
318 V. KAPITEL. DER MENDUS NOTES.
gescliallene Benennung fand damals allgemeinen Anklang: j a , sie
hatte aucli noch im Weiteren zur Folge, dass nunmehr der nördlich
vom Isthmus gelegene Meeresteil und mit diesem der ganze Atlantische
Ocean in seinem weitesten ITmlang als »No r d -Se e « (Mar del Kor/J
bezeichnet wurde.') Es klingt wie Ironie, wenn wir bei Ilerrera
lesen: „Mar del Nort ist das IHeer, welches im Osten von Amerika
liegt, sowie Mar del Sur dasjenige ist, welches sieh im Westen von
Amerika befindet.« Ijiet/s a non hicendo!
Unterdessen hatte de So l l s von Neuem den Plan einer südliehen
Dnrchtahrt erwogen; nur die Proteste von Seiten Portugals, welches
jedes Unternehmen der Spanier mit argwöhnischen Blicken verfolgte,
zog die Ausrüstung der Expedition in die Länge. Das Eintreffen der
Nachrichten Balboa's aber regte die Entdeckerlust in Spanien noch
mehr an; und die Regiervmg hatte, schon aus politischem Interesse,
nichts Eiligeres zu thun, als das längst geplante Unternehmen thatkräftig
zu unterstützen imd sich die gesuchte Durchfahrt nach den
Molukken für alle Zeiten zu siehern. Denn was bisher nur als eine
Spekulation der Kosmographen erschien, das hatte nunmehr durch
Balboa's Entdeckung eine sichere Grundlage gewonnen. Es hatte
Dieser weiter zu berichten gewusst. dass die Küste der Süd-
See nach Aussage der Eingeborenen sich weit nach Süden hin
erstrecken sollte. Diese Thatsache, den bisherigen Ertahruiigen
gegenübergehalten, liess die Frage nach dem Yorhandensein einer
südliehen Durchfahrtsstrasse naturgemäss in enieni um so günstigeren
Licht erscheüien; denn was lag wohl näher, als die An n a hme ,
dass die s i c h d i r e k t s ü d l i c h h i n z i e h e n d e Kü s t e n l i n i e
der S ü d - S e e mi t j e n e r de s At l a n t i s c h e n Me e r e s , d e r e n a u f -
f a l l e n d n a e h S ü dwe s t e n h i n z u r ü c kwe i c h e n d e R i c h t u n g
b e r e i t s me h r f a c h f e s t g e s t e l l t w o r d e n wa r , an i r g e n d e i n e r
') In dem Schreiben des Königs an Pedr a r i a s d'.Avila (Navarrete I I I , 356) heisst es:
. . . (lespues que vinierm Unas leteras que Vasco Nunez de Balboa ...nos escribe, en quae nos
hace saber lo que ha descuhierto en tierra nueva à la parte de la mar del Sur. So nennt
auch Pe t rus J l a r t y r die beiden Oceane im Jalir 1514; Dec. I I , cap. 9, S. 167: montes, quos
dixirnus a septentrionali Oceano non magno discrimine mare aliud australe dirimere.
S. 168; Terrae Ulius (Dariene) latitudinem a septentrionali Oceano ad australe pelagus
sex tantum dienim esse dlrimus, incolarum testimonio. Mit grosser Lebhaftigkeit weiss Ma r ty r
auch den .Augenblick zu schi ldern, wo Baiboa in ge spannt e r Erwa r t u n g die letzte Bergkette
überschreitet und eifersüchtig, der Er s t e zu sein, der den Meeresspiegel erblickt, seiner
Begleitung ein Stück We g e s zurückzubleiben gebietet. Septimo tandem calend. Octobris mon.ilrata
per Qimrequanos celsa culmina, e quibus optatum mare aliud despici poterat, protentis oculis
intuetur. Sistere agmen iubet; praeit ipse solus et verticem primus occupât. In terram prmolulus
et genihus flexis, manibusque in caelum erectis, austrum salutat.
