
III. K.^NXEL. UIE KENNTNIS -^ OM .\TL.ANT. OCE.\N VOR COLUMBUS.
Im XV. Jahrlumdert melireii sich aber selir bald die Xaclirichteii.
Im J ahr 1414 wollte ein Schifl' in nächster Ny|,e der Lisel gewesen
sein, wie es anl' dem Globus Behaim's ]ieis.st, und 1447 wurde ein
Portugiese durch widrige Winde weit nach Westen, nach einer einsamen
Lisel, verschlagen, wo er sieben .Städte land, deren Bewohner
portugiesisch sprachen.')
Wie lebhaft das Verlangen wa r . diese Insel iiälier kennen zu
lernen, und wie bercit\\-illig mau in Portugal den vagen Berichten der
Schiller Glaulien schenkte, zeigen die rnterncliimuigcn in der zweiten
Hälfte des XV. Jahrhunderts, welche zur Aufsuchung der Insel, wohl
auch aus politischem Litercsse, eingeleitet wurden. Aber die Xachricliten,
die dann über die Lisel, über ihre Lage und Besehaileiiheit
euihefen, waren vorsichtigerweise so allgemein gehalten, dass man
nichts Sicheres aus diesen entnehmen konnte, oder sie waren auch
zuweilen so übertrieben genau, dass sie schon deshalb als Täuschung
sich verraten. Zur Zeit des Prinzen Heinrich wollte ein Schilf aus
Porto die Insel Antillia erreicht haben. Die Jlaniiscliaft stieg a n s
Land und wurde von den Bewohnern der Insel nach deren Tempel
geführt, wo sie in Erlahrung brachte, dass die Lisulaner Christen
seien, da sie bei ihrem Gottesdienste die Cercmonieii des römischen
Gl.nibcns {ceremonie Romane) befolgten. Die Schiirer wurden von den
Einwohnern gebeten, zu bleiben, bis ihr Gebieter, der zufälhg abwesend
sei, zurückgekehrt wäre, da dieser sie sicherlich mit vielen
Geseheiikcn bedenken würde. Alier der Schillshcrr und scuie Leute
lurchteten, dann gewaltsam zurückgehalten zu werden, weil die Lisulaner
eine Kemitnis von der Existenz ihres Aufeiithaltortes nicht nach
dem Festlande dringen lassen wollten, und so fuhren sie nach Portugal
zurück, ÜI der sicheren Hoffiiung, für ihre Entdeckung vom
Lifanten belohnt zu werden. Dieser war hingegen sehr migehalten
und verlangte, dass sie sogleich dorthin zurückkehrten. Der Kapitän
hielt es aber für geratener, Portugal den Rücken zu kehren tmd auf
Nimmerwiedersehen zu entkommen.-)
Die Alta des Admirals gedenkt noch einer anderen Expedition,
von der Columbus seiner Zeit, als er sich im Kloster la Rabida bedie
Ansiclit von \ \ ' u t t k e (Znr Ge s chi cht e de r Er d k u n d e in d e r letzten Hälft e des jMittela
l t e r s , Dr e s d e n 1870, S. 26), we l c h e r Hoc sunt statuae quae fuemnt antea temporihus Areales
d. i. He r cul i s vor s chl ägt , u n h a l t b a r .
') H o r n , De originibus Ani e r i c ani s , La Ha y e 1652, S. 7: Anno MCCCCXLYJl
Portugallus quidam navigans extra/return Ilen-culeum, adversis ventis in remotam insulam occidentem
versus ahreptus fuit et in ea invenit Septem civitates quae Portugallorum lingua loquehantur.
') Ilistin-ie f. 21.
NACHEORSCHRNGEN NACH DER INSEL ANTILLIA. 199
fand, durch P e d r o de Ve l a s c o , den Piloten des Di e g o da T i e n e ,
zu hören bekam. Diego da Tiene war mit der bestimmten Absicht
unter Segel gegangen, die Insel Antillia zu suchen. Von der Azoren-
Insel Fayal fuhren sie 150 Léguas südwestlieh. Sodann in eine mehr
nördliche Richtvnig umwendend, gewahrten sie viele Vögel, welche
einer bestimmten Richtung zuflogen, woraus sie schlössen, dass dort
Land sein müsse. So entdeckten sie die Insel Flores. A^on hier
nordostwärts segelnd, gelaugten sie auf die Höhe von Kap Chiarti in
Irland. Wegen der anhaltenden Westwinde luitl der .auffallend ruhigen
See wähnten sie in der Nähe Land, die vorgeschrittene Jahreszeit
jedoch — es war bereits August — verhinderte sie, ihren AVeg fortzusetzen.
Der Beriebt in der Vita verlegt diese Reise vierzig Jahre
vor der Fahr t des Cohimbus, d. h. also in das J ahr 1452.') Harris.se
ist der Meinung, dass die Persönlichkeit des Diego da Tiene (oder
Detieiie) identisch ist mit jenem Diogo de Te i v e , welcher im J ahr
1452 auf Madeira eine Zucker-Siederei errichtete.-)
Alit welcher Ubcrzeugungstreue aber man in Portugal an der
wirklichen Existenz von Antillia festhielt, ersehen wir aus den Xh--
kimden und Reskripten, welche König Alphons X. erliess. So wrirden
im Jahr 1475 einem gewi,ssen F e r n ä o Te l l e z alle die Inseln verliehen,
welche dieser im Atlantischen Ocean entdecken würde, unter
anderen auch die Insel der Sielieii Städte.") LTns mutet dieser Beweis
königlicher Huld und Gnade heutzutage etwas sonderbar an; aber die
l'^ntdcckungen neuer Inseln und Küsten stiinden damals auf der Tagesordnung,
imd die vorherige Belehuung mit solchen Gebieten, zu deren
Auffindung ein Glücksritter auszog, war nichts Auffallendes mehr,
zumal da derartige Schenkungen so oft von Erfolg gekrönt waren.
Auch neun Jahre später noch wird einem F e r n ä o Domi n g u e z do
Arco von Madeira die Insel urkundlich zugesprochen, die er sich erst
aufsuchen muss,'') und in demselben Jahr 1484 kam, wie Cohimbus
') Historie f. 22.
') Archivo dos Açor e s , t. 1. Xo. H I , S. 250. Vgl. I l a r r i s s e , CluLstophe Golouib,
Paris 1884, I, 311. Eb e n s o K u n s t m a n n , En t d e c k u n g Ame r i k a ' s , ]\Iünchen 1850, S. 75.
Er. .A. de V a r n h a g e n . La \ ' e r d a d e r a Guanahan i de Co l o n . Sant i ago 1864, S. 114.
In dem Re s k r i p t vom 10. No v emb e r 1475 heisst e s : Acliariam as Sete Cidades, ou algoumas
outras ilhas povoadas, que ao presente nom som navegados. — H a r r i s s e . Le s Co r t e -Re a l et
leurs voyage s au nouve a u i n o n d e , Pa r i s 1883, S. 25, 42. — ^'gl. f e rne r eine L' r k u n d e vom
28. J a ini a r 1474: Donacion a Ferna m Tellez de las Foreiras i mas islas que descuèriese, 6 liiciese
descubrir.
Urkunde vom 30. ,Tuni 1 4 8 4 , im . \ r chiv de r T o r r e do To n i b o zu Lissabon. T'na
ilka que ia hitscar. I l a r r i s s e , Cor t e Re a l , S. 42, .Anndvg. 2.
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