
150 III. KAPITEL. DIE KENNTXI.S YO.II ATLANT. OCEAN A'OK COL lMBr S .
Wir köiuicii aiicli iiocli die Spuren zurückvcrlblgen, welclie zu
cLiier rbertiMguiig des Namens des Herakles auf jene^ Säulen gefülirt
hat. Strabo berichtet uns in umstämllicher AVe'ise die Gründungsgeschiclite
von Gades. In Folge ehies Orakels, heisst es. welches ch-n
Tyriern hetblden habe, nach den Säuleu des Herakles Kolonien zu
senden, sei ehie Expedition an.sgesendet worden, die bis zur Meerenge
gehingte, deren Land.spitzen man für die Säulen und für das Ende
der bewohnten Erde hielt. Da aber das Opfer, welches sie an einem
Ort noch imierhall) der ^leerenge verrichteten, ungimstig ausfiel, so
nahmen sie von einer Gründung Abstand und kehrten nach Hause
zurück. Auch eine zweite Expedition, welche jenseits der Meerenge,
Onoba (Huelva) gegenüber, auf einer dem Herakles heiligen Insd'
die sie für die Säulen hiehen. landete, bheb ohne Erfolg. Erst bei
einem dritten rnternehmen soll Gades gegründet worden sein, wo
man dem Herakles einen Tempel errichtete.') — Der Gott, welchen
Strabo als He r a k l e s bezeichnet, ist aber kein anderer als der Ba a l -
Melkart des pliönikischen Sagenkreises, welcher die verderblichen
Zeichen des Tierkreises überwüidet und die Sonne aus der Erdnähe
und Erdferne, den Extremen der sommerlichen Glut und der winterlichen
Kälte, zur wohhhuenden Wirkung zurückführt. des.seu Leben im
Soimenlaufe selbst zum Ausdruck kommt. Von diesen Anschauungen
des Kampfes und der Überwindung aus erschien Melkart als \'in
streitbarer Held, welcher, ähnlich wie die Sonne die Erde umkreist,
die Erde umwandert haben sollte, um sie A-on rngeheuern und feindseligen
Gewalten zu befreien. Er glich dem griediischen Herakles in
so auflallender Weise, dass die Griechen, welche stets die Gottheiten
fremder Völker in den ihrigen wiedererkennen wollten und auch mit
denselben Namen belegten, ihn ohne Weiteres mit Herakles identitizirten.)
Durch die Ausbreitung des Alelkart-Kultes bis nach dem
äussersten Westen der Erde gewann auch die Herakles-Sage eine
grös.sere Ansdelinung. und alle Örtlichkeiten an der Gaditanischen
Meerenge, welche sich an den Namen des 31elkart knüpften, wurden
auf Herakles übertragen.') Stesichoru^, welcher den grö.s.sten Teil
') Stral)t) I I I . 170.
=) I)in-cl, Icicl.tsinnige „ n d „-cnig / . „ t r e f f ende I J e n t i lmr u n g e n wu r d e viel Ve rwi r r u n g
angericlitet. .So wiu-de nelien einem ägypt i s c l i en. einem indischen u n d einem thebani s che n
l l e r a i d e s aucii ein tyrisclier . ingenouunen. Di e sechs ve r s chi edenen He r a k l e s zählt Cicero
auf: de na tur a d e o r . 1. I I I . e ap. 16.
n " " « s p e z i e l l d e r T emp e l d e s .Me l k a r t a u fGa d e s z u c i n emT emp e l d e s He r a k l e swu r d e , b e -
zeugt Apptanu.s. de beliis Ilisiian. (iuitio): r=7s rcC 'Hj«^/.;.-..- rj r r r}. , , , , .pu.-ry.K
'.hvTf.y-,,, ,.•;,. i'r, cfiouiyS,,, iVs c-sic «Or r f / c C ^ » 1-7,r, ,',}.?: i Tvomv.
BEDEUTUNG DEK SÄULEN DES IIEUAKLES. 151
seines Lebens iu Ilimera zidn-achte (um liOO), riickte nachweisbar zuerst
den (iervones-Zug des Herakles bis nach Iberien, welclies man
damals nälier kennen zu lernen anfing.')
