
IOC II. K.\rri i;i.. i) . \ s WELTBILD DES :MITTEL,VLTERS. D.\S ALTER DER R.\DK.M1TEN.
Afrika l)iUl(>tc. — AVir küimeii die Dreiteilung der Erde bis iu das
graueste Altertum zuriudiverfolgen; denn bereits die ioniseheii Geographen
haben sieh ihrer bedient, wemi aueh ehi Teil unter ihnen
allerdings die aus physikalisehen ^Momenten gefolgerte Zweiteilung
beibehielt.') Die Dreiteilung ging auf das ^littehilter über, und besonders
die erste Iliilfte des.selben hat zahllose Beispiele der Art aufzuweisen.
da diese sogenannten i^adkarten.") als Illustrationen des
Textes, uieht nur hi den Kosmographien der röiniseheu Kompüatoreu
sich finden, sondern auch in die Schriften jener Leute von strengem
Glauben Eingang tanden. welche sie mit der Bibel in Einklang zu
bringen suchten.') Es heisst in der Bibel: Noah tedte die Erde unter
seine Söhne, Sem. Hain und Japhet. Die Teilung dachten .sich die
mittelalterlichen Exegeten. im Anschluss an jenes Karten-Schema,
derart ausgeführt, dass Sem als der Erstgeborene, aus dessen Nachkommen
das auserwählte Volk hervorging, tlie ganze östliche Hälfte
Asiens zugeteilt erhielt, Japhet das nördliche A'iertel der AVesthälfte:
Europa, und Ilam das südUche derselben: Afrika. Unter den zahlreichen
Karten, welche auf die mosaische Völkerteihuig Bezug nehmen,
mag hier die Karte zur Kosmographie iles Isidor von Sevilla genannt
Die Zwe i t e i lung g r ü n d e t e sich zunüclist ütit die iïliinatischcn Unte r schiede von
znnelnnender Kä l t e im Norden und z tmehni ender ^^'ärme im .Süden. welciie din-cli die schiefe
Stelltmg d e r Spliären bedingt wa r , indem Einige eine Seidiung der Erde n.acli S ü d e n , Ande r e
hingegen eine Se n k u n g de r Himme l s -Ax e nacli Norden annaluneu. :Man unterschied dahe r
anfänglich n u r zwei Erdt e i l e : Eu r o p a tmd .Asien, \-ou denen Eu r o p a den ganzen nördlichen
Halbkreis d e r Scheibe e i n n a hm. As ien, zu welclieni übrigens auch Ägypten und Libyen
gehörten, den südhchen Ha lbkr e i s . Zu dieser pliysikalischen Kinteilung gesellte sich, dieselbe
gleichsam be s t ä t igend, als nioi-phographisciies ^loinent das scharf ausgepr ägt e , langgestreckt e
Becken des ^l i t t e lme e r e s , welches zusannnen mit dem Pontus und de r ^läotis die Teilungslinie
bildete. Vgl. vorzüglich Hi p p o k r a t e s de aëre aqua et loc., in Erme r ins Hi])p.
rell. I, 26-ltî'.. und He r o d o t (1\'. 4 2 , 45), de r J e n e tadelt, die Asien so gross wie Euro])a
machen, wä h r e n d er vi ehnehr me int , dass Eu r o p a sieh in der Länge übe r die beiden ande r e n
Erdteile, Asien und Libyen hinause r s t r e cke . — Die Dreiteilung scheint aus dem Se e v e r k e h r
hervorgegangen zu sein. Üb e r das Einteilungsprinzip hat auf das gründlichst e Be rge r
gehandelt (Wi s s . Ei-dkde. I, 51 lî'.). de r u . a . auch na chwe i s t , dass die loni e r nebenhe r die
Dreiteihmg ve r t r a t en. — Ur sprüngl i ch scheinen das ^l i t t ehne e r und de r Phasis als Teilungslinie
gegolten zu h a b e n , wohingegen bald die Mäotis an Stelle des letzteren trat. Die
anfänglich irrige Auf f a s sung, die Mäotis im äussersten Osten des Pontus anzus e t z en, t r at
bei e rwe i t e r t e r Kenntni s de r Lä n d e r mehr und me h r z u r ü c k , so da.^s die Mäotis und der
in sie mü n d e n d e Tana i s allmählich nach We s t e n ge rück t wiu-den und schiiesslich, mit dem
Nil z u s amme n , vielmehr als n o r d - s ü d l i c h e Te i lungsgr enz e Ve rwe n d u n g fanden.
