
1 7 8 III. K.APITEI,. DIE KENNTNIS VOM ATL.VNT. OCEAN VOR COLUMBUS.
Nacli den ersten Ansiedelnngs- nnd lîekelirnngsversiiclien der
Guanclien-Bevölkerung auf Lanzarote durch den Norinanneii J e a n
de B e t h e n c o u r t (1402), wendete man .seine Aufmerksamkeit auch
der westhcheii Küste des Afrikanischen Kontinentes zu. Die glänzenden
Erfolge, welche die portugiesische Seemacht liier zu verzeichnen
hat, knüpfen sich an den Namen des eifrigsten Förderers
der maritimen Entdeckungen, des Infanten He i n r i c h von Portugal,
welchen man den S e e f a h r e r genannt hat, obgleich er niemals
persönlich au Entdeckungen Teil genommen hat." In rascher Aufeinanderfolge
rückten die Entdeckungen vor: im Jahr 14114 hatte
( ü l Ea n i i e s glücklich das Kap liqjador passirt, wo die portugiesischen
Schille sonst umzukehren pllegten; 1441 fmden wir Nu n o
T r i s t ä o bereits am Kap Blanco; und zwei Jahre später an der
Bank von Arguin. Die besonders durch ihre Ausheute an schwarzer
Menschenware gewinnreichen Fahrten nach dieser Richtung liin
ermutigten die Portugiesen, den A-eriauf der Küste weiter''nach
Süden zu verfolgen. Im J ahr 1445 hatte Dini z Di a s , am Senegal
vorbeiiahreud, den er als solchen nicht erkannte, das westhchste
Vorgeliirge Afrika's entdeckt, welches er wegen der üppigen
A^egetation, im Gegensatz zu dem öden, sandigen Küstensaum der
westhchen Sahara, als Grünes A'orgebirge, Caho Verde, bezeichnete,
und in deuusellien J ahr drang die Garavele des Al v a r o F e r n a n d e z
sogar noch sïidlicher, bis zum Ka p d e r Ma s t e n , vor. 1446 erreichte
Nuno Tristäo den Gambia nnd eben jener Alvaro Fernandez die
Sierra-Leonaküste. Unter der Regierung von Alfons A^ liess der Entdeckungseifer
allmählich nach. A"on Bedeutung ist nur die Entdeckunoder
Kap-A'-erden (Boavista, Sal, Santiago) durch den Genuesen An t o n i o
de No l i und Di o g o Gome z , welche im Todesjahr des Lifanten
Heinrich (1400) stattfand.')
So wa r in der kurzen Z<>it von nur zwölf Jaliren (1434—46)
ein liedcutender Teil der AVestafrikanischen Küste (bis zum 7. Grad
nördl. Br. etwa) entschleiert worden. So epochemaclicnd aber die portugiesischen
Entdeckungen auch waren, so vermochten sie begreiflicherweise
auf die A'orstellungcn von der Gesamt-Gestaltung Afrika's
noch keinen Einlluss zu üb(>n. Anf der Karte Fra Manro's ist zwar
WIEDERENTDECKUNG DER MADEIRA- GKUIT'E. 1 7 ! )
') .Alle diese E n t d e c k u n g e n , die n-ii- in ihren Einzeliieiten hier n.itürlich nicht verfolgen
k ö n n t e n , haben schon n, ehr f a che I)ar.stelhnigen ge|-nnden, von denen n n r g e n a n n t
sein mö g e n : 1'eschel, Ze i t a l t er d e r Entd. , S. 48 —GG; l i n g e , Zeitalter d. Entd. , S. 8 9—9 6 ;
11. M a j o r , T h e life of Pr i n c e He n r y of P o r t n g a l , London 1868; de s s e lben, T h e discoveries
of Pr i n c e He n r y tlie Na v i g a t o r and their r e sul t s . Lo n d o n 1877,
wie wir gesehen haben, die Küste his zum Kap A'^erde und Kap
Roxo eingetragen. Das mittelalterliche kreisförmige AVeltbild aher
wurde durch jene Entdeckungen noch keineswegs aus den Fügen
gerückt; Afrika blieb nach wie vor auf den südwestlichen Quadranten
beschränkt, und erst die Entdeckungen der letzten beiden Jahi'zehiite
des Jahrhunderts sollten zum Bruch mit der alten Auffassung- ftdiren.
