
IV. KAPITEL. DAS AVELTBILD ZUK ZEIT DES COLIIMBVS.
Leider ist luis der Brief nii ColumLiis nielit mehr iu der autheuti
chen Fassimg erlialteii; in der itahenisehen Übersetzung der „Historie.
L her - t s t e l l t . Dagegen hat uns ein ghieki^
he Zutall den mittleren Ted jenes Sehreibens, nämlieh den Brief
. n Martinez ni der nrspriu.gliehen lateinisehen Fassung überhefertdeim
es ist Harrisse gelungen, in der Biblioteea Colombina zu Sevill!:
e i n e v o n Co l umb u s e i g e n e r H a n d g e s e h r i e b e n e Ko p i e d i e s e s
I b / ^ t d e e k e n , welehe sieh auf dem Sehutzblatt einer Ausgabe
der IJidona lienm uhique gedavum des Aeneas Silvius Pieeolomnu
(Papst Pius' E.) findet.") Dureh dieses Dokument sind wir in
den Stand versetzt, die so versehiedenartig ausgelegte Ansieht
roseanelhs_ über den westUehen Weg naeh Lidien mid die Entw
e n d u n g daselbst seldiessen, dass Toseanelli ihn nieht lur einen It.aliener, sondern für einen
Por ug.esen h.elt (Historie, S. 1 9 a : ^ äi gran cuore, e tuUa la naüone Z o l l 22
sen^rehnomim segnalaä in tnUe U imprese, sii col .-uor. aceeso. I nTse
Wtderspruehe geben u n s , tneines Er a eht ens , ndt aller Den.liehkeit zu erkenne,^ d . s r
A erlasser der H. s t o n e sich auf sehr unlautere Quelle s tüt z t , wenn er ni cht , wasTc^ te
das Aotnvort und Na c hwo r t zun, B,-lef an Martinez selbst verfasst hat. Wi e L h iJ
d e r X e r f a s s e r gearbe. te t h a t , zeigt sich in de.u Wide,.sp,.uch der beiden Zei, h e !
v i d f r ' • • " V ' " " - gewäh,-, hatte. Lassen wi r letzte,-e Zei,an..abe
™ den Cast,hschen Ivr.egen) be s t ehen , so kann de,- B.-iefweehsel zwischen 1 - 0 «
haben " haben A gl HHee"n".' y hH"^a r r". "s s e : Ch,-istophe Colo,nb, Pa,-is 188^4, I ,^ 328J. Uiz i e l l i -will
neue,.d,ngs d,e Angabe - v o r einigen Ta g e n , in . v o r einigen J a h r e n . ab.äntL;^ ^ D
Frage k o n n t e Inernut e,-ledigt sein, wenn nicht doch in„ner wi ede r der A-e.-such « c n . c ,t
wu,.de, ,., d,e thatsächlichen Wi d e r s p r ü c h e einen notdürftigen Sinn h i n e i n z „ C „ ° ^
- " - - N o t i z , weiche gleichfalls auf einen Br i e fwe chsd z w i s d n
Fo canelh u , d Cohunbus ansp.elt , auf welche Uzielli letzthin aufuterksau, ge,uach, hat
L ! t e • i r " ; r ' ' - S a c r o b o s c o , in de,-Ausgabe des Pie,-Vineenzo
Dante de K.nald,, welche Ignazio Dant e i,n J a h r 1671 d,-ueken liess, findet sieh eine Stelle
t^us der her,-o,.geht, ass Colon,bus k.u-z nach der Rü c k k e h r von seiner ersten Emd e if s-'
,e,»e (1493 von Sevilla aus e,nen B,.ief an Toscanelli übe r die c-zielten Resultate geschrieben
hatte. E^ l . e j t d o r t : came io particolarmente, ko .isto per una eappia di lettere I i deUo Co-
S,u,gl,a al molto äotto et perito JIaten,atico, Messer Paolo ToseanelH Fiorentll
bere,ts 1452 gestorben ,st, so liegt hier ofienbar eine Ve,-wechseh,ng vor ; denn es ist wen •
wahrsehe,nlich, dass Cohuubus in der Zwischenzeit von 1 4 8 2 - 1 4 9 2 nichls von, Tod i l
weltberühmten Manne s erfahren haben sollte. Uzielli will diese Möglichkeit dennoch n 1
aussehhessen und we,st (a. a. 0 . S. 862) auf einen Fall aus seinen, Privatleben hin. E
hegt h « r aber „,,r e,„ Irrt.un des Pi e r Vincenzo vor, der, wie dies schon Xinienes (Cnomone
fioren .,,o, S. X CMH ) richtig hc -vorhoh, <lie von Columbus unmittelbar nach der
Entdeckungsfahrt an ve,-schiedene andere Pe r sonen gerichteten Briefe mit j enen f rühe r e n
an Toscanelh verwechselt hat.
