
B 4 4 V. KAr iTEL. DER JIUNDUS NOVUS.
Indiens etwa ein Drittel des ganzen rmf ange s jenes Breitenkreises
betrage — eine Annalime, anf die Cohnnbns seinen Plan gründete —
Avar dnreli die neuen Entdeckungen endgültig umgestossen worden.
Zunächst gajiz abgesehen von der Erage, ob man die entdeckten
Gel)iet,steile als Teile Asiens auffasste, oder, wie Avir es auf einzelnen
Karten sehen, als selbststiüidige, mehr oder Aveniger iuselartige
Bildungen, wa r man doch zu dem Ergebnis gelangt, dass von der
spanischen Kü.ste Avestwärts enie Küste sich findet, deren Eiitfermmg
von jener nicht ein Drittel, sondern höchstens ein Sechstel des
Parallelkreis-Emfanges ausmache, ja dass einzelne Teüe der beiderseitigen
Küsten, Aveiter nördlich und südhch, einander noch erheblich
näher liegen.
Allerdüigs wa r die überaus mangelhafte Bestimmung der geographischen
Längen ganz darnach angethan, die irrigsten Yorstellungen
Avach zu rufen. Aus den Zeitunterschieden A"on Konstellationen am
Himmel die Längenunterschiede auf der Erde zu ermittehi, dazu fand
sich nur selten Gelegenheit, und AVO sie sich fand, führte sie zn den
uiiglaubhchsten Eehlern. Em hier nur ein Beispiel zu gehen, so hatte
Andres de St. Martin, der Begleiter des Magalhäes, in der Bai A-on
Bio de Janeiro aus Beobachtungen eines Mondabstandes A om Jupiter
zu ermitteln A-ermoelit, dass die Entfernung seines Beobachtungsortes
A'on ScA-illa 17 Stunden 15 Mmuten, d. h. also über 255 Längengrade,
entfernt liege, wonach Bio etAva in Cliuia hegen müsste. Slaii Avar
meist auf die unsichere S c h ä t z u n g s -Mc t h o d e angcAviescn. welche
ihrer Natur nach nur zu approxiinatlAcn Werten führte, Avenn auch
diese als Sbttelzahlen aus noch so vielen Beobachtungen gcAvonnen
waren.
Die älteren Karten sind zum grössten Teil durchaus unzuA crlässig,
AA'eil auf ihnen A'ielfacli noch recht phantastische Küstenlinien eingetragen
süid. Auf Juan de la Cosa's Karte ist Nord-Amerika iu
hypothetischen L'mrisslinieii skizzirt, die einen Yergleich der EntfcnnmgSA'erhältnisse
A"on der europäischen und afrikanischen Westküste
nicht gestatten. Andere haben die neugemachtcn Entdeckiuigen A'crzeichiiet
luid ZAvar, Avie es allen Anscheüi hat, ohne immer die Lagen-
A-erhältnisse zu Eiu'ojia und Afrika zu berücksichtigen.
Erst die Weimarer Karten, und besonders die des Ribero,') lassen
eine sorgfältige Rücksichtnahme auf die geographische Länge und
nie.se b e i d e n , gegenwä r t ig in d e r Grosslterzogliclien Bibbothelc zn AVeiniar antbewaln'ten
Ka r t en sind ans den Jaliren 1527 und 1529 datirt und zeigen eine aul-fallende
.Ähnlielikeit mit einander, trotzdem sie von verschiedenen .Autoren hergestellt sind. Die Ka r t e
KARTE DES RIBERO. 345
Breite der enizehien Positionspuukte erkennen. Hier zeigt sich nun
aber, Avelche Irrtiuner sich durch das noch mangelhafte Aufuahme-
A-erfahren eingeschlicluüi hatten. So liegt das Kap San Roque nur
3 Grad Avestlich der Kap-Yerden-Inscl St. Antonio, während ihr
Längemmterschied ni Wahrheit 10 Grad beträgt. Elorida, dessen
östliche Küste mit jener der Spanischen Halbinsel enieii Läiigenniiterschied
A OII 71 Grad aufweist, ist auf unseren Karten nur (Ui Grad
von 1529 s t ammt na chwe i sba r von Ri b e r o , j e n e von 1527 ist anonym. Die Legende auf
letztgenannter me lde t : Carta universal, en que se cuntiene todo lo, que del Mundo se a descuhierto
fasta aora, liizola un cosmographo de Su J\Iagestad Ânno MDXXVII en Sevdla (Unive r s a lka r t e,
anf we l che r Alles, wa s man bisher von de r AVelt entde ckt h a t , enthalten ist. Es luachle
sie ein Kosniograjili Se ine r J l a j e s l ä t im J a h r 1527 in .Sevilla), l ' b e r die fragliche Autor -
