wurden, zeigten sich viel lebhafter als die ohne Ameisen. „S ie liefen ununterbrochen mitten
unter den Ameisen herum, und waren darauf bedacht, niemals in deren Nähe unbeweglich
zu verweilen. Einigemale sah man die Ameisen eine Angriffstellung gegen ihre Gäste einnehmen
und sogar sich auf dieselben stürzen, aber meistens konnten die letzteren den V e r folgern
ausweichen. Allerdings wurden auch einige Exemplare von den Ameisen ergriffen
und getötet, da das betreffende künstliche Nest zu klein war und zu w en ig : Schlupfwinkel
zum Verbergen darbot. J a daher wurde die ganze Gesellschaft in ein neues Nest gebracht, in
welchem einige den Ameisen weniger zugängliche Partien vorhanden waren. Und an diesen
Punkten hielten sich .nun auch in der -T a t die Ateluren mit Vorliebe auf und zwar meistens
ganz unbeweglich; nur wenn eine Ameise zufällig in ihre Nähe kam, ließen s ie sich aiist
ihrer Ruhe aufscheuchen, um mit einem raschen Satz aus der Schußweite:V;l&|kommen.“
Wenn nach längerer Zeit frischer Honig in das Nest gesetzt wurde, und die Ameisen,'
nachdem sie. sich damit verproviantiert hatten, dazu übergingen, sich gegenseitig zu füttern,
so kamen, wohl durch den Geruch angelockt, auch die Ateluren hervor und begaben sich zu
den fütternden Paaren und zwar in den freien Zwischenraum, zwischen den beiden Ameisen
(cfr. Fig. 3 | i Hier erhoben sie rasch ihren
Kopf und haschten schnell nach dem von der
einen zur anderen Ameise übertretenden Futtersaftstropfen,
um sodann s®? schnell wie möglich
Sich wieder davonzumachen und zu entfliehen.
Und da die Ameisen während des Fütterns in
ihren Bewegungen nicht frei genug wären, um
die Ve rfo lgun g sofort aufzunehmen, sis» könnten
die Diebe ungestört ihr Handwerk so langet
treiben, bis sie ihren Hunger vollständig gestillt
hatten.
Fig. 3. Atelura formicaria Heyd., bei zwei sich
fütternden Ameisen. (Nach J a n e t .)
j a n e t tatst diese Beobachtungen bezüglich der Beziehungen der A te lu ra fo rm iea r id
zu den Ameisen dahin zusammen, daß erstere lediglich wegen ihrer g roßen Gewandtheit
und ihrer Unerwischbarkeit in dem Ameisennest geduldet wird, und daß sie' in die ( leseli-
schaft der Ameisen haUp{||fchlich durch die Nahrungsflüssigkeit der letzteren ungezogen wird.
Im Gegensatz zu der Symphilie geben aber hier die Ameisen nicht aus eigenem Antrieb ihren
Gästen die Nahrung; sondern die letzteren selbst bemächtigen sich derselben diebischer Weise
(Myrmecocleptie)c —
Aus dieser J a n e t s c h e n Beobachtung geht übrigens auch hervor, daß die Ameisen
keineswegs immer so ganz gleichgültig gegen die Ateluren sich verhalten, wie S i l v e s t r i
von den Termiten berichtet hat, sondern daß sie mitunter jenen recht unangenehm und g e fährlich
werden können, wenn sie dieselben erwischen. Hier dürfte also in der T a t dieBfUn-
erwischbarkeit“ der währe Grund der Duldung sein.
