, da man mehrfach
festgestellt zu haben glaubte, und zwar besonders an Stellen, wo
zwei Jleeresteile durch ehie nur schmale Landenge ^-ou einander
geschieden wirden, dass der Spiegel des einen über dem Spiegel des
anderen läge,-) Solche unmittelbar den Alten entlehnte Angaben
Joliaiin. Pliiiopnnos de [luindi crear. II, 1 . .S. 52 ü': I I . 4. .S. 5S, 59. Mo.ses neniil
lim- drei El ement e : Er d e . Was.sei' nnd Lu i t , wogegen da.s Fetter in seiner Aiitzähliing fehlt.
Philoponos erklärt sich dieses dahin, dass das Feuer in der Luft mit inbegriifen sei,
weil unsere sinnliche \ \ ' a h r n e hmu n g («(-.rrrj,-) diese beiden Eleineiue doch nicht unterscheiden
könne .
So glaubte ma n . dass der Korinthische Meerbusen höher läge als der Saronische.
itnd Demetrius Poliorketes stand deshalb von einem geplanten Kanalbau ab. \'gl. Strabo I. 54.
II. F i s c h e r . Uber einige Gegenstände der ithys. Geographie bei St r ab o . Progr. d. Gymn.
zu We r n i g e r o d e 1879, S. 4. — Ebenso hätte nach Aristoteles {meteor. I . 24, 29} der ägyptische
König Sesostris den Kanalbau zwischen dem Roten Meer uml dem Nil aufgegeben,
KIVEAV-UNTERSflllEDE DES OCEAN'S. 1 3 9
linden wir mehrfach aiudi bei den mittelalterlichen Schriftstellern vor,
und besonders der vermeuitliche höhere Wasserstand des Roten Meeres
über dem ]\littelmeer wnirde mehrfach besprochen.') Erst Albertus
^Magnus gab seinem Zweifel an dieser xVnnahme Ausdruck, und noch
mehr iler aus ihr gezogenen Folgerung, dass die Südhälfte der Erdkugel
höher hege als die Kordhälfte.-) Lu Gegented schloss er sich
einer anderen Ansicht an, die wir l.)is in die älteste Zeit zurück verfolgen
können, und die genau das l'mgekehrte behauptete, nidem sie
in Folge eines ungleichen Wasserstandes vielmehr die Kordhälfte der
Erde fiu' die höher liegende erklärte. Weitgehende Spekulationen
über die elementare Beschaffenheit und Entstehung des Wassers hatten
zu der Behauptung geführt, dass wesentlich die Kälte die Erzeugung
von Wasser befördere,') imd dass daher die Polar-Gegenden einen
beträchtlichen t'berschuss an Wasser aufweisen, während dagegen die
äcpiatorialen Gegenden durch A'erdampfeii in Folge der Sonnenwärme
eine erhebliche Einbusse erleideu müssen. Schon der Kappadokische
Kirchenvater Gregor von Kyssa hat deshalb das Kiveau des Polar-
:Meeres für höher liegend gehalten, als das am Äcpiator, und auf Grund
dessen einen meridionalen Nord-Süd-Strom angenommen, welcher
durch Nachströmen die am Äcpiator entstandene Lücke auszufüllen
•suchte.-') Jedenfalls hatte die Annahme von Kiveau-Uuterschieden schon
eine so bestimmte Gestalt angenommen, dass sie der Entwickelung der
oben angedeuteten Lehre als wesentlicher Stützpunkt dienen konnte.
weil das Kote ^ l e e r höher stehen sollte, als das ^littelmeer, und ebenso erging es dem
Darius. (Diod. Sictil. 1, 33; Strabo I, 38; XVl l , 804; Plin. VI , 33). Über die im Auf t r a g
Napoleon's 1. ausgeführten Nivellements dieser Me e r e , die irrtümlich zu einem ähnlichen
Ergebniss k ame n , habe ich gehandelt in Phys. Er d k d e . , S. 65.
') B a s i l i u s e rwähnt den Kana lbau. otlenbar gestützt auf .'Vristoteles. (Basil. ed.
Garnier. Paris 1721, t. 1; Hoinil IV. 3, S. 35. Vgl. MüllenhotV. Deutsche Altcrtkde. 1. 224f ) . —
Dieselbe Notiz e rwähnt A m b r o s i u s (Ilexaemcr. I I I , 2, Migue 14, 173), sowie P r o c o p
von Gaza (iMigne 87, 7()).
-) .Albert. Magnus , de pro]n-ietatibus elementorum. Tr a c t . I. c. 3. {Januny V, 322):
Dij-prunt mim quidam antiquorum, quod latus terrae Jleridianum est elevatuui, et latus Septentrionale
depressum a eentro et cordractum. Wü r d e der Ni l -Ka n a l zur .Ausfühntng gebracht
worden sein, so wäre nacb seiner :\Ieinung durchaus nicbt zu befür cbten gewe s en, dass
eine A'ersenkimg der Mi t t e lme e r -Lä n d e r stattfinden könnt e ; denn j ene r Kanal wü r d e nicht
breiter und nicht tiefer sein, als der Ni l . und köimte nntbin auch nicht mehr Wa s s e r einführen
als dieser. Jianifestum est iyitur, quod eontrarium dicti adversarii.... est verum.
ä) Im Anschluss an Aristoteles gener. et corr. I I . 3, 331; vgl. Zellcr, Philosophie de r
Griechen, Leipzig 1879; I I . 2, S. 444 bei Gregor Nyssen. Migne 4 4 , 109. Im Übrigen vgl.
meine Phys. Er d k d e . S. 93 f.
•') Gregor Nyss. -14. 9 9 ; .Albert. ]\lagn. meteor. I I , tr. 3, c. 6. S. 58. Auch Pe t rus de
.Alliaco in seiner Imago mundi (c. 49, fol, 31) e rwähn t den n o r d - s ü d l i c h en St r om; Xam
versus polos mundi oportet, quod aqua ahundet, quia illa loca frigida sunt propter elongationem
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