
228 IV. KAPITEL. DAS WELTBILD ZUR ZEIT DES COLUMBUS.
allem die Ivimde der einzelnen Liiuder mid Völker erfidir eine be.lentsame
l-orderung- aiicli die höheren Fragen der Ko.sinogrnphie wnr.len
v i der ni Hnss gebracht, .lie (lesamtanlîassnng des Länderkreises
m,l die Anordnimg ,lesselben anf der Erdkiigel-Oberlläche einer
Losung entgcgengclnhrt. Der namliaficste Vertreter jener Kiclitimowelche
das AVeltbild in .seinem weitesten rnilang zn beoreifa;
strebte, war P a o l o dal Poz zo To s c a n e l l i von Fhir^nz ^
In der Stadt der Me,lici, dem Sammelpunkt der hervorragendsten
U.nstler und Gelehrten, fand Toscanelli die Anregmig zu seinen nmbLssenden
Studien aut dem Gebiete der Mathematik und Astnmomie •)
Lr stand in dem Ruf, der bedenteiulste Mathematiker seiner Zeit zu
sein; er war es umsomehr, als er die Ergebni,s..e sehier mathematLschen
Studien auch für andere Zweige der AVissenschaft mul
Praxis truchthar zu niaclien vms.ste. Wie er in die nautische Astronomie
tordernd eingrilf, so hat er nicht zum wenigsten auch der
Kosmographie sein lelihaftestes Interesse zugewendet- es ist he
zeichnend für die AVcrtschätziing, welche er bei seinen Zeitgenossen
fend, dass auch der Entdecker der Neuen AVeit zuvor das Urteil des
fiorentinischen Gelehrten einholte, ehe er sich auf die gefahrvolle
Keise liegab.
In der apokryphen Lebensbeschreibung des Cohunbus, welche
man Ulscldich seinem Sohn Ferdüiand zugeschrieben hat,") wird mit
') E,- wa,- 1397 gebo,-en, als Sohn des I)o„,i„ie„s Tosca„elli, „ n d sta,-b I48-:>
E,„ De „k, „ a l se.„e,- as„-on„,„,seI,e. Tl,.ätigkeit bi,.gt he „ t e „oel, de,- Do,„ von Santa Ma,-ia
d 1 I-,o,-e ,n 1. or enz , wo in der Mitte der T,.ibnna des linken Kren.sehitres eine Ma r n
platte angebr aebt tst von weleher ans, dnrel, eine korrespondi,.ende öiTnnng in de.-' c Z e
de A e,fas er des A\e,-kes, Del vecehio e nnovo Gnontone fio,-e„ti„o (Fb-enze 1757) eine
•-) De r Titel des We r k e s lantet: H i s t o r i e del S. D. F e r n a n d o C o l o , „ b o - Nelle
qnal, s ha pa,-t,eo a r e , e ne,-a relatione della ni t a , e de' fatti dell' .Annni,.aglio 1). Chri'stoforo
olo„,bo sno p a d r e : Et dello seopri.nento, ehe egli feee del,' Indie ôeeiden,,ali det
Mondo Nnovo ho,-a Possednte dal Sereniss. Re Catolieo: Nnonan. ente di lingna So o, J '
.-adotta neu tabana dal S. A l f o n s o V l l o a ; eon prinilegio In A'enetia, 1671. 1 " ^ rso
1-raneeseo de I.-aneesehi Sanese. - Die zweifelhafte Antorsehaft des Bnehes hat sieh z , ei, r
ebhaftenS^
ve s ge f , . „ . t hat dass das We r k nnn,üglieh von Fe , d i n a nd Coln„,bns geseh.-ieben sein kann
\ g h h.ernbe,- se,ne Unt e r snehnng : D. Fe , . , ando Colon, Historiador de sn p a d r e - Ens ayo
ent,eo po,- el anto,- de la Bibl. A,nerieana vetnstissi„,a, Sevilla I 8 7 I , sowie in fran'zSsiseher
Sp aebe.- l-erd.nand Colon,b, .sa vi e , ses oenvr e s , Essai e,-i,i,,„e, Pa,-is 187-2. Anf eine
Entgegnung d A v e z a e - s (Le liv,-e dn Fe rdinand Colo„,b, Revne e>-iti,,ne des allégations
proposées eont,-e son anthentieité 1873) antwortete H a r r i s s e in L-histoi,-e de Chr. Colomb
TOSCANELLI'S BRIEF AN COLUMBUS. 229
be.soiidercm Nachdruck der Einlluss hervorgehoben, den Toscanelli
anf Cohunbus ausgeübt hat. Dieser hatte noch während sehies
Aufenthaltes in Li,s,sabon vernommen, dass Alplions A^. von Portugal
durch den Kanonikus Fernan(h) Marthiez an Toscanelli die Anfrage
hätte ergehen lassen, wie die »Lä n d e r iler Sp e z e r e i e n« am
leichti\steu auf tlem westlichen AV^ege aufge.sucht werdtm könnten.