Ihre r u n d e Gestalt und die den Speichen eines Rades vergleichbaren inneren
Teilungslinien hatten diesen Namen zur Folge ; vgl. Isidor. Etvinolog. XIV, 2, 1: Orbis a
rotiinditate circuli dicht s, quia sicut rota est.
Isidor, de mu n d o c. 4 7 ; Augus t in, de Civitate Dei 1. XVI , c. 17: l'nde videntur
orbem dimidium duae tenere, Europa et A/rica. alium vero dirnidium sola Asia . . quapropter si
WI-rdcji (Xin. Jalirlniiulert)'); (IUITII licsonders iiilerossnnte Legondoii
Ist eine mulere aiisgezeicliiiet, die sich iu einem, meist lleihgeuleben
eiithaheiideu. Kodex des XI. Jahrhunderts befindet.^)
"Wenden wir uns aber imnmehr den Kartenwerlvcn selbst zu, um
an ihnen den allmäliliclien Entwickelungsgang der Dar.stellung des
Weltbildes im Einzehien zu verlblgen. Es hegt in der Natur der
Sache, dass uns aus den Irüheren Jahrhunderten imr eine spärliche
Zahl solcliei- Radkarten erhalten shid, entsprechend der verliältnismässig
ebenso beschränkte]! Zahl handschriitlicher Werke überhaupt.
Dass trotzdem aber die Krei-^karte in der älteren Zeit nicht wemger
verbreitet war,^) müssen wir sclion aus der Thatsache schliessen,
dass durch die römischen Kosmographien, die zu alleji Zeiten des
Mittelalters abgeschrieben \vurden. die Kreiskarte auch stets in
Erinnerung bliel). Das ol)en gegebene Schema der äusseren und
ijmeren Beschairenheit ist der Grundtypus, so mannigfach auch die
in duas partes orbem dividas Orientis et Occidentis. ^Lçm ei'it in una, in altera vero Europa et
Africa; fertier bei Hrabîinus 31aurus u . a . m . Bekannt e r d ü r f t e de r Ve r s in der Sfera des
Florentiners Leona rdo Dati s e in, wo es heisst Lib. I I I , Ot tava 11:
Un T dcnt ro ad nn O mos t r a il disegno
Come in tre parti fu diviso il Mondo
E la supe r iore è il maggior regno.
Che quasi piglia la me t a del tondo
A s i a chi ama t a : il gambo ritto è segno
Che [»arte il terzo n ome dal secondo:
A f r i c a , dico. da E u r o p a : il ma r e
Mediterran tra esse in mezzo appa r e .
\'u;l. l ' z i e l l i - A m a t : Studi biografici c bibliografici sulla storia délia Geografia in Italia,
Roma 1882, I I . 4.
Eine anf die Völke r t e i lung bezügliche, imterhalb de r Ka r t e befindliche Le g e n d e
lautet: Ecce sie diviserunt terram filii Xoe post diluvium. "\'gl. Sa n t a r em, Essai sur la
cosm. H. 286.
Diese Ka r t e ent s t ammt einem Codex de r Bibl. nat. Pa r i s ; vgl. Sant a r em I I , 102—105.
Von Asien heisst es auf der Ka r t e : Post confusiomm linguarum et gentes dispersae fuerant per
totum mujidtim habitaverimt ßlii Sem de cuius posteritate descendunt gentes XXVIJ in Asia, et
est dicta Asia ab Asia Regina, que est ter da pars mi/ndi. In dem Eu r o p a darstellenden Quadrant
lesen wi r ; Europa dicta est ab Etropa füia Agenoris regis Libie vxwis Javis. abi/averunt
f l u Jafcth, visi sunt terra tenere de cuius posteritate egressae simt getites quittdecim et habent
civitates CA'X \ ' o n Africa heisst e s : Africa dicta est ab Afer u7>o de poster is Abrahe quam
possedenmt filii Cham de cuius posteritate sunt egressae getites X X X . Et hahentur civitates in
Africa CCCLX.
Ich kann Marinelli nicht beiptlichten. we n n er das Vo r k omme n einer Ra d k a r t e vor
dem X. J a h r h u n d e r t in Abr ede stellt (Erdkde . b. d. Kirchenvät.. S. 79). Abgesehen davon,
dass auch er auf die St r a s sburge r Ka r t e (850) hinwe i s t , Hessen sich noch eine Reihe ande r e r
in den zahlreichen Codices des Isidor von Sevilla. Hr a b a n u s : \ I aurus . Beda \ ' ene r abi l i s u. a.
namhaft machen. So fand ic!i in de r Bibliothek des Mont e Cassino einige neue Ka r t e n
dieser Art. Im Übrigen vgl. noch Sa n t a r em, II. Ba n d . Anfang.