Bahia, in seinem eigenen schonen Hotel in der Vorstadt B arril genannt,
anhot. Diesem edeln, geistreichen Manne, dem Freunde unsers vortrefflichen
da Camara, für die mannichfaltigen Beweise von Gastfreundschaft zu danken,
womit er uns überhäufte, ist eine Pflicht, deren ich mich entledigen
muss, ehe ich meinen Lesern ein Bild von der zweiten Hauptstadt Brasiliens
entwerfe, welche sie so eben im Geiste mit mir betreten haben.
Anmerkungen zum zweiten Kapitel.
( i . ) Die Niederschlagung der in die Luft aufgenommenen Feuchtigkeit an die, durch
ihre Wärmestrahlung erkälteten, Körper unter der Form des Thaues dürfte in den Tropenländem
noch manches nicht erklärte Räthsel darbieten. . Warum ist sie z. B. so häufig in gewissen Ländern,
wie in Angola und Benguda, wo sie, unter dem Namen Cazimlo bekannt, einem feinen
Regen ähnlich, während der trocknen Monate die einzige Lebensquelle des fast verbrannten Pflanzenreiches,
aber von den gefährlichsten Wirkungen auf die Gesundheit der Menschen ist? Warum
wird sie in den heissen Gegenden des inneren Continentes von Brasilien, wie in den Provinzen
Bahia, Goyaz, Pemarabuco, JCeara oft Monate lang gänzlich vermisst? Sollte in letzteren
der Ostwind, welcher einen, grosse» Theil des Jahres fest ununterbrochen weht, einwirken?
Gewiss ist, dass die Sertanejos. vo» einem Umsetzen des Windes auf das Ende jener, ihnen oft
so verderblich", Trockenheit schliess'en, und wenn auch nicht Regen, doch wenigstensThau vom
Nor&- oder Südwinde erwarten. Entsprechend dieser Thatsache ist die Erfahrung, dass innerhalb
der beständigen Ostwinde auf dem Meere die Regen selten, dagegen ausserhalb derselben mehr
und mehr häufig sind. Ob die Capacität der Atmosphäre für die Dünste mit der Wärme zunehme
oder nicht, und ob daher die Quantität der Dünste in der Atmosphäre unter gleicher Erkaltung
der Wärme ausstrahlenden Körper die Menge des Thaues bedinge oder nicht, dieses alles
ist uns hier gleichgültiger, als die Frage: warum gewisse Gegenden viel, wenig oder' fast gar
keine Thaubildung zeigen, während'ihre Lage und ihr Klima es anders erwarten lassen? So
wird es beim ersten Blicke befremden, dass man in den Ländern Brasiliens unter dem Aequa-
tor nicht nur den stärksten Thau in allen Monaten, sondern auch eine, fast regelmässige Bewölkung
des Himmels nach Mittag beobachtet.' Sollte man nicht glauben, dass hier, wo die
stärkste Wärme.eine in gleicher Progression zunehmende Verdünstung veranlasst, die Reduction
der atmosphärischen Dünste zur Verdichtung bis zum Thaupimcte am seltensten eintreten müsse ?
Allein dem ist nicht so, und vielmehr liegen die obenerwähnten Gegenden, in welchen die Thau-
bildung selten ist, zum Theil y e it entfernt von der Linie. Um diese scheinbare Anomalie aufzulösen,
dürfte vielleicht mit Recht erinnert werden, dass in jenen Provinzen von Central-Brasi-
lien die Atmosphäre durch die Stätigkeit des Continentalklima, d. h. durch den geringeren Unterschied
zwischen Tag- und Nachttemperatur, und durch die von der Erdoberfläche strahlende
Wärme in grösserem Abstande von der Erde erhitzt wird, dass deshalb diejenigen Dünste, wel-
eha aus der obersten Luftschicht verdichtet herabfeilen, in den niedrigeren von Neuem eine Veränderung
in die DunJfform erfahren, und nun entweder ganz unsichtbar in der Atmosphäre
schweben bleiben, oder ihr jenes fehle, gewitterhafte Ansehen geben, was dort so häufig bemerkt
wird» Dazu kommt, dass viele der erwähnten Gegenden auf ihrer Oberfläche wenig Erde und
viel,, oft nacktes Gestein darbieten, welches die, von der Sonne erhaltene Wärme so schnell
wieder ausstrahlt, dass es während der Nachtzeit zu keinem liquiden Niederschlage aus der noch
