Viel bedeutender, und ohne Zweifel übertrieben sind die Angaben des Herrn Adrian Balbis:
Weisse Menschen
Indianer
Freie farbige Leute 10,000)
16,000.
12.000
25.000
Farbige Sclaven 15,000)
Freie Schwarze 2,000) 37,000
Schwarze Sclaven 35,0001
( 2. ) Die Annalen der Provinz Goyaz bieten innerhalb eines Zeitraumes von hundert Jahren
alle Elemente dar, welche wir überhaupt in der Geschichte der portugièsischen Colonien in den
Minenländern Brasiliens wahmehmen; kühne Ahentheuer, die glücklichsten Erfolge der goldgierigen
Unternehmung, Grausamkeiten gegen die Indianer und gräuelvölla Unordnungen unter
den Ansiedlern, die ersten Keime bürgerlicher Ordnung unter den,Gewährleistungen militärischer
Formen und der Municipalverfassung, endlich ein eben so schnelles Sinken des innem Wohlstandes
, als Glanz und Reichthum früher gestiegen waren, veranlasst hauptsächlich durch moralische
Entartung und daher entspringende bürgerliche Entnervung. Am Ende des siebzehnten, und am
Anfänge des achtzehnten Jahrhunderts waren die ausgedehnten Wildnisse nordwestlich von der
Provinz S. Paulo, und westlich von Minas Geraës fast gänzlich unbekannt. Paulisten durchzogen
bisweilen diese Gegenden, um Indianer zu Sclaven zu erbeuten, damals der grösste Reichthum
in der Hauptstadt der Provinz, wo manche Familie deren gegen sechshundert besass; und
von Minas Geraës gelangten dahin einige Abentheurer, welche die Länder westlich vom Rio de
S. Francisco nach Smaragden durchsuchten. Im Jahre 1682 hatte Bartholomeu Bueno da Sïlva
von S. Paulo aus einen Streifzug unternommen, und war, begünstigt durch' seine Kühnheit und
die Kriegslist, dass er sich den Indianern als Zauberer furchtbar machte, indem er mit brennendem
Weingeiste — einer diesen Natursöhnen ganz fremden Erscheinung — ihre Flüsse in Brand zu
stecken drohte, bis in die Gegend vorgedrangen, wo jetzt die Hauptstadt der Provinz, Cidade
de Goyaz, sonst ViQa Boa steht. Die. friedlichen Indianer vom Stamme der Goya*) trugen Goldblättchen
zum Schmucke an sich, und bewährten .dadurch, so wie durch ihre Aussagen den
Reichthum dieser Gegend an dem Unheil bringenden Metalle, von welchem Bueno Muster mit
nach S. Paulo zurückbrachte. Bei dem grossen Andrange der Paulisten nach Minas Geraës, dessen
Goldwäschereien in den ersten Decennien des vorigen Jahrhunderts so reissend schnell zugenommen
hatten, wurde erst später die Aufmerksamkeit auf die westlichem Landstriche gelenkt,
und Bartholomeu, der Sohn jenes Paulisten, welcher als zwölfjähriger Knabe den Zug dés Vaters
begleitet hatte, unternahm vierzig Jahre später den reichsten Ort wieder aufzusuchen. Er
verliess, von der Regierung an die Spitze eines Haufens von zweihundert Menschen gestellt, im
Jahre 1722 S. Paulo, kehrte aber nach dreijährigem Umherschweifen zurück, ohne seinen Zweck
erreicht zu haben. Glücklicher war er bei, einer zweiten, ebenfalls von der Regierung unterstützten
Expedition, wo er-jenen goldreichen Ort, am Rio Vermelho, nicht weit von Villa Boa
wiederfand (1726) , und daselbst die erste Niederlassung gründete. Die Arbeiten der Goldwäscher
waren von so glänzendem Erfolge, dass Jeder auf eine tägliche Ausbeute von vier bis fünf Oc-
*). Von diesem Indianer-Stamme hat die Provinz den Namen Goyaz oder Goyazes, welchen Manche
wie Gwoyaz aussprechen.
