Daraus erklären sich ohne weiteres die abweichenden Meinungen der verschiedenen Autoren,
welche nur die Imagines berücksichtigten und daher, die Schwanzfäden bald als Anhänge des
io., bald als solche des Analsegmentes proklamierten.1
Die H e ym o n s sehen embryologischen Befunde ergeben also eine noch weitgehendere
Parallele zwischen Cerci und Antennen, als wir: oben bereits gezogen, indem auch m d * ,o n to
genetischen Entwicklung derselbelben vielfache. Ähnlichkeiten nachgewiesen werden. Denn
wie die Antennen als die modifizierten Gliedmaßen des ersten postorälen Körpersegmentes
aufzufassen sind, s d ' J t e l l e n die Cerci die in derselben Weise modifizierten Extremitäten d ®
präanalen Körpersegmentes dar. ¡ i | | | |
Bei den Imagines aller von mir daraufhin untersuchten Lepismatiden sind die d r e i
S c h w a n z f ä d e n m i t d em A n a l s e g m e n t in Verbindung getreten. A ls Analsegment oder
Telson ist bekanntlich der gliedmaßcnlose, aftertragende Endabschnitt des Körpers zu be
zeichnen, welcher typischer Weise in einer unpaaren über: dem After gelegener. Platte; I j e r
Lamina supraanalis, und 2 paarigen, unter dem A fte r gelegenen I.aniinae subanales besieht
(Taf. IV Fig. 41 und 42 lam. sub. und lam. sup.). Während n u nH e i den meisten höheren
Insekten das Analsegment mehr oder weniger verkümmert, ist es bei den Lepismatiden in
guter Ausbildung in seinen typischen Stücken erhalten. Die Laminae subanales sind m p t e n s
kräftig chitinisiert und mehrfach auch pigmentiert und sind gewöhnlich mit Borsten ziemlich
reichlich besetzt, kurz sie unterscheiden sich in nichts von den übrigen Segmentplatten; ihre
Form ist in der Reg e l dreieckig, nicht selten sind aber die. ünedianen I-Iinterecken zm längeren
Fortsätzen ausgezogen. Die unpaare Lamina supraanalisvjst gewöhnlich | j|$ äB h e r chitimf^Ärt
und zeigt mehr eine endoskeletale Struktur; sie kann trapezförmig gestaltet sein, oder aber
auch schmal, zungenförmig mit tief gespaltener Spitze..
Was nun die Verbindung der Schwanzfäden mit.den Laminae, anales fa j t r i f fJ B tp h w n t
nur diejenige zwischen den Cerci und den Laminae subanales eine festere' 1>gelenkartige)Uzu
sein, während das Filum terminale nur lose, vielleicht auch nur indirekt mit'dem T e l s b nW t
bunden ist. — D ie d r e i S c h w a n z f ä d e n s e lb s t s t e h e n s t e t s m i t e in a n d e r in e in em
f e s t e n Z u s a m m e n h a n g , welcher sowohl durch Endoskelettspangen (Taf. IV F ig. 41 und
42 Sp.), als durch kleine plattenartige S tü c k e f la f . IV F ig. 41 und 42, I X » ; welche zwischen
dem Bäsalstück des Filum terminale und|||en Cerci g e la gert sind, vermittelt wird. Diese
Zwischenplatten zeigen oft externe Struktur und es dürfte wohl keinem Zweifel unterliegen,
daß in ihnen Rudimente: des 11. S egmen tes jlu erblicken sind,
Leider muß ich es bei diesen kurzen allgemeinen Andeutungen belassen, da es mir
bis heute noch nicht gelungen ist, die komplizierten Verhältnisse, wielsie in den Beziehungen
' In.jüngster Zeit wendet sich V e r h o e f f (03) gegen die H e y m o n s ’ sehe Auffassung, nachdem er sich derselben
eine Zeitlang angeschlossen hatte, und tritt nun für die Z u g e h ö r i g k e i t d e r C e r c i zum 10. A b d om in a l s
e gm e n t e in , in d em e r in d en L am in a e s u b a n a le s T e i l e d e s S t e r n i t e s , r e s p . d i e C o x i t e d e s 10.