Erörtern wir ferner die Frage, was man unter jenen »Säulen«
verstanden habe, so machen wir die Beobachtung, dass bereits die
Alten hl ihren Ansichten hierüber weit auseuiander guigen. Nach
Hesych liielten sie Einige für IiisehL ^Vndere für Dämme, oder für die
Spitzen von Fe.stländern, ja auch für Städte; Andere hinwiederum thatsächlich
für Säulen, über deren Anzahl man schwankte; bald sollen
es zwei, bald drei, bald nur eine oder sogar vier sein.") Aui meisten
hatte sich natürlich die Meinung Geltung verschaft't, dass mit jenen
Säulen nur die beiden die Sleerenge einschliessendeii Berge gemeint
sein könnten, von denen der eine, auf europäischer Seite befindliche,
Calpe, der andere, auf der gegenüber liegenden libyschen Küste, Ab y l a
oder Ab i l y x hiess.') Der letztere, der nach Eratosthenes im Lande
der numidischen Metagonier hegt (in der Nähe des heutigen Genta),
wird uns als eni hoher, bis in die Wolken reichender Berg bezeichnet,
reich an Bäumen und Tieren.') Ihm gegenüber liegt der Kalkfelsen
von Gibrtiltar, Calpe, welcher in seiner isolirteii Lage mid wegen seiner
imponirenden Grösse, naeh Strabo, ganz besonders den Eindruck einer
Säule machte.') — Andere hingegen gaben die in der Nähe der
beiden Berge liegenden Inselchen dafür aus, wovon ehie die Insel
der Juno heisst, eine Annahme, welche Strabo durch ehie Notiz aus
') U. V. W i l a m o w i t z . Eu r i p i d e s He r a k l e s , zu Ve r s 3 9 4 . S. 131. — Stesiclioros
schrieb bekannt l i ch ein Me l o s : I'io.-joi'^/c.
Lexic. He sychi i s. v. biTvóuov^- 7ii'Èc 7«c 'I-Ij«>;>.ï/ct^c si-ioi
ipctrii', cl èe -^017yjj:<Miru, ai hi Txv ««J«?, ot èê -c/.sic. ycc\ oi lAr bvo,
Ci bs 7jsTs-, oi Ss ulia', Ol Ss
=) S t r a b o 111, 1 7 0 : sno, Si J-rihctH- i-b.aßo -m y.a\ rn' 'Aßv/'jy.a ri
óooc 7^^ Atßvy^^i P o m p o n . ^Mela 1. .5: Dcimk est itioits praeahiis, ei, quem ex
adi-erso Hlspania atlnUit ohiectus; hum Atnßaui, illuui Calpen vocant. Cnlnmuas Ilercu/is utnimque;
H . 6: Aperit deinde amjustissimum pelagus, et proxima inter se Enropae atque Afrieae litora
montes efficiunt. Coinmnae Ifereulis Ahjla et Calpe: uterque ([uidem, sed Calpe magis et paene totns
in mare prominens; P l i n . h. nat . I. III init.: Proxima autem faueihus utrimque impositi montes
eoereent claustra, Ahjla Africae, Europae Calpe, labarum Herculis metae. —A' g l . He r o d o t IV, ö;
Dion. P e r . v. 7 2 ; P l a t o . Tima e u s 2 4 : Po l y b . 11. 1.
') De r Name wi r d ve r s chi ede n a n g e g e b e n : Abi l a . Abi l e, Ab y l e . na ch P h d o s t r a t , vita
Apoll. 1, 188: 'Aßln-a-, n a c h Schol. Dion. Pe r . 6 4 : 'Aßinri; nach s 'uida s : 'Aßil.u^, ctSi/.vyci.
Ebenso S t r a b o I I I , 170, wä h r e n d d e r s e l b e X V l l , 827: 70 O-oaEiusi-or Jooc, Jrou« 'Aßv}.r,
770?.-J^VJOI' y.ccl uiya'f.ohivb^ov.
S t r a b o I I I , 139: öooc 7^ Trsoicyr, oi aiycc, ri^ è' wc'7« ym oo-rior, ö'7-s