Kehren wir aber zu der Inselwelt des Atlantischen Oceans ziiri'ick.
AVie die Kanarien, so waren auch die Az o r e n und Ma d e i r a -
I n s e l u schon von den Italienern entdeckt worden, ehe sie von den
Portugiesen wieder aufgefunden wurden. Auch hier bildet der Mediceische
See-Atlas von 1351 unsere älteste Quelle. Wi r finden dort
bereits die isola de lo legname, Porto Santo und die isola deserte. In
derselben A'ollständigkeit giebt sie auch die Katalanische Karte, wo
ferner noch die zwischen Madeira und den Kanarien befmdlichen
Fclsenrilfe der Sahiages verzeichnet sind.') Mehr nur angedeutet,
als r|uellemnässig- wiedergegeben, erseheineu sie anf der Karte der
Pizigani, wo ihnen die Legende beigefügt ist: Isoliie dictae fortunate, seg
isote ponentur sancti Braudani, während thatsächlich nur zwei von
ihnen: ijsota canarki(\) und ysota capirkki dargestellt sind. Die sonderbare
AA^icdcrgabe und die eigenartigen Namen deuten auf eine höch.st
unlautere Quelle hin, und man hat nicht mit Unrecht die Brüder
Pizigani in den A'erdacht gebracht, dass sie die Existenz der Inseln
nur haben andeuten wollen, und in Ermangelung bessereu Materials
ganz willkürlich eingetragen liaben. Aus.ser durch die Karten, wird
ims die Kenntnis der Madeira-Gruppe im XIV. Jahrhundert noch von
einer anderen Seite bestätigt. Ein Englämler, Namens Ma c l i im, der
aus seinem Ileimatlaiide eines A'erbrechens wegen verhaniit wa r , gelangte
anf seiner Reise nach Spanien, durch Sturm verschlagen, nach
Porto Santo, wo er einiges A^ieh zurückliess und gleich darauf nach
Madeira kam; hier soll er der Bucht Alacliico den Namen gegeben
haben. Freüicli sind die Quellen") hierüber höchst zweifelhafter
') Üb e r tliesen Name n vgl. imten S. '212.
. \ u s de r Zeit des Pr inz en He inr i ch s t ammt die Schr i f t von A l c a f o r a d o , do
descobrimeulo da ü h a da I\I:ideira anno 142Ü (in den e p a u a p h o r a s de varia hi s tor i a p o r t u -
gueza p o r Dom Fr auc i s co Ma n u e l , Li sboa 1 6 6 0 , S. 273). — F e r n e r in d e r Ge o g r a p h i e dca
\ ' a l e n t in F e r d i n a n d ; vgl. ü b e r diesen besondei-s Ku n s tma n n , A'alcntin F e r d i n a n d ' s Be s chr e i -
bung d e r We s t k ü s t e Af r ika ' s bis zum Se n e g a l , Mü n c h e n 1 8 5 6 , S. 16. Bei ihm hei s st es
von j e n em Ha f e n : e pos nome ao dito porto mactiyn. Dieser Name wtn'de d a n n von den
Spaniern in malchico umg e ä n d e r t . E despois os caste/lanos corrompcrom lio vocahlo e cliamarano
malchico. — Die Reise Malehim-s wi r d in die Regi e rungs z e i t Edua rd- s 111. von En g l a n d v e r -
legt (1327 bis 1377) ; An d e r e n e hme n genaue r die Zeit d e r Be l e h n u n g La Ce rda ' s mi t den
Kanarien (1344) an.
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