
1 8 8 III. K.4P1TEL. DIE KENXTMS VOM .ATLANT. OCEAN A OR COLUMBUS.
baren Abenteuern ausgeschmückt hat. Bekannt sin.l ihre Erlebnisse
auf der Lisel der Schafe, im Paradies der Vögel, und auf jener Insel wo
sie das Osterlamm schlachten wollen, — welche plötzlich unter ihren
lussen versinkt; es war der Rücken des grossen AValfischcs, ,Jascomus.
— Nach Verlauf A-OU sieben Jahren (-rreicheii sie endlich das
gesuchte Land; sie müssen zin-or den dichten Nebclrhig passiren,
welcher die Lisel umgiebt, und gelangen nach einer Stunde Avieder
ans rageshcht; sie erblicken ein Aveites Land, voll von Obstbäumen
wie zur Ilerbstzeit. Niemals ist dort Nacht. Vierzig Tage lanodurcli
wandern sie das Land, köimen aber nirgends eni Ende ent'^
decken; sie trellen Alelmchr auf einen grossen, mitten durch die Insel
stroniend.ai Ehiss, den sie nicht überschreiten können, und kehren
wieder an das Gestade der Lisel zurück, welche sie bald darauf
verla.ssen.
SoAveit die Legende, welche seit dem XL Jahrhundert, aus
welchem sie uns in einer lateinischen Fa.s.sung vorliegt, eine ungemchi
grosse Aerbreitmig gefunden hat mid teils in prosaischer, teils in
poetischer Eorm in franzü.sischen, englischen mid deutschen Versionen
vorliegt.')
Die ganze Brandan's-Sage scheint kaum ehien bedeutsamen
historischen IKiitergrund zu haben, =) mid wir könnten sie füglich
ubergehen, — wie ja selbst die Bollandisten sich durchaus' ablehnend
gegen den ganzen Schwall wunderbarer Abenteuer verhalten,")
— wenn sie sich nicht in der Folgezeit, zu einem geogra-
') Die ..\bfas.snng de r Br a „ d a n - s -Lo g e n d e roiclit j edenf a l l s nicht übe r das XL . l a h r h n n d e r t
znrück we n n attch iln- He ld den, AT. ,lah,-h„nde,-t angebür t . Eine lateinische „n,l eine f r anzös,
sche \ ers,on finden sieh in d e r vor zügl i chen .Ausgabe von A. . I n b i n a l , La l égende latine
d e b. li,-anda„,es avec une t r aduc t ion inédite en p r o s e et en poésie Ko , n a n e s , Pa,-is 1836
Nach e u e r altfranzüsischen Hand.schrift des B,-itischeu Mus en,us g.ab sie F . M i c h e l h e r a u s -
Les voyage s ,nerveillenx de St. B,-andan à la ,-eche,-ehe dn Pa,-adis te,-,-estre. Pa,-is 1878 -
E,ne e n g h s c h e von T h . AV,-ight. St. B, - a „dan, a tnediaeval legend of the .sea in Fn.di s h
].rose and ve r s e , Lo n d o n 1844. - Deut s ch wa r d die Sage e r s t a,n En d e des Xl l j l l u - -
hundert.s an. Ni e d e r - lihein bea,-beitet; die tnitteldeut.sehe U„ , a , -bc i tung, die ans de,,,
X l l L J a lu-hunde r t s t a n u n t , gab S e h r ö d e r (St, B, - a „da „ , t-:,-langen 1871) he,-ans nnd eine
luederdentsche B „ , - n s (.Alt- pl a t tde „ t«-he Ge d i c h t e . Be,-lin 1798), Ein Aus zug aus ihr findet
s,ch .n Gab,-iel U o l l e n l . a g e n ' s Vie,- Bû c h e r wnnde,-ba,-liche,- Reisen du,-ch die Lu f t
Magdebu.g 1604. _ Ein lateinische,- T e x t .les XIA'. ,Iab,-l„n,dertä ist neue rdings veröffentlicht
,,, den Acta Saue tor tnn Hibe rni a e ex codice Sahnant i c eus i nunc ,u-i„„nn integ,-e édita o p é r a
de Sraedt et de Ba k e r , Edi„bu,-g 1888, S, 111 — 154.
' ) Hi s tor i s ch au ihr sclieint n u r die Th a t s a c h e zu s e in, dass ein i,-isoher .Alönch anf
e,ner d e r , r , s cben Kü s t e vo,-gelage,-ten lusel in i.lyllische,- Eius a „ ,ke i t sein ,,atriarchalisches
Dase,n f,-istete.
') A c t a S a n c t o r u u , zu,n 16. .Alai, to,n. X V I , ,S. 569 — 600.
ENTSTEHUNG DER BRANDAN S-LEGENDE. 189
phischen Mythus herausgebildet, die Phantasie tler Schiller beschäftigt
und zu wiederholten Expeditionen A'eranlassung gegeben hätte.')
