
m . KAI-ITEL. DIE ICENNTMS A O.AI ATLANT. OCEAN A OR COLlMI i lS. GE,SCHICiri'E DES ATL,\NTIS - MYTHl'S. 1 6 1
Altertum scliou auf keiner anderen tjuelle beruhte, als allehi auf der
Platonischen.') Wie aber der Jude P h i l o , so schenkte auch der
Ilatomker Gr a n t o r dem Mythus schon mehr Glauben: und dass die
frage von emer anderen Richtung ganz besonders ernsthaft erörtert
Avnu-de, meldet uns P r o c l u s , der Kommentator zum Timaeus der
su'h bei semen Mitteihuigen Avesenthch auf einen gewissen Ma r c e l l u s
stutzt, welcher hi einem Werke über Aethiopische Geschichte alle
Reiseberichte über eine im Ocean liegende muiahbare Lisel sorofaltiozusammengelesen
hatte. — Dieselbe Leichtgläubigkeit trelfen wir
übrigens auch bei Ammi a n u s Ma r c e l l i n u s an, der den rnterganoder
Atlantis wie eine historische Thatsache behandelt,-) währeiuf auf
der anderen Sehe hinwiederum die Ne u - P l a t o n i k e r den Mythus
(h.rcli eine allegorisch-symbolische Deutung zu beseitigen suditen
indem sie in dem Kampf zwischen Athenern und Ath.ntiden nur
eine Anspielung auf den Gegensatz zAvischen guten und bösen Geistern
zwischen den Kräften der Materie und der Form erkeimen Avollten')
Auch die ältesten Vertreter des Christentums, ein Ar i iobius ' )
und Te r tul l i an- ' ), waren nicht abgeneigt, die einstige Existenz der
Atlantis anzunehmen, und Ko sma s I n d i k o p l e u s t e s findet üi der
grossen Insel Platoifs eine Bestätigung dessen, was Moses gelelirt
hatte, der dorthin den Sitz der ersten Menschen verlegte- die
Geschichte der Atlamiden ist die Geschichte der vorsintfluthchen
Menschen, imd die zehn Könige der Atlantis sind die zehn Generationen
von Adam bis Noah.")
Während des Mttelalters ruhte die Frage last vollständig, und
sie Avurde erst nach der Eiitdeckmig Amerikas Avieder aulgenommen
als sich das Literesse von Neuem dem westliclieii Ocean zuwendete!
Man hielt nach .:Vuzeichen Umschau, aus denen man auf die ehemalige
Existenz der Atlantis schliessen zu kömien glaubte; demi die
gewaltige Lisel müsste doch einige Trümmer noch zurückgelassen
haben, zumal da auch Piaton selbst sagt, dass das Meer an der
') Plin. I I , 9 2 : In totum abstulit terms, primum omnium ubi Ätianticum mare est, si
credimus Piatont, immenso spatio.
Annn. Alai-c. XA' I I . 7: Sunt et ehasmatiae, qui grandiori motu patefaetis subito coratrinis,
terrarum partes absorbent, ut in Atlantico mari Europaeo orbe spatiosior insula.
Unter den Ve r t r e t e rn dieser Richtung we rden von Proch.s genannt : Longinns Aniehus,
Xuinenins , Or igene s , Po r p l .y r iu s , J andj i i chos , Syrianus nnd Proc ins selbst.
Arnobius, adversus gent e r 1. I.
Tertidlian. Apologetic,nn 4 0 : Jlemorat et Plato majorem Asiae vel Africae terram
AtlanUco mari ereptam.
') Ube r Kosmas vgl. oben S. 94 tl'.. 12.5.
Stelle, AVO die Atlantis gelegen, uiibefahrbar wäre. Die Azoren,
.Madeira, die Kanarieii unil die Kap-Verden galten als die einzigen über
den \Va.s.scrspiegel lierA-oiTageuden, höchst<^n Spitzen ,1er nnnmelir den
Boden des !\h"eres bilden,h'ii Atlantis. Der Jesuit Atluuia.sius Kircher,')
Carli.-) Ca,let.") Hori ile St. Vinccnt.') Fortia d'Trbaii") gefielen sich
darin, diese Annahme ,lurch Verwertung eines umiängreiclieii Beobachtungs^
laterials tmd durch Hinweis auf andere, ebenfalls durch
Kataklysmen A-ers,'nkte Liseln uiul Länder zu stützen. Builbn")
glaubte, ,hiss die FlutAvellen. Avelche die Atlantis begruben, auch das
^littelmcer nach Dttrehbrechung der Enge bei Gibraltar erst zu dem
gemacht, Avas es heute ist, Avährend hingegen Bori de St. Vhicent
das I'mgekehrte annahm, Avcnn er die Atlantis teds ,lurch A'ulkanische
Katastrophen, teils durch die Fluten des Mittelmeeres, Avelche ihrerseits
bei (iibraltar durchbrachen, zerstört sein liess. Da zunächst nur
ein Teil der Insel zu Grunde ging, so wurden die lieAvohner auf
einen kleinen Landt,nl zusaminengedrängt, mussten sich aber später
auf dem Festland neue W,ihnsitze suchen und versuchten, sieh tlort
erobernd Aveiter auszubreiten, bis sie schliesslich den Athenern
erlagen: die Guanchen auf den Kanari,^n Avären der letzte Rest der
Atlantiden gewesen. Entsjirecheiul den Angalien Platon's, glaubte
man. da.ss die Insel die volle Breite des Atlantischen jMeeres eingenommen
hätte. Wie tlie Kanarien und die Kap-Verden, so seien auch
die lu.sel Gades an der spani.schen Küste,') ja sogar auch Irland noch
als Teile der Atlantis aufzufassen, Avelche AvestAväris niclit nur ganz
Amerika in .sich begriif. sonilern auch die 31ohikken, Australien und
Neu-.Seeland, somit also die ganze Südsee, eingenommen liätte.')
Wurde auch letztn-e Annahme als zu Avint gehend zurckgewie-sen, so
•) Alinidns subterranens in XI I libros digestns, Amstei-d,-im 1G78, .S. 80- -83. Er
gie!,t hiei-zn sogar eine Karte der .Atlantis, welche als eine gewaltige Insel zwischen Enropa -
Aft-ika nnd Amerika dargestellt ist.
'-) Carli. Delle lettere Americane II (1780).
Cadet, Mémoire sni- les jaspes et antres pieri-es précieuses de Tile de Corse 178.5.
Essais s,n- les isles Foi-t,mées et l'antique .Atlanticpie. Paris 1803, cap. 7, 428,
gleichl-alls mit einer Kar t e des östlichen Teils der .Atlantis, aid' der die einzelnen Inselgruppe n
(.Azoren. Kanarien) als Gebirgsketten he rvor t r e t en.
-') Essais Sur quehpi e s -uns des plus anciens monument s de la géogr. cap. 3, in Méni.
de r i i i s t . - anc . du globe t e r r . , Paris 1802, S. 128 11'.
s) Tliéorie lie la t e r r e , 1749, 1, 96.
') O r t e l i u s . Theatrum orbis t e r r a r um. Antwe rpen 1570. — The s aurus geographicus
s. vv. tiades und .Atlantis.
Diese .Austlehnuug gait ihi- de la H o r d e , Histoii'e alu-égée de la mer du .Sud,
Paris 1791. .S. 24 — 47.
Kr,.sel,mer. I.:„.,le..k„„s Ameril.-,. -Jl
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