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r.Ji
314 V. KAPITEL. DER MUNDUS NOVUS.
und Toicldieli mit Proviant versehen. Währ end ieh den Osten auf
dem südliehen Reisewege aufsuehen werde, will ieh mein Seliilf nach
Süd(m zu richten; und wenn ich dort angelangt sein werde, will ich
grosse Dinge zu Pahren Gottes, zum Xutzen des Vaterlandes und zum
ewigen Gedächtnis meines Namens verrichten.«') Dass er auf seinen
früheren Reisen die Ostküste des Asiatischen Kontinentes erforscht
habe, kann er nicht oft genug bestätigen. »Meine Absicht wa r es,
zuzusehen, 0I3 ich nicht um ein Vorgebirge herumfahren könnte,
welches Ptolemaeus das Kap von Gattegara nemit, und welches
unmittelbar dem Sim/s magmis anliegt.« »Nachdem wir 400 Léguas
unausgesetzt am Lande entlang gesegelt waren, entnahmen wir hieraus,
dass dieses das I'estland ist und an Asien im Osten grenzt, beziehungsweise
der Antang des Westens ist.« So glaubte er, sich also rühmen
zu können, das endlos weit ausgedehnte Küstenland xVsiens (inßniüssima
terra deW Asia) und eine grosse Menge von Liseln entdeckt zn haben.')
In seiner Stellung als Piloto-maj-or des Indieii-Aintes zu Sevilla
war er verhindert, den auf seiner vierten Reise missglückten Versuch
einer südhchen Umsegelung wiederaufzunehmen; aber er rüstete zur
Ausführung dieses Planes im Auftrag der Spanischen Krone eine neue
Expedition aus, welche, wie oben erwähnt, unter Leitmig Pinzon's
und de Solls' im J ahr 1508 auslief, jedoch ebenso ergebnislos heimkehrte.
Dass ausser den mehr oder weniger offiziellen Reisen, welche
auf Anordnung der spanischen mid portugiesischen Regienmgen zur
Aufsuchung der Strasse miternoinmen wurden, auch mehrfiich Fahrten
portugiesischer Privatleute und Abentein-er ins Werk gesetzt worden sein
müssen, zeigt ehi interessanter Reisebericht aus dem ersten Jahrzehnt
des XVI. Jahrhunderts, welcher uns hi ehiem alten Druck erhalten
geblieben ist, ehie Flugschrift, betitelt: Copia der Newen Zeytung
auss Presillg Landt.^ Dieselbe verdient hier um so mehr misere
Aufmerksamkeit, als sie auch bemerkenswerte Andeutmigen über die
Küstengestaltung der Neuen Welt und ihre Beziehmigen zu den
ostasiatischen Ländergebieten enthält, welche sieh mit den Anschauungen
Vespucci's und seiner Zeit vollkommen decken.")
') B ü i u l i n i , Vita e lettere di Ainerigo A'espueei, gentiliiorno fiorentino, Firenze 1745,
S. 121.
Bandini, S. 66, 76, 83. — Varnliagen (Nouvelles Reeiierelies sur les derniers
voyages du navigateur t lor ent in, et le reste des doeinuents et éclaircissements sur lui,
Wien 1869) nimmt im Gegenteil a n , dass Vespucci die Übe r z eugung gehabt habe , einen
neuen We l t t e i l gefimden zu haben, und hält deshalb jenen Brief für fingirt.
