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heute.
IV. KAPITEL. DAS WELTBILD ZUR ZEIT DES COLUMBUS.
Alan liestiminte die EiitlcTiiuiig mit A'orliebc nach Gpaden und
MeiU'ii, wie wir es bereits bei Toscanelli gesehen hahen.
Wenn nun Cohimbus einem ÄqnatorgTad die Grös.se von öG^AIiüien
beilegte, so stützte er .sich hierbei auf eine Notiz, die sich ebenfalls
bei Petrus de Alliaco iindet.') Die Historie bcricliten hierüber weiter,
dass Alfragan die Rundung der Sphäre als liedentend kleiner erwiesen,
als sie andere Schriftsteller und Kosmographen annahmen, indem er ihr
nämlich nur rUV-/, Alillieu zusprach.-) Es bedarf kaum des Zusatzes, dass
mit jenen Millien nur arabische gemeint sind, welche weitaus grösser
waren, als italienische Millien. Columhus hat sie jedoch beide für
identisch gehalten imd die arabische Millie somit auf das kleinere
Maass der italienischen beschränkt. In jenem Brief, welchen er von
Jamaika aus 1503 au die Katholischen Könige schrieb, versicherte er
auf das Bestimmteste, dass die Erde nicht so gross ist, wie mau
gemeinhin aniümmt; deim ehi Erdgrad lietrage nnr 5G-/3 Millien.")
Ja, er gab sogar vor, dass diese Grössenangahe sich nach schien
eigenen, gelegentlich einer Seetabrt im Busen von Guinea gemachten
Erfahrungen bestätigt habe. Dass alier die arabisclien Dlathematiker
mit ihren SG'^ Millien keuicn anderen Grössenbegrilf verbanden, als
Ptolemaeus mit seinen 500 Stadien, das hebt Alfragan ausdrücklich
hervor, da die arabische Messung mit jener des Ptolemaeus »völlig
üliereinstimme«.')
AVas mm aber die Aiisdelinnng des Festlandes von Spanien bis
nach Indien anf dem Landweg anbetrilft, so stellte die möglich
grösste Schätzung hei entsprechend geringerem Seeweg seinen Plan
in eui um so günstigeres Licht. Senie Gewährsmänner, Petrus de
Alliaco oder Roger Baco, sagen hierüber: »Bei AVeitem grösser ist
die Länge der Erde nach Osten liin, als Ptolemaeus sie ansetzt; denn
nacli Angabe der Philosophen ist der Ocean zwischen Spanien und
') Iiiiago mimd i , cap. 8.
-) Historie, cap. 6, ö. 13b. — De r Kalif liess im J a h r 827 mehrfach Gr.admesstmgen
in den Ebenen von Ta dmo r und Sindj a r v o r n e hme n , aus welchen das Mittel eine Länge
von öG'/ä ar.abischen Millien ergab. V'gl. P e s c h e l , Geschichte der Er d k u n d e , S. 133 it.;
W o l f . Geschichte der .Astronomie, München 1877, S. 168.
Navarrete I, 300: E el mundo es poco: el enjuto de ello es seis partes, la septima
solameide cuhierta de ayua: la expertencia ya estd vista, y la escrihi por otras letras y con
adornamiento de la Sacra Escriptura, . . . . digo que el mundo no es tan grande come dice el
vulgo, y que nn grado de la equinoccial estd dncuenta y seis millas y dos tercios. — Die
angegebene Grösse des Erdgr ade s e rwäh n t er ferner in dem Brief von 1498; bei
Navarrete I. 258.
' ) Alfragani Chronologica et astronomica El emen t a , ex recensione Christmanni 1590,
c.ap. X. Hierzu vgl. Humb o l d t , Kr i t . Unters. 1, 520, Anm. D.
COLUMBUS' ANSICHTEN VON DER BREITE DES OCEANS. 2G5
Afrika westwärts und Indien ostwärts von nur geringer Breite. Es
i.st ermittelt worden, dass die l'berfahrt über dieses Meer bei günstigem
AVind in wenigen Tagen ausführbar ist, und deshalb kann der Anfang
Lidieiis im Osten nicht allzu weit vom Ende Afrika's entfernt sein.«')
A\'ir haben bereits untersucht, wie erhcblicli verschieden schon die
Alten die Erstreckung des Festlandes angesetzt hatten, indem sie
zwischen Angaben von 125 Iiis zu 225 Längengraden schwankten.
Mit den 180 Graden des Ptolemaeus wollte man sich im XA^. Jahrhundert
nicht mehr begnügen; die weiten Reisen nach dem Osten
Asiens hatten den Eindruck hervorgerufen, dass das Land nach dieser
Richtung sich doch weiter ausdehnen müsste, als Ptolemaeus annahm.
Cohimbus klammerte sich au die 225 Längengrade des Alarimis von
Tyrns und kam so zu einem Ergebnis, welches mit der ihm von
Toscanelli übermittelten Schätzung, nach welcher der Seeweg l'iist ein
D r i t t e l des Parallelkreises von Lissalion ausmache, übereinstimmte.
Cohnnlius wusste diese Angabe des Alarinus iu einem für sich noch
güiistigcriai Sinn dabin auszulegen, wenn er darauf hinwies, dass
Alarinus seine 225 Grade nur auf das ihm thatsächlich bekannte
Gebiet bescliränkte, und daher der A'ermutung Ranm gab, dass das
Land sich nocli über jenen Längengrad ausdehne, so dass es also den
Kap-A^erden bei uns im AVe.sten noch um ein Bedeutendes näher
rücke.-) In jenem Brief vou 1503 glaubte er den Alajestäten
trinnipliircnd schreiben zu können: »Btoleinaeus meinte, den Alariniis
von Tyrns trelflich verbessert zu hahen. und jetzt zeigt sich, dass
AUes, was dieser geschrieben, sich am meisten der AVahrlieit nähert.
Ptolemaeus setzte Catigara 12 Stiiiidcii von seinem ersten Aleridiaii
an . . . . Alarinus rückte dagegen das Land und seine Grenzen auf
15 Stunden hinaus.«")
Die übertriebenen Angaben von der Grösse Indiens waren geeignet,
die weite Erstreckung des Landes nach Osten nur noch mehr zu reehtfertigen.
AVofern wir einer Xotiz der Historie Glanhen schenken
dürfen, hätte Colunibus sicli auch anf eine Stelle hei Strabo bezogen,
nach dessen Angabe noch »Xicmand an das östliche Ende Indiens
Imago mu n d i , cap. 19.
Historie, cap. 6, S. 13 a: Quarto fece conto, che, se, hauendo Marino scritto in detta
sua Cosmografia per quindici höre, . . . non era ancor giunto al fine della terra Orientale, di ragion
hisognava, che cotal fine fosse multo pVu innanzi e per conseguente quanto pik si distendesse verso
l'Oriente, tanto venisse ad esser piii vicino a dette isole di Capo Verde per lo nostro Occidente.
Navarrete I, 300. Columbus zliblt die .Abschnitte nach den dieselben abteilenden
lineas, währ end die Historie A'on quindici höre o parti di ventiquatro, che sono nella rotondità
deW universo sprechen.
Kretsclimer, Entdeckung .Amerika's. 34