taven Goldes*) rechnen konnte, und so geschah es, dass in wenigen Jahren eine grosse Menschenmenge
aus allen Theilen Brasiliens herbeiströmte. In dem Rio Mararihäo sollen um das
Jahr 1732 zu gleicher Zeit zwölftausend Menschen (mit der Ableitung des Stromes und der
Durchsuchung des trocken gelegten Bettes) beschäftigt gewesen seyn. Man vernachlässigte hiebei
die Anpflanzung von Nahrungsmitteln, und die Karavanen, welche aus Cujabä, S. Paulo,
Minas Geraes und Bahia nach dem neix entdeckten Eldorado herbeizogen, verkauften Lebensmittel
und Fabrikate zu ganz enormen Preisen**). Der Entdecker, Bartholomeu Bueno da Silva,
regierte diese neue Ansiedlung als Capitäo Mör Regente, unter den Befehlen des Gouverneurs
von S. Paulo, welcher Provinz das Territorium von Goyaz zugetheilt worden war. Jedoch
konnten Ordnung und Würde des Gesetzes unter einer zerstreut lebenden, von den heftigsten
Leidenschaften bewegten, zügellosen Bevölkerung nur schwach, und fast nur zum Scheine aufrecht
erhalten werden. Die ersten Schritte zur bürgerlichen,- gesetzlichen Gestaltung geschahen
durch den, den neuen District (Comarca) durchreisenden Gouverneur von S. Paulo. Die schwachen
Goyaz - Indianer zogen sich vor den Ankömmlingen zurück, und sind gegenwärtig ausgestorben,
dagegen zeigten sich besonders die Cajapos als eifersüchtige und gefährliche Nachbarn, gegen
welche, zum Theil mit Hülfe der, von Cujabä herbeigeführten Bororos, ein ununterbrochener
Krieg geführt wurde, - bis sie ( 1781) die Oberherrschaft Portugals anerkannten. In jene Zeit
(1740 —- 1746) fällt auch die Entdeckung von Diamanten an den Rios Claro und Piloes, welche
die Bezeichnung eines eigenen verbotenen Districto diamantino von vierzig Quadratlegoas, und
einen Contract mit der Familie der Caldeiras veranlasste, in ersterem Flusse durch zweihundert
Sclaven waschen zu lassen. Die Kopfsteuer (Capitapäo), welche, wie in den übrigen Minenlän-
dem, ( 1736) auf die goldwaschenden Sclaven gelegt wurde, warf der Regierung unglaubliche Summen,
manches Jahr über vierzig Arroben Goldes (2451760,000 Reis, oder 685,676 Gulden) ab.
Gemäss den Bezügen der Kopfsteuer müssen damals wenigstens 34,5oo Menschen in Goyaz mit
Goldwäschen beschäftigt gewesen seyn**""). Während die Capitation galt, begann die goldne Zeit für
dies,, im'Jahre i749 zu e^ier besonderen Capitanie erhobene Land, und bis. 1755 darf der jährliche
Goldertrag auf zweihundert Arroben (oder i,228/800,000 Reis, — 5,4 *5,040 Gulden
angeschlagen werden, eine Summe, die um so mehr in Erstaunen setzt, wenn man bedenkt,
dass, des grossen UeberflUsses ungeachtet, sich das gesetzmässig zu zweiundzwanzig Karat ausgemünzte
Gold in Brasilien seit jener.Zeit immer in gleichem Werthe, und zwar zum Silber in
dem Verhältnisse wie 17,01 zu 1 erhalten hat, eine Erscheinung, die sich nur durch den grossen
Goldabfluss nach Europa und Ostindien erklären lässt. Die Steuer des Fünftheiles (Quinto),
welche nach der, als eine .sehr unpopuläre Maasregel nur vierzehn Jahre bestehenden, Kopfsteuer
eingeführt wurde, brachte in den ersten Jahren noch grössere Summen ein, am-meisten im Jahre
17 53, wo sie auf 268,620,000 Reis oder 746,539^ Gulden angegeben wird. Seit jener Zeit
aber hat sich der Ertrag der Minen immer vermindert, und die Provinz war unvermögend, ihre
Gewerbsthätigkeit und ihren Handel auf die Stufe zu heben, welche diese, gemäss der glücklichen
Lage und dem natürlichen Reichthume des Landes einnehmen sollten. Vergl. Memoria so-
bre 0 descobrimento etc. da Capitania de Goyaz, im Jornal O Patriota. 1814- n- 4- p- 33.
*) Die Octave zu 1500 R. gerechnet — 16 fl. 40,5 kr. bis 20 fl. 50,62 kr.
**) Ein Metzen Mais soll bisweilen 20 — 24 fl-, ein Metzen Mandioccamelil 30 fl., das erste
Mutterschwein, welches in die Gegend kam, 336 fl. und die erste Kuh zwei Pfund Goldes
gekostet haben.
***) Die Kopfsteuer, welche für jeden Goldwäscher halbjährig entrichtet werden musste, betrug
zwei Octaven und zwölf Vintems Goldes, oder 3562,5 R- — 9 A- 54,0468 kr.
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