Die Expedition wa r vorzüglich durch die Beihülfe eines reichen Kaufmanns und
Schiffsrheders, Christoph de Ha r o , ausgerüs tet worden. Das Un t e r n e hme n , welches - d u r c h
DIE »ZEYTUNO AUSS PRESILLG-LANDT « 315
Es heisst dort, dass eine kleine portugiesische, von Kaufleuten
ausgerüstete Expedition von zwei Schilfen ausgeftihreii sei, mmli das
Presilglandt zu beschreiben oder zu erfai-en.'^ In 40° der Breite fanden
sie, dass dieses Land ui ein Kap ausläuft; sie umfuhren dieses und
bemerkten, dass die Situation dieselbe sei wie im südlichen Europa
bei iler Strtisse von Gibraltar, da.ss man ebenso wie dort beim
Passiren einen ost-westhchen Kurs innehalten müsste. Als sie dann
nach Ihnsegelung des Kaps nordwestwärts fuhren, wurden sie durch
ein Unwetter an der Fortsetzmig der Fahrt gehindert, und sie fuhren
»lOif/er henanb auff die annder Seyten" von Presill. Der Pilot des
Schiifes versicherte, — und dies ist für uns besonders beachtenswert
—, d a s s v o n j e n em »Cnio dye Presill^, we l c h e s d e r An f a n g
v om P r e s i l l l a n d t ist, »Ma l a q u a « h ö c h s t e n s (iOO Me i l e n
e n t f e r n t sei, und dass er auf d i e s em We g e in k u r z e r Ze i t
» v o i i L i s i b o n a g e n Ma l a c jua z u f a r e n u n d w i d e r umb k umme n « ,
d. h. die E r d k u g e l v o l l s t ä n d i g ums e g e l n könnte. Er fand auch,
dass »das P r e s i l g l a n d t s i c h bi s n a c h Ma l a k k a hinzöge .«' )
Es ist augenscheinhch, dass der Pilot des Schilfes Das geleistet
zu haben vorgab, was frühere Expeditionen stets vergeblich angestrebt
haben.-) Thatsächlich scheint er aber nur bis zur Ba i v o n
des Königs von Por tuga l erlaubnuss« stattfand, trägt einen dur chaus privaten Cha r akt e r,
weshalb es auch von den Ilistoriographen niemals e rwähn t wi rd. II u m b o l d t (Krit. Unters. III,
177 ff.) lässt die Fa h r t n a c h i\lagalh;ies, zwischen 1525 bis 1540, stattfinden; V a r n l i a g e n
(Noiiv. Re che r che s , S. 10) stellt sie mit der vierten Reise A'espiicci's von 1503 ziisamnien.
Neuerdings aber hat W i e s e r (a. a. ü . , S. 28fl'., 4111'., 85 fr.) überzeugend nachgewiesen,
dass die Fa h r t vor 1508 stattgefunden haben müs s e ; unter anderen Gründen schon deshalb,
weil in dem Dresdener Exempl a r eine ande r e Flugschrift desselben J a h r e s beigebunden ist,
die in Fo rma t und typogr aphi sche r .Ausstattung mit j e n e r übereinstimmt. Dass die "Zeytung"
jedenfalls in die Zeit vor IMagalhäes zu datiren ist, ergiebt sich f e rne r d a r a u s , dass J o b .
Schöner iu seiner 1515 erschienenen Luculentissima quaedam terrae toäus descriptio ganze
Sätze aus ihr entlehnt hat. Sie ist nur eine Übe r s e t zung des ur sprüngl ich italienisch abgefassten
und in Lissabon verfertigten Originalbcrichtes. Der Te x t ist mehrmal s veröffentlicht
worden, von S. R ü g e im 4. und 5. J ahr e sbe r . d. Ver. f. Erdkde . , Dresden 1868, S. 1611'.,
von W e l l e r , in Bibl. des Lit. Ver. in Stut tga r t , III (1872), S. 5—8 und von W i e s e r
a. a. 0 . , S. 9 9—1 0 7 .
') Vgl. Humboldt I I I , 1781'. und Wi e s e r , S. 101.
Durch ein Alissverständnis hat man auch dem ]\Iartin Behaim die Entde ckung de r
südlichen Dur chf ahr t vor Alagalhäes zuschreiben wollen, und diese Ve rmu t u n g erschien um
so wahrscheinlicher, als Magalbäes vor Antritt seiner Reise sich selbst auf eine Ka r t e berief,
auf welcher Martin Behaim die gesuchte Strasse bereits eingetragen hatte. Vgl. He r r e r a II,
11, 201'.: pero yva muy cierto de hallar el estrecho, pt^qite ai-ia visto una carta de marear que
hizo Martin de Bohemia Portugues. Ähnlich heisst es in dem Bericht Pigafetta's, dass Magalhäes
hei Aufsuchung der Strasse sich auf diese Ka r t e gestützt hä t t e : 11 capitano generale,
che sapeca de dotier fare la sua nackjazione per uno streto molto ascoso, como vite ne la theso-
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