SICHERE ANZEICHEN EINER SUDLICHEN MEERENGE. 319
noch n i c h t a u f g e f u n d e n e n St e l l e k o n v e r g i r e n d z u s amme n -
t r e f f e n mü s s t e n , u n d s omi t e ine wi l l k omme n e Wa s s e r s t r a s s e
f ü r den S c h i f f s v e r k e h r f r e i liessen.
Dass man aus den IMitteilungen Balboa's diese Folgerungen für
die vermutliche Kontinentalgestaltung gezogen ha t , das zeigt sich
auch in dem Instruktionsschreiben, mit welchem man de Solls auf die
Suche schickte. Von enter vorherigen Entdeckung der südlichen
Strasse ist üi dem Schreiben schon gar nicht mehr die Rede; demi
deren Existenz wurde als selbstverständlich vorausgesetzt. In erster
Reihe sollte er vielmehr darnach zu trachten suchen, »die Rü c k s e i t e
der Ca s t i l l a del Oro« zu gewinnen, d. h. jener südlich des Panaina-
Isthnuis gelegenen, nordwestlichen Ecke der Tierra firme, wo Pedro
Arias de Avila als Statthalter eingesetzt war.') Er sollte die Küste
1700 Léguas weit über die Demarkationslinie hinaus verfolgen, jedoch
Aclit geben, dass er nicht Länder berührte, die tier Krone Portugals
augehörten. Hiernach zu urteilen, hielt man es doch immerhin noch
für möglich, dass die Kïistenlinie in einem Zickzackverlauf grössere,
östlich gerichtete Ausbuchtungen aufweisen dürfte, die sogar noch in
das dem Portugiesischen Reich zuständige Gebiet, also ostwärts über
die Demarkationslinie zurückreichen köimteii. Dass man auf die Gestaltung
der dortigen Küsten besonders gespannt war, ersieht man
aus der weitereu Bemerkung, dass de Solls sogleich nach der Landung
bei Pedro Arlas einen Kurier nach Spanien zurück zu senden beauftragt
wurde, der das Ergebnis der Entdeekiuig zugleich mit einem
Abriss der dortigen Küste übermitteln sollte.") _
Das ganze Gebiet östlich von Da r i en, vom Ka p de la Vela (Gnajira) bis zum Golt
von Uraba, wu r de seit dem J a h r 1508 unte r dem Namen N e n - . A n d a l n s i e n znsammengefasst,
tmd Ilojeda als Gouve rneur desselben e r n a n n t , währentl der Panama - I s thmus bis ztim Ka p
Gracias h Dios als Go I d - C a s t i l i e n (Castilla del Oro) bezeichnet wu r d e . Vgl. besonders
das Do k ume n t bei Nava r r e t e I I I , 170. Dur ch ein königliches Sendschreiben "wurde dann
aber der letztere Name auch aui" das nördliche Sü d -Ame r i k a -übertragen. die Urki inde
vom '27. Juli 1513, Navari-cte I I I , 337 (ii/ia may grande parte de tierra que fasta aqui se
ha llauiada Tierra Jirme, é agora mandamos que se llama Castilla del Oro), sowie vom
2. August 1513, Nava r r e t e I I I , 343 (é agora la [Tierra-firme] mandamos llamar Castilla
Aurifia).
Die bemerkenswertesten Stellen in den beiden Instruktionssclu-eiben vom 24. November
1514 (Navarrete No. X X X V und X X X \ ' I , HI . 134 — 137) s ind: Que vos el dicho
Juan de Sol is seats ohligado de ir à las espaldas de la tierra, donde agora estd Pedro
Arias y de alii adelante ir descubriendo por las dichas espaldas de Castilla del Oro mil é
setecientas léguas é mas si piidierdes, contando desde la raya é demarcacio7i que vd por la punta
do la dicha Castilla del oro adela)ite, de lo que no se ha descuhierto hasta agora, con tanto que
no toqueis en costa alguna de las tierras que pertenescen d la corona lipal de Portugal. Fe r n e r
I I I . 136: Luego como llegdredes d las espaldas de donde estuciere Pedrarias, enviarleeis un men