Von diesem Gesichtspunkt sind auch die oben genannten myrmecophilen Anpassungscharaktere
zu v ers tehen: die' Gäste sind um so „unerwischbarer“ , weniger Angriffspunkte
sie darbieten. Daher finden wir bei den myrmecophilen Lepismatiden in der Rege l stark
verkürzte Gerd, geringe Ausbildung der B eb o r s tu n g '(vo r allem keine großen, abstehenden
Borstenbüschel) und einen stark gerundeten, glatten Rücken, der die ventralen Extremitäten
schutzdachartig überwölbt. Allerdings finden wir diese drei Merkmale nicht bei allen myrmecophilen
Lepismatiden in gleicher Weise ausgebildet, sondern bei den einen Formen weniger,
bei den anderen mehr, was natürlich mit den Bedingungen des Zusammenlebens mit den
Ameisen zusammenhängt. —
D a nach dem Gesagten das Verhältnis der Lepismatiden zu den Ameisen und T e r miten
relativ doch nur ein lockeres ist, so finden wir auch nicht selten, daß eine Gastart bei
verschiedenen Wirtsarten vorkommt, und nicht, wie die meisten Symphilen, stets auf eine
einzige Wirtsart beschränkt ist. Manche Arten können geradezu als „panmyrmecophil“ bezeichnet
werden, wie z. B. A te lu ra fo rm icaria, L ep ism a elegans und braunsi u. s. w. Und
wenn unten in dem Verzeichnis (Anhang I) bei den meisten Arten nur 1 oder 2 W irtsameisen
oder -Termiten angeführt sind, so dürfte dies wohl vor allem in unseren noch recht geringen
Kenntnissen beruhen. Allerdings gibt es andererseits auch einige Lepismatiden, die wirklich
nur auf 1 Wirtsart oder wenigstens 1 Wirtsgattung beschränkt zu sein scheinen, wie z. B. die
L ep ism in a emiliae m., welche nur mit Myrmecocystus-Arten zusammenlebt.
Bevor ich dieses Thema verlasse, möchte ich noch kurz auf ein Merkmal hinweisen,
das zwar nicht allen myrmecophilen Lepismatiden zukommt, aber doch einer großen Anzahl
von ihnen, nämlich allen Ateluren eigen ist. Es ist das der große, b a u c h i g e r w e i t e r t e
O v ip o s i t o r , der — im direkten Gegensatz zu dem dünnen, stabförmigen Ovipositor der
meisten übrigen Lepismatiden -^•relativ g r o ß e n E i e r n den Durchtritt gestattet. Ich glaube
nicht fehlzugehen, wenn ich in diesem Merkmal ebenfalls eine Anpassung an die myrmeco-
phile resp. termitophile Lebensweise erblicke — in Hinsicht darauf, daß auch viele andere
myrmeco1 oder termitophile Arthropoden sich dadurch auszeichnen, daß sie auffallend große
Eier produzieren.
2. Geographische Verbreitung.
Die Lepismatiden sind über die ganze Erde verbreitet. Allerdings scheint ihre Ve r teilung
über die verschiedenen Regionen eine recht ungleiche zu sein, indem die einen Gebiete
viel reicher an A rten sind als die anderen. ^ Döch dürfte diese Ungleichheit wohl
hauptsächlich darin begründet sein, daß die verschiedenen Faunenbezirke noch keineswegs
alle in derselben Weise durchforscht sind. Sollte in der Zukunft den Thysanuren, besonders
von den Tropensammlern, mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, so dürfte sich wohl bald
heraussteilen, daß die Lepismatiden überall in einem annähernd gleichen Prozentsatz Vorkommen.
Am besten ist zweifellos die paläarktische Fauna durchforscht und dementsprechend
sind von dieser auch die meisten Arten, nämlich 34, bekannt; das andere Extrem bildet die
australische Fauna, von welcher wir bis jetzt nur eine einzige A r t kennen. Auch die äthiopische
Region war b i s v o r k u r z em e b e n s o a r t e n a rm ; h e u t e a b e r f i g u r i e r t s i e b e r e i t s
mit 22 Arten) a n z w e i t e r S t e l l e , und zwar lediglich auf Grund der Sammlung, welche
D r .B r a u n s im letzten Jahre in Südafrika zusammengebracht hat. Letzteres Beispiel illustriert