
A". KAPITEL. DEK MLNUUS NOVUS.
hekaiiiitgewordencii aiizuneliincii, zeigte sieli noch im Jalii- 1500. Als
den eigentlichen Entdecker Brasiliens pllegt man vielfach P e d r o Al v a r e z
Ciiliral zu bezeichnen, trotzdem ehiige Monate früher Yicente Yancz
Piiizon und de Lepe bis über den cS. Grad südlicher Breite vorgedrungen
waren. Jlehr durch Zufall glückte es Jenem, als er auf
einer Fahrt nach Indien um Afrika herum durch den Äquatorial-Strom
und die Passatwinde erlieblich westwärts getrieben wurde, eine
gebirgige Küste anfziiüuden, die bisher noch' von keinem Europäer
berührt worden war. Yom 17. Breitengrad au, in welclicm er die
Küste erreicht haben muss, steuerte er südwärts, wo er vor dem
anbrechenden Lhiwetter in einen vorzüglichen Hafen einlief, den Porto
SegTiro. AVährend er selbst sicli vou hier ostwärts unmittelbar nach
Indien waiuhe, sendete er seinen Begleiter Ga s p a r de Lemo s mit
der Nachricht von der neuen Entdeckung nach Portugal zurück, und
dieser erkundete aul' der Rückfahrt nocli ein gutes Stück der Küste
nordwärts,^ die er möglicherweise bis zum Kap Agostino verfolgt
hat.') — Es ist nun für die kosmographisehen Yorstellungen Cabral's
bezeichnend, dass auch er den A'ersuch machte, mit den Eüigeborenen
des Landes sich auf Arabisch zu verständigen. Denn nach Allem,
was er von den Entdeckungen des Cohunbus gehört haben mag, war
nichts natürlicher, als auch dieses Land zu Asien gehörig zu betrlditen.
Li welchen Beziehungen es zu dem Kontinente selbst und den früheren
Entdeckmigen des Cohimbus und seiner Nachfolger stand, vermochte
er nicht festzustellen. Yon den Ergebnissen Phizon's und de Lepe's
war ihm schwerlieli etwas zu Ohren gekommen, und nur so lässt es
sich erklären, dass er das Land als etwas für sich Bestehendes, als
eine I n s e l auffiissen konnte, — ein Yerfahren übrigens, welehes wir
nachher bei andern Entdeckern noch mehrfach beobachten können,
da den in kosmographisehen Dingen meist wenig bewanderten Seeleuten
der genügende Überblick fehlte.
Cabral verliess das Land, von welchem er für die Ka-one Portugal
feierlich Besitz ergriff, am Tage des grossen Kirchenfestes der Kreuzes-
') Ube r Cabral's Fahr t vgl. besonders B a r r o s , Dec. I, 1. V, c. 1—10; F a r l a y
.Sonsa, Asla Por t. 1, 1, cap. 5; P e d r o Va z de C a m l n h a M. .Ayres de Caz.al , ' corogr af ia
brazillca I. 12ir.; sowie den Brief K ö n i g E i n a n n e r s von Portugal ,in die Spanischen
Majestäten bei Nava r r e t e I I I , 9-1 tl'. — Die Angabe bei Barros (I, V', cap. 2), dass C.abral
in 10° südl. Breite gelandet hä t t e , ist sicherlich ein I r r t um: Pedralm foi dar em oulra cosla,
a qual sei/umio a estimofäo dos pilotos, Ihe pareceo que podia dislar pera Aloeste da Costa de
Guine quatrocentas sessenta leguas, e em altura do polo antartico da parte do
sul dez graos.
« • » . . s . ' i d t i x . ' î i ii i<' \ a v.-. 'iv-^.-.f -SEN
J-DECKUNG VON BRASILIEN.
erliöliung (3. i\Ini) und namite es dcsliall:) Isla de la Vera Cruz.')
