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322 V. KAl'ITKL. DER MUNDUS SOVIJS.
eilifulir, dessen breites Aestuarium die Spanier nach (hnn nahehegenden
Vürgel)irge ancli die »Bai von Sta. Maria« nannten. Er liess sich
dnrcli die Süsswasser-Ehiten des Stromes nicht irre führen, da diese
sein- wolil aucli von seitlich einmiüidcnden Flüssen herrühren konnten,
sondern nntersnchte das Mümhmgsgehiet bis in die hinerste A'creiigiing
hinein, wo der Charakter des Fe.stlandstromes sich immer deutlicher
ofteubarte. Mit ähnlicher Sorgfalt wurde die ganze Reihe der zahlreichen
Buchten, wclche hier die Flachkirstc Batagoulens bildet, auf
das Vor!landensein eüier Meerenge hin untersucht: so die Bai von
St. Mathias, Bahia de los Batos (Bai der Gänse), Bahia de los Traliajos
(Bai der Mühseligkeiten), Bai von St. Julian, und der Puerto de Santa
Cruz. Unter vielen Scliwierigkeiten nüt seiner widerspenstigen Mannschaft
erreichte er am 18. Oktober endhch den Eingang der Strasse,
und drei Wochen später begrüsste die bereits auf drei Schilfe
zusammengesehmolzene Flotte das Kap Veseaclo. das Vorgebirge des
»sehnlichsten Wunsches«, den Ausgang der Strasse; und unter Kanonendonner
segelte Blagalhäes hi die Süd-See hiiieui.')
Hiermit wa r eines der denkwürdigsten Unternelimen zu einem
endgültigen Abschluss gekommen. Die für die Geschichte des Weltbildes
hochbedeutsame Entdeckung war nicht ein Spiel des blossen
Zufalls; man hatte das Vorliandensein einer ileerenge vielmehr aus
den Entdeckungs-Ergebnissen der letzten Jahre und aus weitgehenden,
zum Teil noch irrigen ko.smographischen Spekulationen richtig
vorausgeahnt. Als Magalhäes nach Durclisegelung der Enge die Patagonische
Küste bis zum 4'). Grad weiter verfolgte und ihre ausgesprochen
nördliche Richtmig erkannte, da war über die wahrschemliche Küsten-
Gestaltung des Landes kein Zweifel mehr; denn die nach Magalhäes
nordwärts streichende Küste fand üi der vou Baiboa entdeckten
südlich verlaufeiulen Lüne ihren natürhcheii Aiischhiss. Ein n e u e r
K o n t i n e i i t w a r in s e i n e n Gr u n d r i s s e n e r k a n n t wo r d e n .
') leinen N.anien scheint M.igalhües tler Strasse nicht beigelegt zn haben; sie wu r de
von ihm und seiner J lannschat t einfach E.strecho, die IMeerenge, genannt. Nu r bei Pigafetta
heisst sie einmal Estrecho Pataymico, und späte r nannte man sie wohl auch nach dem
einzigen von der We l tuins egehmg zurückkehr enden Schiffe Estrecho de Ja Victoria. Vnn
Francisco .-Vlbo, einem Ge f ähr t en Magalhäes', wird die Strasse Estrecho de todos Santos
genannt, und so heisst sie später einige Zeit in den amtlichen Er l a s s en; doch sollte nach
Barros nur ein Teil der Strasse diesen N<amen führen. »Da man aber.., sagt Gomara.
»diese St r as se nie gefunden hä t t e , wenn nicht der grosse K<ipitän I l e rnando Magalhäes gewesen
wä r e , so wtu'de sie bald auch Estrecho de 3Iayathaes genannt.« \'gl. im We i t e r e n
hierüber Ko h l , Mage l l ans ' -St r a s s e , S. 33; des.selben Gene r a lka r l en, S. 158.
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II. Erkenntnis der nördlichen Koiitinental-
Grenze.
'eit den Entdeckungen des Colnmbus, welche ans,schhess-
Uich die Inselwelt des Antillen-Meeres und anliegende Teile
,der westlichen und südhchen Fe.stlandsküste betrafen, hatte
v.VSiSrtf'^' ^ieli hei Spaniern luid Portugiesen das Hauptinteresse den
südlicheren Ländern zugewendet. In ra.scher Aufeüianderfolge rückten
die F.ntdeckungen an der südamerikanischen Küste vor, und da jede
neue Forschungsreise an einem schon bekannten Teil der Küste
ansetzte und zu unbekaimten vorschritt, so hatte man ohne sonderliehe
Mühe die Konthiuität der Küsteiilniie zu erkennen vermocht
Andei'S stand es mit den Forschuiigs-Ergeluiissen längs der nordaiiierikani.
schen Küste. Seefahrer der verschiedensten Nationalität,
Engländer. Portugiesen und Bretonen, haben dort am Entdeckungswerk
Teil genommen; es konnte nicht ausbleiben, dass das End-
Ergebnis an ehier gewissen Zerrissenheit tmd Zerfahrenheit litt. Die
einzelnen Untcrnelimmigen wurden unvermittelt ausgeführt; jeder neue
Entdecker gelangte zu hoch bedeutsamen Resultaten, ohne aber mit
seinem Vorgänger Fühlung zu behalten. Auch auf den Karten der
Zeit macht sich dieser Zustand recht empfindlich bemerkbar: da sehen
wir einzelne Küstenstücke un Ocean herumschwimmen, welche der
vorsichtige Kartogrtiph noch nicht zu einer fortlaufenden Küste
zusammenzuziehen wagte und daher vorläufig als vereinzelte Inseln
aufführte.
Der Erste, der von den nördlichen Gegenden Amerika's Ktuide
heimbrachte, und zugleich der Erste, der nachwei.sbar noch vor
Cohimbus des amerikanischen Festlandes ansichtig -wurde,') war
J o h a n n Cabot . Nach den grossen Erfolgen des ni spanischen
Diensten stehenden Genuesen hatte sich auch in England die Entdeckerhist
geregt, und als Johann Cabot, ebenfalls ein Genuese von Gehurt,
dem König Heinrich VIL seinen Plan unterbreitete, fand er das lebhafteste
Interesse; ihm '\\airde sogar eüi Patent ausgestellt, auf Grund
') Cohunbus sah das Festland au der Küste von Paria erst auf ; dritten Keise
im .labr I t i lS; Cabot hingegen landete an der nordamerikanisehen Küste am 24. Juni 1497.
In der Legende der Cabot'schen We l t k a r t e von 1Ô44 steht ii'rtümlich 1494. \"gl. hierüber
Ilarrisse. .lean et Sébastien Cabot, Paris 1.882, S. 52 il'.
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