Die EntAvickelung der Brandan's-Sage mögen nicht zum wenigsten
die Schriften der Alten begünstigt haben, in denen sich so mancherlei
Andeutungen über entlegene, von der Natur bevorzugte Liseln finden.
Dies kann uns um so weniger auffallen, als gerade Irland in jener Zeit
der Barbarei der fruchtbarste Boden für klassische Studien geworden
war. Die sogenanten S c l i o t t e nmö n c h e , wie nach dem Sprachgebrauch
des Mittelalters die irischen Mönche hiessen, standen im
Ruf hervorragender Gelehrsamkeit.-) Auch Di cui l gehörte zu jenen
Schotten, welche Karl der Gro.sse an strinen Hof berief, und ;ius
seinem kosmographisclieii Abriss über den Erdkreis ersehen wir, dass
Phnius und Soluius thatsächlich als Quellen für die A-ernieintliche
Existenz ferner Atlantischer Inseln herangezogen Avurden.") Da überdies
die Scliottenmönche Aveite Pilgerfahrten nicht nur nach dem
Festland hin, sondern auch secAvärts zu machen pflegten — von
eben jenem Dicuil erfahren wir z. B., dass fromme Anachoreten die
Fai-öer und Island aufgesucht hätten, aber bald Avieder von Seeräubern
vertrieben worden Avären.') — so haben Avir alle Momente
heisammen, Avelche zur Entstclumg der Brandan's-Sage führen konnten.
Phantastische und poetische Ausschmückungen, die selbst hinwiederum
anderen Reiseberichten, Ileihgengeschichten u. a. m., entnommen
waren, traten schlieslich crAveiternd hinzu.")
.'\i,s d e r n„ , f angr e i chen Li t t e r a t ur sei g e n a n n t : H u , n b o l d t , K, - i f .Unt e r s. I, 4 0 3—4 1 0 ;
d ' A v e z a c , lies de TAfl-iiiue I I , 19 — 2 4 ; G a f f a r e l , Et u d e sur les i-ajipoi-ts tle rAmé r i i p i e
et de l'ancien continent avant Colond), Pa,-is 1869, 1 7 3—1 8 3 ; n n d de s s e l ben , les voyage s de
Saint Br a n d a u et des Pa p e s dans l 'At l ant iqne au moyen :ige, in Bnll, Soe. de Géogr . , Roche -
fort 1881 ; Pesehel in seinen Ab b a u d l n n g e n z,,,- Er d - t,nd \ ' ö l k e r k u n d e , Leipzig 1877, I, 2 0—2 8 ,
In I r l a n d , welches allein die keltische Be v ö l k e r u n g u n g c n i s e h t b ewa h r t h a t t e , wa r
das Chr i s t ent , ,m mit Liebe und Elfe,- gepf l egt wo r d e n , ,i„d hier wa r ba ld nicht n u r die
st,-e„gste tnönchische F,-;'n,nnigkeit, sonde,-,, auch eine e rns t l i che wissenschaftliche Th ä t i g -
keit zn finde,,; wäh,-e„d im ganzen Abendl andc die ge l ehr t e Bi l dung u„te,-z„geben droht e ,
fand sie do,-t so,-gsan,e Pf l ege , freilich lun- i,n Di ens t de r Kii-che. .And, die jn-ofanen
Schriftstelle,- e,-schienen hie,- n i c h t , wie in I t a l i en, gefähi-lich. \'o,-z„gsweise äus s e r t e sieh
die F,-önnnigkeit dieser jMönche in weiten Pi lge , l ah, - t en. i,, dein A'ci-lassen d e r He i , n a t . um
in ent l egene r F,-e,ude als Eins i edl e r zn leben o d e r Klös t e r zu g r ü n d e n . A V a t t e n b a c h ,
Deutschlands Gescl,ichtsip,elleu i,n J l i l f e l a l t e r , Be,-lin 1885, I, 109 f
ä) AVattenbach I, 1 4 5 ; Léf,-onne a, a. O. S. 38 f.
' ) Auch in d e r Br a n d a n ' s -Sa g e selbst wi r d solche,- E,-e,niton n,ehrl'ach E, -wäh„ung ge than.
A'gl. ileu lateinischen T e x t bei J u b i u a l , S. 2 (von d e r Insel des M(n-uoc); S. 6 (von d e r insu/a
cuiusdam sancti patris nomine Aknde)-, S. 20 (von einer ande,-eu Insel, wo B,-anda„ uud seinen
Clenossen ein senex nimia sencctute confectus begegne t u n d sie zu e i n e n moimstcrium f'üh,-t).
") So finden wi r die Me e r l u n g e des P y t h e a s , be z i ehungswe i s e das Le b e rme e r d e r
Herzog E r n s t - S a g e wiede,-. Bei .Inbinal (S. 26) heisst e s : Post très dies totidemque noctes