Die Auffinduni>- dieser neuen Küste, welche wider Erwarten noch
diesseits der Demarkationslinie lag, reizte nmimelir auch in Portugal
die Uiiternehmuugshist, den We g der Entdeckmigen nicht nur nach
Osten, sondern auch naeli AVcsteu einzuschlagen. Hatten Cabral und
Lemos noch sehr fragmentarische Nachrichten von dem neuen L a n d e ,
w e l c h e s sie f ü r e ine I n s e l I i i e l t en, heimgebracht, so war die
nächste Expedition, die der portugiesische König im folgenden J ahr
1501 entsandte, tun die Entdeckung Cabrais weiter zu verfolgen, bei
') Statt Isla oder Tierra de la Vera Cruz findet man auch Tierra de Sa?ita Cruz. So
sehen wir es auch auf den Karten als Terra Sanctae Crucis verzeielinet, wie auf de r in
unserem Atlas (Tafel VI I I , No. 2) be(indliehcn Kar t e der Münchene r Bibliothek, sodann
anf der Karte des Johanne s Ruvsch in der Römischen Ptol ema eus -Ausgabe von 1508 (Atlas^
Tafel IX, No. 3) und j e n e r der Venediger Ausgabe des Be rna rdus Sylvanus von 1511
(Atlas, Tafel X, No. 3). Aber schon sehr bald nach der Entde ckung Cabral's bürge r t e
sich der neue Name "Brasilien" ein. Das unter der Bezeichnung Brasil im Mittelalter
hochgeschätzte Färbeholz (vgl. oben S. 214) fand sich hier in grossen J l engen vor, und dur c h
den lebhaften Handel mit diesem Erzeugnis wu r de schliesslich der Name auf das Produkt ions -
Gebiet übertragen. \'gl. hi e rübe r die Citate bei Humboldt , Krit. Unt e r s . , S. 4-15 f. Indessen
fand der Ube rgang von der einen zur anderen Benennung nur sehr alhnählich statr, und
daiier scheinen beide zeitweise mit einander verbunden worden zu sein: als Terra de Santo
Cruz do Brasil (in der Chronik von Goës). Zum ersten Mal k ommt Brasilien, und zwa r in
der I-'orm PrisiUi, in der "Beschreibung der üMeerfahrt von Lissabon nach Cala eut» vor, die
dem J a h r 1504 (!) entstammt (bei B. G r e i f f im J ahr e sbe r . d. Hist. Vereins f. Schwabe n
und Neubui'g, Augsburg 1861, S. 160 ff.): «Darnach faren s y zu einem land, heisst terra de
Santa Cetds. Und bringt man aus gemelten landen vill jjrisilli. Das cost nicht:, den das man
das abhaut, und sucht man noch stets in er mel ten landen, hofft ander ding darin zu finden.
Heisst terra nova de PrisiUi." Auf dieses Citat hat zuerst W i e s e r (Maga lhä e s -St r a s s e
und Aus t r a l -Cont inent , Innsbruck 1881, S. 93) aufme rks am gemacht. Ebenso spricht
G i o v a n n i da E m p o l i (bei Ramusio, Navigazioni I, 145) bereits im J a h r e 1504 von der
terra della vera croce, over del Brésil, cosi nominata, und ein portugiesisches Schi f f s -Tagebuc h
von 1505—1506 nennt die terra de Brazil (Wi e s e r a. a. 0 . , S. 94). Unt e r den Ka r t e n , die
diesen Namen a n f ü h r e n , scheint wohl die älteste die eines portugiesisclien Anonymus aus
der Zeit vor 1520 (Atlas, Tafel XI I , No. 2) zu sein, falls man nicht den Globus S c h o n e r s
von 1515 (Atlas, Tafel XI , No. 4) als solchen ansehen will, wo der Name Brasilia allerdings
auf den Südlichen Po l a r -Ko n t i n e n t be s chr änkt ist. Auf seinem Globus von 1520
lesen \vir an seiner richtigen Stelle: America vel Brasilia sive Papagalli terra (Atlas, Tafel XHl ) .
Kine Cbei'tragung des Namens der Insel Brazil des ^littelalters auf das Land iässr sich
nicht nachweisen; vgl. oben S. 221. — Die Bezeichnung Brasiliens als P a p a g e i e n l a n d
(Terra di Papaga oder Papagalli) rührt schon von Cabral her, dem das häufige "N'orkonunen
dieser Ti e r e zuerst auffiel. Bereits die Karten des C a n t i n o und C a n e r i o (Atlas, Tafel ^'I1I,
No. 1), auf denen beiden Papageien bildlich vorge führ t sind, deuten darauf hin. Der Name
Terra Papagalli findet sich, ausser bei Schöner von 1520, noch auf einer We l t k a r t e des
I'tolemaeus von 1522. Vgl. den Bericht des Lorenzo Cretico in Paesi nov. retr. c. 125. —
Die Umände rung des Namens Santa Cruz in Brasil e r r egte in dem Ilistoriographen Joàû
de Ba r ros gerecliten Unwü l e n : "Diesen Wechse l der Benennung hat der Teufel ge r a t en:
denn das jämmerliche Holz, welches Tuch rot f ä rbt , wiegt das zum Heil unserer Seelen
vergossene Blut des Erlösers nicht auf.- Vgl. Humboldt I, 446.