' V i c r t c s Ka p i t e l .
Aufenthalt in S. Lodz do Maranhäo und in dessen
Umgebungen.
D e r Cidade de S. Lutz do Maranhao gebührt, rücksichtlich ihrer Be-
völkerung und ihres Reichthumes, der vierte Rang unter den Städten Brasiliens.
Sie liegt, auf dem westlichen Theile der Insel, am nördlichen
Ufer einer Landzunge, welche zwischen den beiden Flüssen, oder richtiger
Buchten, dem Rio de S. Francisco im Norden und dem Rio da
Bacanga im Süden, hervortritt. Das ältere und volkreichere Stadtviertel,
Bairro da Praia Grande, welches das Kirchspiel de N . Senhora
da Victoria ausmacht, liegt unmittelbar am Ufer auf einem sehr ungleichen
Terrain. Dié Häuser, zwei oder drei Stockwerke hoch, sind grös-
stentheils aus Sandsteinquadern erbaut, und ihre zweckmässige innere Einrichtung
entspricht dem soliden, jedoch rein bürgerlichen Aeusseren. Die
Strassen aber sind ungleich, zum Theil hügelig, und schlecht oder gar
nicht gepflastert. Die Residenz des Gouverneurs bildet eine ausgedehnte
Fagade, der aber die, einem solchen Gebäude zukommende, Würde und
Eleganz fehlet. Das ehemalige Jesuitën-Collegium, das Rathhaus und das
öffentliche Gefangniss nehmen die übrigen Seiten des ausgedehnten Platzes
vor jenen Gebäuden ein. Weiter landeinwärts breitet sich das zweite
Viertel, Bairro de N. Senhora da Conceigäo, aus; es besteht aus meistens
kleineren, nicht selten mit Gärten und Pflanzungen umgebenen Gebäuden,
unter denen sich eine grosse Caserne, Campo de Ourique genannt,
auszeichnet. Karniess und Gesimse zu diesem Gebäude hatte man,
schon zugehauen, aus Lissabon kommen lassen, allein sie wurden für das
leichte Gebäude zu# schwer befunden, und liegen noch unbenützt. Neben
den beiden l^iptkirchen besitzt die Stadt noch drei besondere Kirchen,
zwei Capellen, die Kirchen der vier Klöster (der Kapuziner, Carmeliten,
Mercenarii und der Nonnen vom Gelübde des hl. Augustinus), eine andere
für das Militär, und eine, welche zu dem allgemeinen Kranken- und Versorgungshause
(Caza da JMisericordia) gehört. Es ist merkwürdig, dass
mehrere dieser Kirchen noch in der neuesten Zeit auf Kosten einzelner
Bürger erbaut worden sind. Das Hospicio de N Senhora Madre de
D e o s , ehemaliges Besitzthum der Jesuiten, ist zum Militärspital umgewandelt
worden.
Die Vertheidigungsanstalten dieser Stadt sind im Vergleiche mit
ihrer Wichtigkeit höchst unbedeutend, und überdiess nur mit schwachen
Garnisonen besetzt. Auf einer Anhöhe der nordwestlichsten Landspitze
der Insel, in gleicher Richtung von der Stadt, liegt das kleine F orte de
S. M a r co s , ein befestigter viereckiger; Thurm, mehr geeignet für das
Signalement der ein- und auslaufenden Schiffe, • als zur Beschützung der
Einfahrt. Auf einer andern Landzunge, und unmittelbar am Eingänge
des Hafens, befindet sich das F o r te da Ponta da A r ea ; innerhalb desselben,
ganz nahe an der Stadt stehen noch die Reste eines alten Castelles,
Forte de S. Francisco, welches unmittelbar den Canal beherrscht, in
welchem die Schiffe vor Anker gehen. Von der Landseite fehlen alle
Befestigungen. Es scheint demnach fast, als vertraue man vorzüglich den
gefährlichen Klippen und Sandbänken, womit der Ocean diese Stadt,
gleichsam wie mit einer Schutzmauer, umgeben hat, und an denen so
viele Unternehmungen der ersten Colonisten, wie später der eingedrungenen
Franzosen und Holländer, scheiterten. Zwölf bis dreizehn Seemeilen
im N. der Stadt liegt eine Sandbank, Coroa do M e io , welche das Fahrwasser
nach dem Hafen hin in zwei, .den westlichen und den östlichen
Canal, theilt. Der letztere, häufiger befahrene, wird inOsten von der sogenannten
grossen Bank, Coroa Grande, begrenzt, die sich zwischen
dem nördlichen Ufer der Insel und der Ilha de S. Anna weithin ausdeh