
122 II. K.\I'ITI;L. DAS WIXTBILD DES MITTELALTERS.
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bcinerkeiiswei'to siulö.stliohe Kielituiig: ihr .siidlich.ster Teil ist durch
eine kaualartige ^Meerenge iiisehirtig abgeseliuiirt und auf ihr belhiden
sich Soffala. Maahase und Xengibar (Zanziliar). welches übrigens
au,s.serdeni noch als gesonderte Insel Chancibar vertreten ist. Seine
l'nkenntnis über die südhchereu Teile des Koiitiiientes erklärt er
durch den Hinweis auf die dort herrschende Finsternis. Kelativ
besser, besonders gegen frühere Darstellungen, ist sein Wissen vom
Korden Europa's: Norwegen und Schweden sind zu einer Halbinsel
mit der im Süden charakteristischen Teihings-Scharte vereinigt, und
auch die Richtiuigs-Axe derselben und ihr Grössenverhältiiis zum
übrigen Europa sind aimähernd getroll'en. Islant (!) ist freilich zu einer
Halbinsel Norwegens geworden, mid seine Besorgnis, immer noch
etwas vergessen zu haben, fiihrte ihn dazu, auch noch Skandiiiabia (!)
als eine kleinere, gesonderte Halbinsel im Norden einzutragen.
Uberblicken wir zum Schluss den Entwickelungsgang, welchen
die mittelalterliche Weltkarte seit dem Anfang des XIA". Jahrhunderts
eingeschlagen hat. — Die zunehincnde Erweiterung des Gesichtsfeldes,
besonders gegen Osten, kam auch in den Weltkarten zum Ausdruck,
wemigleich diese stets sehr beträchtlich nachzuhuiken jillegten,
einige sogar die neugewomienen Ergebnisse gar nicht berücksichtigten.
Die Karte des Ranulfns, jene der Chronik von St. Denis
und die Karte Borgia lassen in dieser Beziehung einen Fortschritt
n i c h t erkennen. Auf anderen hinwiederum Huden wir wohl Cathay,
Quinsai, den Magnus Khan u. a. m. aus Alareo Polo vertreten, auf
eine richtige Lokalisirung aber ist wenig oder gar nicht Bedacht genommen
; besonders lässt Walsperger Alles zu wünschen ülirig. — Der
Nordrand der Erdinsel, über welchen jede Nachricht fehlte, komite
stets nur hv-pothetisch angedeutet werden, und wegen der Unbekanntschaft
mit diesen Gegenden konnte man dorthin auch den Wohnort
labelhafter A^ölker und menschlicher Ungeheuer noch verlegen. —
Aimäliernde Kenntnisse hatte man vom hohen Norden Europa's, wemigleich
sie noch recht verschiedenartig wiedergegeben A\uirden. Aber
doch findet sich auf den meisten schon die Ostsee als Busen eingezeichnet.
über deren Richtung imd Grösse allerdings die Meinungen
auseinander gingen; der Genuesische Kartograph von 1447 hat sogar
zwei Meerbusen dieser Art eingetragen. Auch die die (3stsee nach
Norden hin abschlie.ssende Skandinavische Halbinsel unterliegt noch
mainiigfachen Variationen; abgesehen davon, dass einzelne Karten,
wie die des Ranulfns. des Ri(diard von Haldingham und der Chronik
A-ou St. Denis, dem älteren Typus folgend, auf eine Darstellung der
RÜCKBLICK ALT Dm KARTOGRAPIUE DES XIV. UND XV. . lAl I imrNDERTS . 1 2 3
oceanischen Teile der Erde ganz Aberzieht leisteten und vorwiegend
die Kreisrundung hervortreten liessen. haben Andere sie als eine
plumpe, wenig gegliederte Landmasse wiedergegeben, oder auch zu
schuialcn Landzungen verkiimmert, teilweise auch als Lisel dargestellt,
wie ehi vergleichender Überblick der Karten lehrt.') — Erst von
der Scheldemündung an, die atlantische Küste Europa's entlang, ehischliesslich
der Britischen Lischi, bis zur jMeerenge von Gibraltar,
sodann das ganze Alittelmeer. und die afrikanische Küste ausserhalb
der Meerenge bis Kap A'erde, hatte man durch die Kompass-Aufnahnien
ehie den wahren A'erhältnisseii entsprechende Darstellung
gewonnen.-) Darüber hinaus begaini wieder die hypothetische Zeichnung.
Besonders Afrika hatte hierunter zu leiden, da der südliche
oceaiiische Absclduss dieses Erdteils noch nicht bekannt geworden
war und weim wir von dem verehizelten Fall im Mediceischen
See-Atlas absehen — daher .stets nach Süden hhi durch die Rundung
des Quadranten abgestutzt wurde. Koch ist aber eme Eigentümlichkeit
hervorzuheben. AVir bemerken auf vielen Karten, dass Atrika nach
0,sten eine bedeutende Erweiterung erfahren hat. Diese östliche Fortsetzung
gehört aber nach mittelalterlicher Auffassung bereits zu Asien,
trotzdem sie von der Hauptmasse dieses Erdteils durch das Lidische
Meer geschieden ist. Die nord-südliche, durch Tanais-Nil fixirte
Teilungslhiie bheb hierfür bcstiinmend, so dass die ganze östliche
Hälfte zu Asien gerechnet ^\-urde, unbekümmert um die Konfiguration
der Küstenverhältnisse. Recht deutlich kommt dies auf der AA^eltkarte
A'escoute's zum Ausdruck, wo die Namen »Europa« luid »Afrika«
ängstlich auf die ihnen zukommenden Quadranten beschränkt sind,
während das AA^ort: A- s - i - a weitläufig über die ganze Osthälfte der
Erde gesetzt ist, so dass das letzte »a« des Namens noch über jener
östhchen Fortsetzimg des mit Afrika zusammenhängenden Länderteiles
steht. Die Annahme dieser östUchen Erweiterung geht ohne Zweifel
auf das ptolemaeisch-arabische AA^eltbild zurück. Hatte Ptolemaeus
den Lidischen Oeean allseitig vom Festland eingeschlossen dargestellt
und zu einem Bmnenmeer gemacht, so dm-chbrachen die arabischen
Kartographen die Länderschranke im Osten, wodurch das Lidische Meer
zu ehiem dem Mittelmeer ähnlichen Busen des Oceans wurde. Als eine
Reminiscenz dieser arabischen Darstelhmgsweise müssen wir es ansehen,
1) ü b e r die Einzelheiten d e r Da r s t e l l un g vgl. Th . Fi s c h e r , S amml u n g , S. 40 ff.
So auf de r Ka r t e des we s t l i chen J l i t t e lme e r e s von An d r e a s Bianco von 1448 (auf
der Amb r o s i a n a in J l a i l a n d ) , vgl. Fi s che r a. a. O. '207 f. — Eb e n s owe i t auch bei F r a
Slauro schon.
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