Da Columbus den Brief, welchen hierauf To.scanclli an Martinez
schrieb, nicht zu Gesicht bekommen konnte, .so wu.s.ste er, begierig
die Ansichten des weltberühmten Mathematikers über diese Frage
kennen zu lernen, es durch Vennittelung seines Freundes Lorenzo
Giraldi zu bewirken, da.ss Toscanelli auch ihm den Inhalt des Briefes
zugehen liess. Er schickte ihm eine vollständige Abschrift desselben
mit der zugehörigen Karte und fügte dem Brief am Anfang und
Ende einige Begleitworte bei, welclie speziell an Cohunbus gerichtet
sind.
»Ich sehe Dein edles und lebhaftes A\'rlangen, dtu-thin zu
gelangen, wo die Spezereien wach.sen. Ich sende Dir daher, in Erwiderung
Deines Briefes, die Ab.schrift ehies andertTi, welchen ich
vor einigen 'Digen an einen meiner Freimtle, tier im Dienste ties
Allergnädig.sten Königs von Portugal stellt, vor den Castilischen
Kriegen, als Antwort auf einen anderen schrieb, welchen er mir im
Auftrage Seiner Hoheit wegen d(>.sselben Falles hatte zugehen lassen;
und ich schicke Dir auch eine andere Seekarte, genau übereiiistimmiTid
mit jener, welche ich ihm samlte. Hiermit werden Deine
AVünsche erfüllt sein.« Hierauf folgt der Brief an Alartinez, datirt
vom 2,5. Juni 1474.')
atribnee ä son ills Fe r n a n d : Examen critit[,,e du ine,noire lu pa r ]M. d-Avezac <ä l'Acad. 8.
13. 22. .-^.oüt 1873. — I,u Übrigen orientirt übe r diese f-j-age neuei-dings ein .-Artikel von
G e l e i e h (gegen Har,-isse) in der Zeitschr. d. Ges. für Er d k u n d e zu Be,-lin, 1887. XXH,
345 — 375.
Historie, S. I 6 a . — Die chronologische Unver einbarkeit des Datiuns des Bi-iefes
an Ma,-ti„ez mit den Zeitangabe,! in den Begleitwo,-ten an Columbus hat einen lebhaften
Streit he,-voi-ge,-ufen, der hier nnr angedei,tet we rden kann. Da ,nit den Castilischen
Kriegen doch nur der sjianische E,-bfolgekrieg (1474 —1 4 7 9 ) ge,ueint sein k a n n , so müsste
der Briet-wechsel zwischen Cohunbus „ n d Toscanelli nach 1479 fallen. De,n stände j edoc h
die andere Bc u e r k u n g entgegen, woi,ach Toscanelli den Brief an ^lartinez erst «vor einigen
Tagen" geschrieben haben wol l t e , d. h. also j e n e n an Coluu,bus un,nittelbar nach dem
25. Juni 1474. Es ,nüsste dann also um dieselbe Zeit auch Coluuibus von Lissabon aus
seiuen Wu n s c h um Über,nittelung des Briefes ausgesprochen haben. "Wir wissen j edoc h
urkundlich, dass Cohi„,b,is bis zun, J a h r 1476 noch in Geuua ansässig wa r ; siche,-lich wü r de
er sich von hier aus an Toscanelli gewandt h a b e n , auch wenn er vor 1476 als Seefaht
er sich gelegentlich i,n Haf-en von Lissabon be funden hätte, --Vndei-e Seltsamkeiten
stossen uns noch in der Nachschrift des Briefes an Colnmbus auf; so ,nüssen wir aus eine,-
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