immer erhitzten Luft kommen kann; dass, wie. oben erwähnt, abkühlende Winde nur selten eintreten,
und endlich, dass Wasser auf der Erde, sowie Wolken in der Luft, sowohl an sich, als
bedingt durch alle eben genannten Umstände, selten sind und seyn müssen. Ganz andere Verhältnisse
finden in den Aequatorialländern, den Provinzen Parä und Rio Negro, statt. Hier sind
die höheren Luftschichten nicht gleich ruhig, es treten vielmehr fest regelmässige Bewegungen
ein, durch welche die Niederschläge der-Dünste aus dem Luftkreise vermehrt werden. Die Luft
ist sowohl an sich, vermöge ihrer Rarefaction und der höchsten Elasticität der in ihr aufgenommenen
Dünste, als vermöge der, ihr durch die Erdrotation mitgetheilten Bewegung in gleicher
Entfernung von der Erdoberfläche wahrscheinlich unruhiger, und deshalb kälter, oder doch von
mehr unbeständiger Temperatur, als in den ersterwähnten Landstrichen. Nachdem sie die, durch
die kräftige Sonne entwickeltenDünste aufgenommen.hat, lässt sie einen Theil davon nach Mittag
in Wolken zusammengerinnen -oder häufig als Regen-niederfallen, und dieser Process wiederholt
sich, wenn die Sonne ihren Einfluss in den Nachmittagsstunden zum zweiten Male ausgeübt hat,
während der Nacht als Thaubildung. (Beides geschieht in vielen Gegenden der genannten Provinzen
• während eines grossen Theiles des Jahres mit ziemlicher Regelmässigkeit.) Diese Länder
sind überdiess von grossen Flüssen durchzogen, von vielen Seen bewässert, und die Erdoberfläche
besteht in beträchtlicher Tiefe aus Erde oder jlumus, auf welchen sich eine dichte und
sehr hohe Waldvegetation erhebt. Die Momente, wodurch das [Pflanzenreich die Thaubildung
modificirt, müssen hier noch ganz besonders in- Anschlag gebracht werden. Fürs Erste dürfte
nöthig seyn, denjenigen Theil des. Thaues, welcher sich an den Pflanzen als verdichteter Niederschlag
ihrer eigenen wässerigen Ausdünstungen zeigt, von dem atmosphärischen Thaue zu unterscheiden,
den sie vermöge ihrer Wärmeausstrahlung und consecutiyer Erkältung aufnehmen.* Als
Bestätigung von Musschenbroek’s Ansicht von der Erzeugung einer Art von Thau vermittelst der
aushauchenden Gefe'sse der Pflanzen, darf ich anführen, dass wir in jenen Aequatorialgegenden
den Thau in grosser Menge auch an den spiegelglatten harten Blättern der Lorbeerbäume, Hy-
menäen u. s. f. antrafen, welche, gemäss der Theorie der Wärmestrahlung, glatten Metallen
vergleichbar, durch Erkalten keine liquiden Niederschläge auf sich erzeugen würden. Auf der
andern Seite erinnere ich mich, dass unsere Maulthiertreiber in dem dürren Sertäo von Minas
Geraes und Bahia vorzogen, sich auf dem Boden in das dürre Gras, als auf die Rindshäute zum
Schlafe niederzustrecken, welche, so wie unsere Feldbetten^ am Morgen durch den Nachtthau,
befeuchtet waren, während Jene sich mit trocknen Kleidern erhüben. Durch, diese Thatsache
scheint sich zu bestätigen, dass das frische Gras, abgesehen von seiner organischen Thaubildung,
durch seine Wärmeausstrahlung leichter befeuchtet werdfe, als das (mit dem Abtrocknen und Abfallen
der Haare ohnehin glätter, werdende) Stroh. Da aber in den trocknen Gegenden des Ser-
tdo die Vegetation während eines grossen Theiles des Jahres nur in diesem ausgedörrten Zustande
vorhanden ist, so wirkt auch dieser Umstand auf die Thaubildung im Allgemeinen zurück. Das
Resultat dieser Betrachtungen wäre: dass( der -Mangel oder die Gegenwart der Thaubildung in
gewissen Gegenden immer durch viele, in Wechselwirkung aufeinander stehende Verhältnis«,
se bedingt sey. Uebrigens würde es eine interessante Aufgabe für den Physiker sowie für den
Geographen seyn, zu untersuchen, in welchem Verhältnisse die Vegetation selbst, durch ihre
II. Theil. ß o