S e gm e n t e s s e h e n zu m ü s s e n g la u b t . So verdienstvoll die V e r h 0 e f f ’sehen Ausführungen auch sind, so vermögen
sie die H e ym o n s 's ch e Auffassung dennoch nicht zu widerlegen, da sie sich ja nur auf die Imagines beziehen, wo die
Verhältnisse stark abgeleitet sind. -So lange nicht die H e ym o n s ’sehen Angaben über das em b r y ö lo g i s c h e V e r h
a lt e n d e r C e r c i direkt widerlegt sind, und nicht nachgewiesen ist, daß das Bildungsmaterial für die Cerci tatsächlich
vom 10. (und nicht vom 11.) Segment stammt, so lange können uns vergleichend-morphologische Untersuchungen am
Imagines nicht davon überzeugen, daß der Zusammenhang der Cerci mit den Laminae anales, wie er sich bei den Imagines
geigt, dem primitiven Zustand entspricht.
zwischen Cercus- und Analsegment vorliegen, klar zu überschauen. Um dies zu erreichen,
hätte ich viel mehr Untersuchungen auch an anderen Thysanuren und niederen Insekten
machen müssen, wozu mir aber gegenwärtig die Zeit fehlte. Jedenfalls wäre es ein sehr dankbares
und empfehlenswertes Thema, das Anal- und Präanalsegment der Insekten vom ver-
gleicheäd-morpholdjjischen Standpunkt im Zusammenhang. zu bearbeiten1 ; denn es gibt hier
noch eine; groß e L ü c k e . auszufüllen. —
c. Die Mundgliedmaßen.
Lfm BeSpireibung der einzelnen Mund’.cile Zu vereinfachen und unter einen einheitlichen
Gesichtspunkt zu bringen, dürfte es am b e s t e n g in , einiges, über die Entwicklung und
morphologische Bedeutung (Homologien) derselben vorauszuschicken.
D ie M u r .d g 1 ie dm a ß o iü s .'in d m o d i f i z i e r t e L a u f b e in e . Darüber herrscht schon
lange kein Zweifel mehr, doch eingehender begründet wurde dieser Satz erst in neuerer Zeit
jjf id zwar vor allem H e y m o n s und V e r h o e f fjp§4)-
Ersterer konntelufee Um g e s ta ltu n g^m fe 'G an g b e in ig zu einer Mundgliedmaße bei dem
Embryo von L ep ism a saceharina direkt verfolgen. E s zeigte Ä h dabei mit großer Deutlichkeit,
daß „der- Palpus maxillaris resp. labialis den distalen Gliedern eines Extremitätenstammes,
alsi'ifetwa dem e in e J 'T h o ra x b e jt t ll homoteg(||t. D « B a s ä ls tü c k einer Maxille, von
dem der” Palpus ausgeht, hat man dagegen dem : | b x a l | j S n i t t eines BehieSt gleichzusetzen.
A n ¿fiesem bahalen o d e r S l iä le n T e il erheben Sich sp ä te f'|H A u sw ü e | s e die Lobi interni und
externi“ , welche das ¿ S c h a f t der Aufnahme Ä sp . Zerkleinerung,der Nahrung unterstutzen
sollten.
„H an d in Hand mit der kräftigeren und stärkeren Aus|j|ldung der Coxalfortsätze oder
L a d en ’ ist dann eine allmähliche Reduktion des: Extremitätenstammes gegangen, der schließlich
zu einem einfachen Taster degradiert Wurde unter Aufhebung seiner ursprünglichen loko-
m o to r ich en B e | d | t ^ g | . „A n dem vordersten Kieferpaare, den Mandibeln, ist der gesamte
distale Abljäinitt de§CExtremitätenstammes|^Hrhaupf zu Grunde gegangen, und es hat sich
pur, ein allerdings um so größeres und kräftigeres. .Coxalstück erhalten.
Zu derselben Homologisierung wie H e ym o n f f la u f embryologischem W e g e ist V e r -
h | | f f durch verglljhend-ana tomische Studien .gekommen. Doch ist letzterer noch etwas
weiter,gegangen, indem er auch für die Laden, welche H e ym o n s als einfache „Auswüchse||
der Hüftp bezeichnet, Homologa an den ( iangbeüion such:. Und er findet auch solche, und
zwar in den „Styli, Coxaisäcker, und anderen durch Muskeln beweglichen Hüftanhängen ,
w e lch e ! lÄ u s am m e n f^ fcn d als „ C o x a l o r g a n e “ bezeichnet. Nach V e r h o e f f sind also die
L a d e n d e r M a x i Ä n und' d e r U n t e r l ip p e . jn i c h t etwa „beliebige muskellppe Hüftfort-
sätze“ , sondern Stellen G o x a l a n h ä n g e h ö h e r e n W e r t e s , d a r , d. h. s i e ..sind d e n s o g .
„ C o x a l o r g a n e n “ d e r L a ü f h e in e u n d d e r A b d o m i n a l s e g m e n t c h om o lo g .* E r
gründet diese Auffassung hauptsächlich auf das Verhalten ¿der Muskulatur, indem er nach-
1 Der Anfang hierzu ist ja bereits durch V e r h o e f f (03) gemacht.
“ Übrigens' weist auch H e ym o n s in seiner klassischen Scolopender-Arbeit (01) daraufhin, daß „eine gewisse
Beziehung der letztgenannten Coxalfortsiitze (d. h. an den Beinen), zu den „Laden" an den Insektenmaxillen zwar, noc
nicht erwiesen, aber doch immerhin nicht unwahrscheinlich ist“ (pag. 68).