schwachen Periodicität unterworfene, Leben der Wurzel und des Stammes
bis zu einem gewissen Grade unabhängig sey von der, stets nach kosmischen
Perioden eintretenden, Verarbeitung des Pflanzensaftes in den Blättern.
Das Ausschlagen dieser letzteren aber ist besonders darum so merkwürdig,
weil es nach Regen in der kürzesten Zeit, und gleichsam wie
durch Zauberei eintritt. Von dieser Eigenthümlichkeit • der Catingasvegetation
konnten w ir uns öfter überzeugen, indem w ir mitten in dem
ausgebrannten Sertäo, wo alle Pflanzen blattlos standen, Streifen von Wald
und Flur‘ trafen, die im schönsten Grün des Frühlings prangten. “Solche
Striche hatten, wie man uns' berichtete, einen theilweisen Regen erfahren,
und waren somit in der Entfaltung der Knospen den benachbarten
Gegenden plötzlich vorangeeilt. Der Process der KnospenentwiGkelung,
welcher in unserem Klima mehrere Wochen hindurch andauert, wird in
einem oder in zwei Tagen vollendet, und. das Holz der jungen Triebe ruht
daher, vollkommen vorbereitet, oft viele Monate lang, bis zur Entfaltung
der Knospen. Uebrigens scheint diese Eigenthümlichkeit der Catingaswaldungen
auch in der Organisation der Blätter mit begründet^ denn diese
sind hier häufiger, als in einer andern Gegend, mit einem dichten Filze
weisser Haare überzogen, oder von verhältnissmässig dünnerem und
trocknerem Gewebe. Auch der Bau der Wurzeln und Stämme ist vielleicht
öfter, als bisherige Beobachtungen es lehrten, für die Eigentümlichkeiten
dieses Bodens berechnet. Als Beispiel davon ist der Imbu-Baum
(Imbuzeiro, Spondias tuberosa, Arri) zu bemerken, dessen horizontalverbreitete
Wurzeln nahe an der Erdoberfläche in knotige Wulste von
der. Grösse einer Faust bis zu der eines Kinderkopfes aufgetrieben * inwendig
hohl und mit Wasser gefüllt sind. W i r öffneten einigemal diese sonderbaren
Behälter , um den durstigen Lastlhieren Wasser zu verschaffen,
und fanden bisweilen mehr als' eine halbe Maas Flüssigkeit in einer einzigen
Wurzel. Das Wasser war bald ganz klar, bald etwas opalisirend,
und, obgleich lau und gewöhnlich von einem nicht angenehmen harzig*
balsamischen oder etwas herben Beigeschmäcke, dennoch t r i n k b a r D i e
*) Dieses merkwürdigen Baumes geschieht bereits Erwähnung in einer seltenen, zu Rio
de Janeiro' erschienenen Schrift von Manoel. Arruda da Cahara: dissertapäo söbre a utilidade de
estabelezer hortos botanicos no Brazil, deren Uebersetzung sich als Anhang bei Kosters Travels
Thierwelt schien diese ausgebrannte Oede gänzlich verlassen zu haben.
Nur in den kegelförmigen, oft fünf Fuss hohen Ameisenhaufen {Cupims)
bemerkten w ir Leben iind Geschäftigkeit 5 Vögel oder Säugthiere waren,
wie es schien, wasserreicheren Gegenden zugezogen.
In solchen monotonen Umgebungen setzten w ir am 1. März die
Reise fünf und eine halbe- Legoa, bis zu dem Arraycd da Feira de S.
Anna, fort. Die Einwohner dieser ärmlichen Ortschaft boten uns schon
das vollkommene Bild der Sertanejos dar. Der Zweck unserer Reise, den
w ir angaben, schien ihnen unglaublich. Der Stimmführer bewies ihnen
mit triftigen Worten, dass irgend eine geheime Absicht dieser Expedition
zum Grunde liegen müsse. „W ie könnt Ihr glauben, sprach er , dass
man sich um Käfer und Kräuter willen der Gefahr zu verdursten aussetzen
werde? — Die Herren- suchen die Silberblöcke von Monte Santo
auf, und werden gewiss die Mühseligkeiten einer solchen Reise nicht umsonst
auf sich nehmen.“ Diese und ähnliche Bemerkungen überzeugten
uns, dass die Sage von dem mineralischen Reichthume jener Gegend sehr
weit verbreitet sey, und w ir fanden allerdings ein besonderes Interesse dabei,
weil w ir beschlossen hatten , das Meteoreisen von Berndego aufzusuchen,
welches, wie w ir später erfuhren, Veranlassung zu jenen Gerüchten gegeben
hatte. Das Trinkwasser wird hier in Cisternen (Cazimbos) aufbewahrt,
hat gewöhnlich einen salzichten Geschmack, und bringt, ohne verbessernden
Beisatz getrunken, kalte Fieber hervor. Dennoch mussten w ir unsern Schlauch
in Brazil,. from Pemambuco to Seara,. Lond. 1816. 4- befindet. — Die Waldparthiei* dieses unfruchtbaren
Sertäo enthalten vorzüglich die bereits oben (S. 611.) erwähnten Baumarten, und daneben
besonders viele Myrten, Meliacöen, Malpighiaceen und Sapindaceen. Diese Baume sind
oft mit Büscheln parasitischer Loranthen und Viscumarten bedeckt - In dem niedrigen Gebüsche
(Carrasco) herrschen Paullinien, Siden, Hibisken, Tetraceren und eine unzählige Menge von dürren,
filzblättrigen. Crotonen; dazwischen erscheint als Repräsentant der Palmen die Alicun (Cocos
coronata, M.). Die Mutamba (Guazuma ulmifolia, Lam.j liefert zahlreiche Früchte, welche,
obgleich hart,, den durchziehenden Lastthieren dennoch ein willkommenes Futter sind. Grosse
Strecken sind mit dichten Haufen wild^ Ananasstauden überwachsen. Auf sandigen und steinigen
Plätzen stehen einzelne niedrige Kräuter zerstreuet, besonders aus den Gattungen Cassia,
Stylosanthes, Evolvulus, Convolvulus, Richardsonia, Echites. Andere, noch kahlere Gegenden
weisen nur die grottesken.Formen gigantischer Cereusstämme oder turbanähnlicher Melocäcten
auf.