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dessen allein er und seine Söhne zur Ausführung des rnternelunens
befugt sehi sollten.
Die Expedition war vom gimstigsten Erfolg begleitet: t'abot erreichte
die Eestlandsküste, und zwar, so weit sich noch feststellen lässt,
die Küsten von Labrador, die er ein Stück nordwestlich verfolgte, bis
ihn scliliesslich Treiijeismasscn in seiner Fahrt hemmten und zur
Rückkehr zwangen.') Es ist für die kosmographischen Vorstelhnigeu
Cabot's charakteristisch, dass auch er kein anderes Ziel im Auge
gehabt zu halien scheint, als fünf Jahre vorher Columbus. In dem
Brief, welchen Lo r e n z o P a s c j u a l i g o an seine Brüder schrieb, heisst
es wenigstens, dass Cabot 700 leghe von London entfernt das Festland
gefunden habe, und zwar das Land des Gross-Khans.'') Ebenso
lesen wir in der Erzählung des Anonymus bei Ramusio, dass Sebastian
Cabot (deiui diesem -wird der Bericht in den Mund gelegt), angeregt
durch die Erfolge des Cohnnbns. einen anderen Weg nach dem Land
Obwohl die Quellen über die erste Fa h r t Cabot's reieldich lliessen, sind wi r
durehans nicht im Kl a r en , wo Cabot zuerst landete, und welches die von ihm entdeckten
Gebietsteile sind. . \ u t ' d e r Kar t e Sebastian Cabot's heisst es: Ten-am haue olim luibis elausam,
apemit Joannes Cabotus Venetus, necJton Sehasliantis Cabotus eius ftlius, anno ab orbe redempto 1494 (.)
die vero 24 Julii (!, vielmehr Junii) hora 5. sub diluculo, quam terram primum visam appellarant,
et hisulam quondam maynam ei oppositam, Insulam diui Joannis nominarunt, quippe quae solenui
diefesto diui Joannis aperta fuit. Nach der Kai'te zn urteilen, wäre der erste Lau d n u g sp n u k t
das Kap läreton gewe s en, weiches er als prima vista bezeichnete, und j en e Insel die Prinz-
Edwai'd-Insel. Beide entdeckte er angeblich an demselben Ta g e , was aus inneren Gründe n
schon unmöglich ist, da beide 129 Seemeilen von einander entfernt hegen, und das Schitt
Cabot's durchschnittlich nur 45 INIeilen täglich zurücklegen konnte. Ilarrisse (S. 84 IT.) hatte
die Unve r einbarkeit der in der Kartenlegende gegebenen Tliatsachen mit der Wi rkl i chke i t
aufs gründlichste klargelegt nnd der \ ' e rmu t u n g Raum gegeben, dass das von Cabot
aufgesuchte Lände rgebi e t sich wesentlich anf die Küste von Labr ador beschränke. Schon
die Ka r t en zeigen, da.ss dasjenige L:ind, welches dort der Gegend nm Kap Breton entsprechen
würde, die Tievra de liaeallaos, nicht als eine Entde ckung der Engländer, sondern \ i ehuehr
des Co r t e -Re a l ausgegeben wird. Hingegen wird die Entde ckung der Cabot's stets nach
Labrador verlegt. Wi e es auf der Ka r t e des R i b e r o (Atlas, Tafel X^') v(m jenem
Lande heisst: Hsta tierra descubrieron los Ingleses, no ay en ella Cosa de provecho (nichts
Branehbares), so lesen wi r f e rne r auf der Ka r t e T h o m e ' s (also eines Engl ände r s ) : Noua
terra laboratomm dicta — Terra hec ab Anylis primum fuit inuenta (Atlas, Tafel XI \ - , No. 2).
Man kann dahe r nur annehmen, dass Sebastian Cabot einen I r r tum in der Fixi rung des
Landepunktes (ob mit .\bsieht?) begangen h a t , indem er spätere Entdeckungen auf das
•lahr 1497 übe r t rug. Vgl. hierzu Ha r r i s s e , Cabot S. 95 und 99. — Dass Cabot seine erste
Fahrt südwä r t s bis nach Florida ausgedehnt haben sollte, wie es bei Pe t rus J l a r t y r (Dec. I l l ,
cap. 6. S. 232 f.) un d bei Ramusio (Navigazioni e A'iaggi, S. 414) heisst, ist sicher unbegründet,
was schon aus der kurzen Dauer der ersten Reise leicht ersichtlich ist.