schaft ist viel he rumge s t r i t t en wo r d e n . S j i r e n g e l (Übe r Ribe ro' s älteste AA'eltkarte,
Weimar 1795) hielt sie, wie auch die ande r e Ka r t e , f ü r Kopien desselben AVerkes, K o h l ,
welcher übe r diese beiden ixartcn einen vorzüglichen Komme n t a r geschrieben hat (Die
beiden ältesten Gene r a lka r t en von Ame r i k a , ausge führ t in den J a h r e n 1527 und 1529 auf
Bet-ehl Ka i s e r Kar l ' s A'., We ü n a r 1860), sucht es wahrscheinlich zu ma c h e n , dass die Ka r t e
von 1527 von d e r Han d des F e r d i n a n d C o l u m b u s gefertigt wo r d e n sei. Na eh Herre,ra
(l)ec. 111, 10, 11) hä t t e Kö n i g Ka r l 1. (A'.) in Anbe t r a cht der f ü r den prakt i schen Gebr auc h
unzuverlässigen Ivartendarstelliingen dem He r n a n d o Colon aufget ragen, eine J u n t a zu bilden,
mit der er alle Ka r t e n einer gründlichen Revision unt e rwe r f en sollte, untl »dass er f e rne r
eine Ka r t e ode r Sp h ä r e ma che , in we l che r er die Inseln nnd Kont inente , welche bis dahin
entdeckt wa r e n , in ihren rechten Positionen niederlegen solle, auf de r man tlann auch die
noch spä t e r zu enttleckenden niederlegen k ö n n e , tlainit diese Ka r t e in dem Indien - Haus e
zu .Sevilla als eine û l u s t e r k a r t c , nach de r die königlichen Piloten sich zu richten nnd ihre
.Schiffahrten zu dirigen hätten, v e rwa h r t we rde n könnt e«. Diese Be s t immung scheint gegen das
Ende von 1520 getroffen wo r d e n zu sein, u n d Ko h l ist de r i l e i n u n g , dass dies die im folgenden
J a h r 1527 und zwa r in Sevilla ansge führ t e Ka r t e sei, u n d dieselbe also von Fe r d i n a n d
Cohunbus h e r r ü h r e . Neue rdings hat Ha r r i s s e (Cabot, S. 173) hiergegen Stelhing genommen,
weil Fe rdinand niemals zum Cosmographo de Su Magestad e r n a n n t wo r d e n sei, und weil übe r -
dies die Hands chr i f t der Ka r t e mit den uns a n d e rwä r t s übermittelten Schrif-tzügeu Fe r d i n a n d ' s
nicht übereinstimme. Er ve rmut e t den .Autor vielinehr in N u n o G a r c i a tie T o r e n o , von
welchem die Königliche I ' r i va t -Bi bl i ot hek zu 'l'uriii eine we r tvol l e Ka r t e (1524) besitzt, die
den östlichen Kont inent a l r and von La b r a d o r bis zur Dlagalhàes - St r a s s e darstellt. Dass die
Karte von 1527 nicht zum ersten Alal dieses .Aussehen zeigt, sonde rn sich vielmehr an ein
älteres Pr o t o t y p anl ehnt , ersieht man aus Rauui s io, in dessen Libri (1534) sieh eine de r
AA'eimarer Ka r t e ähnliche AViedergabe findet, welche als carta universale von einem maestro
di carte da nauicar aus Sevilla gezeichnet sei, per un Piloto della Maesta del imperador. Da
diese Ka r t e einst dem Pe t rus Ma r t y r gehör t e ( f u di Bon. Pictro Martire), de r bereits 1526
s t a r b , so muss sie folglich vor 1526 entwor f en s e in; ob von Nu n o Ga r c i a , mus s vorläufig
noch dahingestellt bleiben. — Die Ka r t e des D i e g o K i b e r o von 1529 (vgl. Atlas, Ta f e l XA')
ist n u r in wenigen Einzelheiten von de r vorherigen verschieden. .Ausser dem Exemj j l a r in
AVeim.'ir giebt es ein zweites im Propaganda - .Ar chiv zu Rom, welches aus de r Samndni i g
des Ka rdina l s Borgia zu A'elletri zu s t ammen seheint. (A'gl. T h o m a s s y , Les Pa p e s géographes
et la c a r togr aphi e du A'atican, Pa r i s 1852, S. 118.) Schon seit 1523 wi rd er nus
als Cosmografo de Su Majestad genannt . \-gl. übe r ihn Na v a r r e t e I, S. CXXIA' ; Kohl
a. a. O., S. 2 2 ; I l a r r i s s e . Cabot S. 178 f. Diese beiden AA'eimarer Ka r t en sind bekanntlich
zum ersten Alal von Ivoiil verötl-entlirht worden.
I t r i ' t s c i i i n e r , Entdtctiuii.' Amciltia's. i.l
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