') Die Ausgabe ist da t i r t : Venettis, p e r J o h a n n e n de Colonia soei„n,<,ue eins J o h a n n e n
Mathen de Gc - r e t z em, anno 1474.
TOSCANELLl'S WELTANSCHAUUNG. 2 3 1
fernung der beiderseitigen Festlandsküsten zu ermitteln; die älteren,
meist scharfsinnigen Untersuchungen tlieser Frage von Gelehrten,
wie Humboldt, d'Avezac u. a., welche .sich mit den mangelhaften
italienischen und spanischen I'bersetziingen begnügen mussten, bctlürfen
jedoch iiiu' zum geringsten Teil noch einer Widerlegung.')
Schon in den ersten Zeilen dieses Briefes tritt uns Toscanelli als
der Kosmograph entgegen, welcher mit den veralteten Anschauungen
seines Jahrhunderts gebrochen hat luid auch die Leser seines Briefes,
die er als Laien (mediocrUer docti) noch iu alten Doktrinen befangen
wähnt, durch geeignete Ilüllsniittel zu einer richtigen Stellmignahme
zur genannten Frage von v ornherein tinleitet. Er hatte das Problem
einer Westfahrt nicht ausschliesslich auf der Karte, .sondern am
Globus studirt; denn erst auf einer Kugel v.-urilen die Verhältnisse
zwischen Land- und Wasser.erteiluug so recht augenfällig, und die
einseitige Darstelhingsweise auf der ülilichen schematischen Kreiskarte
der vergangenen Jahrhunderte, hatte den Betrachtern, die allerdings von
der Kugelgestalt der Erde durchaus überzeugt waren, gerade tliese
Frage, nach der Stellung und Ausdehnung der Festlandsmasse auf der
Erdkugel, memals nahe legen können. Er möchte daher seinen
fachmässig wenig geschulten Lesern (Martinez, beziehungsweise Kömg
Alfons), den Gegenstand an einem den Verhältnissen auf der Erde
durchaus richtig entsprechenden Weltbild, nämlich einem Globus
(forma sperica) erläutern; aber der leichteren Herstelhingsweise halber
(pro facUiori opera) greift er dennoch zur Schiller-Karte (carta navigacioiiis)
luid bringt auf ihr den fragwürdigsten Teil der Erdoberfläche, nämlich
jene zwischen der Ost- und Westküste der Festlands-Lisel seewärts
liegende Kluft: den At l a n t i s c h e n Oe e an, zur Darstellung. »Ich
sende Seiner Majestät eine eigenhändig gezeichnete Karte, auf welcher
Eure Kü s t e n uml I n s e l n verzeichnet sind, von denen aus der We g
umniterbrochen westwärts führt, soAvie anderseits darauf die Ge g e n d e n
Nach der genannten italienischen Übei'setz,mg von Ulloa (Historiae 1 6 a—1 8 a )
wurde eine spanische Ubersetzung atigefertigt von B a r c i a in den Historiadores P,-imitivos
de las Indias Occidentales, Mad,-id 1749, L 5; sie findet sich ebenso bei N a v a r r e t e
(Coleccion de los viages y descnbi'iinientos (pie hicieron por ,uar los Espanoles desde fines
del siglio X\ ' , Madr id 1825, H, 1 — 4). — Die lateinische Version wu r d e ,i,eh,-fach von
H a r r i s s e seihst veröffentlicht, und zwa r : im Fe rnando Colon, S. 70 — 72 (mit photographischem
Faesimile) „ n d in den .Additions zur Bibliotheca Americana vetustissima,
Paris 1872, Einleitung, S. XVI — XVI I I . — Eine deutsche Übei-setzung hiernach bei
S. R ü g e , Zeitalter der En t d c k g u . , S. 228 f. — Im Allge,neinen vgl. übe,- den Brief:
Humboldt (krit. LTnte,-s. I. 191); d'.\vezac (Les voyages d'.Amei-ic A'espuce au co,npte de
l'Espagne, Pa,-is 1868, S. 133); Peschel (Zeitalter der Entdckgu. , S. 110); Rnge a. a. O. ;
Winsor (History of Atnei-ica I, 51 f., I I . 31).