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Schafte der edlen Buritipalme erheben. Vorzüglich in dem tiefsten, quellenreichen
Theile dieser Gründe tritt die Palme zu lichten Wäldern, oft
von unübersehbarer Länge zusammen. Der W e g läuft bald längs diesen
Hainen hin, worin die Bildnerin Natur gleichsam die edelsten Verhältnisse
und Formen im Baue vegetabilischer Säulen beurkundet, bald durchkreuzt
er die Niederungen und geht auf den Höhen fort, welche mit zerstreuten,
niedrigen, krummästigenTaboleiro-Bäumen besetzt sind*). Mancherlei
Gräser, zartfiedrige Acacien, Myrten, Cassien von wunderlicher
Gestaltung der Blätter und wohlriechende Lippenblumen sind hier eben so
zahlreich, als buntfarbiges Gefieder und die vielartigsten Ameisen, welche
ihre kunstreichen Wohnungen Von Lehm und Erde, thurmähnlich und sechs
bis acht Fuss hoch, aufbauen, oder an den Aesten der Bäume, hängenden
schwarzen Bienenkörben ähnlich, aufführen. Die sumpfigen Wiesen leiten
ihre Gewässer dem Rio Carynhanha zu , welcher westlich aus dem
JMcdo Grande, auf denjenigen Abdachungen entspringt, die nach Westen
dem Tocantins, nach Osten dem Rio de S. Francisco ihre Gewässer
zuführen, und, nach den Berichten der Einwohner, Sandsteinformation
darbieten. Hie und da bemerkt man in den Wiesen Teiche von bedeutender
Ausdehnung, wie z. B. die Sete L a g o a s , an denen w ir vorbeizogen.
Das Wasser ist zwar trinkbar, soll aber bei dem Baden ein unerträgliches
Jucken auf der Haut hervorbringen. Es ist unentschieden, ob diese
Eigenschaft von salzigen Theilen des Bodens und vegetabilischen Ex-
tractivstoffen, oder von dem Unrathe der Kaimans und Riesenschlangen
herrührt; fast aber möchte ich, mit den Sertanejos, die letztere Ursache
annehmen, da es bekannt ist, dass nicht nur die Kaimans einen sehr
durchdringenden Moschusgeruch aus der an ihrem Unterleibe, in der Nä.-
he des Afters befindlichen Drüse verbreiten, sondern dass selbst die Excremente
und der Urin der Schlangen und Krokodile einen eigenthümli-
chen, widerlichen Geruch und viel Harnsäure und Ammonium besitzen.
West-nord-westlich von diesen Teichen, wo w ir in der glühendsten
Sonnenhitze an dem kleinen Bache Patos Halt machten, erhielt diese
Vermuthung noch mehr Wahrscheinlichkeit, als w ir uns von der unge-
*) V^pgleiche die Ansicht dieser, mit der Buritipalme gezierten Gegend in M art. Palm. t. 38.
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heuren Menge überzeugen konnten, in welcher diese Amphibien hier die
Sümpfe und Bäche bevölkern. Eines unserer Maulthiere w a r, wie es
diese Thiere bei Annäherung an die Tränke oft zu thun pflegen, vorausgeeilt,
um seinen Durst zu löschen; am Bache angelaifgc, wurde es von
einem grossen Kaiman an der Schnautze ergriffen, und würde wahrscheinlich
in dem ungleichen Kampfe unterlegen seyn, wären die Treiber nicht
zeitig genug zu Hülfe gekommen. In dem Gewässer waren hie und da
solche furchtbare Thiere, und im Schatten der nahen Gebüsche einige
grosse, gleich Ankertauen zusammengerollte Schlangen sichtbar; so dass
w ir nur unter anhaltendem Geschrei und Lärmen überzusetzen wagten, und
es nun zum Gesetze machten, ähnliche Orte nur in gedrängten Haufen,
unter dem* Vortritte des Capataz, und die Thiere durch Schläge und Zuruf
antreibend, zu passiren.
In den sandigen Ebenen hinter A goa Doce hatten w ir noch kein
Gestein zu Tage gehend gefunden, aber an dem Bache Patos tritt ein
sehr weisser, feinkörniger Sandstein, ohne deutliche Schichtung auf, der
uns um so interessanter w a r , als w ir auf ihm einigeVeH'osienstämme und
andere Pflanzen fanden, die uns im Diamantendistricte vorgekommen waren.
Zerstreuet erblickten w ir Trümmer und Fündlinge eines rothen Thoneisensteins
, eine andere Hinweisung auf die Aehnlichkeit dieser Gebirgsbildung
mit der des Minenlandes. Dieselbe Sandsteinformation erschien
uns am folgenden Tage an dem Ribeiräo dos B o y s , einem tiefen Bache,
aufgeschlossen, welcher in den Rio Carynhanha fliesst. Die Anmuth
dieser Gegend, in der frische Wäldchen mit ausgedehnten Wiesen, voll
klarer Quellen, und mit Gruppen majestätischer Buritfpalmen wechseln,
ist unbeschreiblich, und sie wird noch dadurch erhöht, dalre das Land
gleichsam unentw’eiht erscheint von der Hand der Cultur, iÄdern sich die
wenigen Ansiedler fast ausschliesslich mit Viehzuht beschäftigen. Die Gebüsche
beherbergen zahlreiche Hirsche und Tapire, und letztere sind so
wenig scheu,'dass w ir sie, bei Anbruch des Tages, ganz nahe an unserm
Lagerplatze weidend erblickten. Als w ir sie zu Pferde durch das Dickicht
verfolgten, wurden wir von einem .seltsamen Anblicke überrascht: eine
Frau von athletischem Körperbaue, mit Säbel und Flinte bewaffnet, be