=) De r Brief ist vom 23. .August 1497 datirt ; bei Rawdon Br own , Ragguagli I, 99;
Harisse .Append. \ T n , S. 322: V ^ venuto sto nostra Venetiano che arido con um naviylio de
Tlristo a ti'orar Lvole nove, e dice haver trovato liye 700 lontam de qui Terraferma el paexe del
yram Cam,
der Gewürze suchte. »Denn aus der Kugelgestalt (der Erde) folgernd,
dass, wenn ich in der Richtung naeh Nortlwesten führe, ich einen
kürzeren Weg nach Indien linden würde, trug ich diesen Gedanken
sogleich dem König (Heinrich YII.) vor, der mit ihm sehr zufrieden
war. Er liess mir zwei Caravelen mit allem Nötigen ausrüsten, und im
Anfang des Sommers von 1497 begann ich meine Fahrt nach Nordwesten
hhi, in der Meinung, kein anderes Land zu linden, als jenes,
wo Kathay hegt, um mich von din't dann direkt nach Indien zu wenden.«')
In einer Depesche des Ra imo n d o de Soi i c ino an den Herzog von
Madand wird Cabot's Plan ehier Indieiifahrt noch eingehender geschddert,
und wir können demselben bemerkenswerte Andeutungen
über Cabot's Weltanschauung entnehmen.-) Es wird zunächst in aller
Kürze der Reisebericlit Cabot's gegeben, der auf seiner Nordwestfahrt
die Festlandsküste erreicht hätte. »Man würde es Meister Johann,
als einem armseligen Fremden, nicht geglaubt haben, wenn nicht
seuie enghschen Begleiter von Bristol die Wahrheit dessen bestätigten.
Meister Johann besitzt ehie Darstellung der Welt auf einer Karte und
ebenso auf euier festen Kugel, die er selbst gemacht, und er zeigt
auf dieser, wo er landete und auf seiner Fahrt nach dem Osten etwa
das Land des Tanais (!) erreicht hat. Sie bcriiditen ferner, dass sicli
dort ein ganz vortreffliches Land und mildes Klima findet, und
meinen, dass elienda das Brasilholz und die Seitie gewonnen wird
und das Meer voll von Fischen ist. . . . Eben jene engiischen Begleiter
erzälden, dass sie so viel Fisclie eiidiringen werden, dass das Reich
die Insel Island entbehren könnte, wo sonst der Handel besonders
mit Stockfischcn (stochßssi) am grössten war. Alier Jleister Johann hat
seinen Sinn auf etwas noch Bedeutenderes gerichtet, weil er der jMeiniing
ist, dass, wenn er von jenem bereits in Besitz genommenen Ort an.
1) Ramusio a. a. 0 . : sapemlo per raqion della sphera, ehe s' io naviyassi per via del vento
di maestro, haveria minor cammino ä trocar VIndie, subito feci intender questo mio pensiero alia
Maestä del Re... . cominciai a naciyar verso maestro pensando di non trocar terra se non quella
dove (t d Cataio, et di li poi voUar verso le Indie. Vgl. hierzu ferner Goma r a , Hist. I: Otros
disen que a su casta, y' que prometio al rey Enrique de ir por el norte al Catayo y traer de alia
especenas en rnenos tiernpo que Porhtytteses por el Sur. Eine ähnliche Da r s t e lhmg in dem
Discourse of a Diseouerie for a new Passage to Cataia von Hump h r e y Gilbert (London 1576):
he (Seb. Cabot) sailed very far westward, ivith a quarter of the North, on the north side of
Terra de Labrador the eleuenth of June, until he came to the septentrional latitude of deyrees
and finding the Seas still open, said, that he miyht, and tcould have yone to Cataia. if the rnutinie
of the Jlaister ami Mariners had not been.
Es ist in den Quellenberichten bald von Giovanni Cabot, bald von Sebastian Cabot,
seinem Sohn, die Rede , welche beide die Fa h r t gemeinsam ausgeführ t hatten. In der genannten
Depesche wi rd stet.s nur Messer Zoanne (— Giovanni) Caboto genannt.