
234 IV. KAPITKL. DAS WELTIill.D ZUR ZEIT DES COLUMBUS.
liatte sie auf seiner Ent.leckniigsrahrt liei .siel, a,i Boni, sie schien
Ihm der sicherste Führer anf seiner Reise ins Ungewisse, nnd er hielt
mi gro,sser Sorgfalt nach allen Inseln nnd Rillen I mschan. welche
sich anl der Karte Toscancllis verzeichnet fanden. Als der Fntdecker
am 2o. September etwa die Hälfte des Wasserweges bereits durchmessen
hatte, he.si)rach er .sich mit Martin Alonso Pinzon. dem Kapitän
der anderen Cara^-ele Pinta, wegen einer Karte, ^reiche er A-or drei
lagen dim anf das Schilf geschickt, nnd anf der mehrere Insehi in
dieser Gegend des 3Ieeres zn finden waren.') Man hat nicht ohne
Grnnd vermutet, dass diese die Karte des Toscanelli gewesen ist =)
Sie Lst Ul i s leider verloren gegangen; doch wissen wir. dass
Las Gasas. 53 Jahre nach dem Tode des Cohinibus. sie bei Abfassui.oseines
M^erkes noel, in seiner Hand hatte. - Wir .sind somit lediglich
auf die Notizen angewiesen, welche Toscanelli selbst in jenem Briefe
gelegentlich über sie macht; überdies dürfen wir mit grosser Wahr -
schenihchkeit annehmen, dass Behaim beim E n t W «mies Globus
sich wesentlich auf Toscanelli gestützt hat (vgl. Atlas, Tafel VI)
Die Seekarte Toscanelli-s hat sich nicht unwesentlich von der
Gattimg der sonst idjlichen loxodromischen oder Kompass-Karten
imtersidiieden. Sie war nämlich, im Gegensatz zu diesen, mit einem
(,radnetz versehen, welches allerdings in ganz primitiver Weise
entworten gewissen zu sein scheint. Lineae rectae in longifudine cartae
signatae osiendmt distanHam ab oriente versus occidens; qnae autem transversae
snnf, ostendunt spatia a meridie versus septentrionem. Parallele
Linien, in gleichen Zwischenräninen von einander entfernt, waren
Uber die Länge der Karte, vom linken nach dem rechten Rand
gezogen, und sollten als die Brehcngrade gelten, während ein zweites
Limensystem von Transversalen, welche die Meridiane dar.steUen mit
jenen parallelen Lhiien trapezförmige Flaschen bildeten. Die rnt e r -
lage eines solchen Gradnetzes war für den Zweck, den Toscanelli
verfolgte, mientbehrlich. Er wollte nicht sowold die Richtun- des
AVeges, als vielmehr die Entfernung zum Ausdruck brnigen. Fivihch
brachte die laeinheit des Jlaassstabes, den er gewählt zu haben
scheint, auch manche rnziiträglichkeiten mit sich; denn die genaniiten
Meridian-Transversalen konnte er nicht von Grad zu Grad eintragen,
') N, y - . - . r r e f e , Toleccion I. 13; T.igebnch znm 25. .September; Iba haWando d Almirante.
con Ma,-Un Ahnm Pinzon, capitan de la otra carabela Pinta, sobre una Carla nae le habia
encadolres dias hacia à la carabela, donde segun parece tenia p.nladas el Aln,irante ciertas islas
por aquella mar.
') Vgl. R„ g e , Zeitalter, S. 230.
TOSCANELLl'S KARTE. 23.5
soiidei-n liess sie ui grösseren Zwi.schenräiimen folgen. Dieses Vei'fahren
machte aber für den Biamtzer der Karte eine entsprechende Erläuterung
notwendig, und eine solche hat Toscanelli auch am Schluss .seines
Briefes beigefügt. Diese überaus wichtige Stelle lautet in der lateilüschen
Origiiialfassung Iblgendermaassen:
A ciuitate vlixiponis per occidentem in directo sunt 26 spatia in carta
signata quorum quodlihet habet miliaria 250 usque ad nobilissimam et
maximam ciuikdem qubmiy. circuit enim centum miliaria et habet pjontes
decern et nomen eius sonat rcita del cielo'^ ciuitas cell et miilta miranda
de ea narrantur, de multitudine artificium el de reditibus. hoc spatium est
fere terlia pars totius spere; que ciuitas est in prouincia mangi, siue vidua
prouincie Kaiay in cpia residencia terre regia est. Sed ab insula antilia
vobis nota ad insulam nobilissimam cippangu sunt decern spatia. est enim
illa insula fertilissima auro margaritis et gemmis, et auro solido cooperiunt
tenpla et domos regias, itaque per ygnota itinera non magna maris spacia
transeundum. Et midta fortasse essenl apertius declaranda, sed diligens
considerator per hec poterit ex se ipso reliqua prospicere.
Toscanelli schätzte also die EiitfeiTiuiig von der Stadt Li.s.sabon
bis zur Stadt (5ui,isay in gerader Richtung auf 26 Spatia, von denen
ein jedes 250 Milhen enthält, so da.ss der Weg im Ganzen 26 X 250
= 6 500 3Iillien betragen sollte. Das Spatium war, wie gesagt, eine
von ihm willkürlich gewählte Raum-Ei,d,eit, die er zur Vereinfachiuig
der kartographischen Darstelhmg für zweckmässig hielt.
Leider sagt er aber nicht, wieviel Grade ein Spatium enthält, oder
A\deviel 3lillien auf einen Grad entfallen, und daher sind seine
Zahlenangaben illii.soriscli; es ist dies um ,so auffallender, als
doch auch To.scanelli wissen musste, dass die Maassverhältnisse sehr
schwankend waren, und eine nähere Bestimmung des von ihm
angewandten Alaasses um so nötiger war, als er sich als Italiener
an einen vermeintlichen Portugiesen, — für einen solchen hielt er
Columbus — wendete. Denn die weitert; Angabe, dass der We g
von Lissabon nach Quinsay ungefähr ein Di'ittel des ganzen Umfanges
betrage, ist ein nur sehr angenäherter We r t , mit welchem sich im
Einzelnen nicht rechnen lässt. Überdies i.st bekamit, wie verschiedenartig
die Grösse des Erd-Umfanges in jener Zeit veranschlagt -wurde.')
1) J l a n behielt zwar allgemein den We r t von 180000 Stadien des Ptolemaens bei,
reehnete ihn .aber ganz verschieden in Sl i l l i en- J l a a s s e um. H o n o r i u s von Augsburg erwähnt
einer Be r e chnung, n.ach der die 180000 Stadien = 2 0 0 5 2 Millien betragen sollten;
A l b e r t u s J l a g n u s ve rwi r f t eine idtere Be r e chnung von 2 1 0 0 0 Millien und zieht vielmehr
eine andere von 2 0 0 4 0 Millien v o r ; R o g e r B a c o berechnete den Umf a n g zu 2 0 4 2 8 ^ , ^lil-
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