stadt, — die Gravität und Salbung- europäischer Priester und aller-Glanz
der altrömischen Kirche mitten in dem wilden Lärmen extatischer, j» zum
Theile, möchte ich fast sagen, halbheidnischer Neger, und umgeben vqa
dem Getümmel - beweglicher Mulatten gestalten sich zu einem der grossartigsten
Lebensbilder, welches der Reisende irgendwo finden* kann. W ie
in einem Zauberspiegel sieht da der stapnende Beobachter Repräsentanten
aller Zeiten, aller »Welttheile, . aller Gemüthsstimmungen, die ganze Entwickelungsgeschichte
des menschlichen Geschlechtes, mit seinen höchsten
Bestrebungen, seinen Kämpfen, Culminations- und Hemmungspuncten an
sich vorüberziehen, und dieses einzige. Schauspiel, welches selbst London
und Paris nicht darzubieten vermögen, gewinnt an Interesse bei der
Betrachtung: was wohl das vierte Jahrhundert über ein Land heraufführen
werde, das blös in den drei verflossenen schon alle Richtungen und Bildungsstufen
aufzunehmen vermochte, durch welche der Genius der Menschheit
die alte W e lt während Jahrtausenden hindurchgeleitet hat?
Die Schulen von B a h ia , vor der Vertreibung der Jesuiten ganz
in den Händen dieser Gesellschaft, werden auch gegenwärtig durch einige
Mönche, - hauptsächlich aber durch Weltgeistliche versehen. Solche
lehren in dem Gymnasium, wo Griechisch, Lateinisch, Mathematik, Logik
und Metaphysik vorgetragen werden; aber auch die Bürgerschulen,
an denen Laien angestellt sind, stehen unter der Aufsicht der Pfarrer.
Doctor P aiva hat früher auch Unterricht in der Chemie und Naturgeschichte
ertheilt. Für die Bildung der Geistlichen ist, sowie in Rio de Janeiro,
S. Paulo und Villa Rica,, durch ein Seminarium, unter der speciellen Aufsicht
des Erzbischofs gesorgt. Das Studium der Jurisprudenz verfolgen
die hier gebildeten Jünglinge ausschliesslich in Coimbra, das der Medicin
einzelne auch in Edinburg oder Paris. Die reichen Besitzer der Zuckerfabriken
(Senhores de Engenho) , und andere grosse Gutsbesitzer lassen
ihre Kinder gemeiniglich, durch Weltgeistliche unterrichten, denen
zugleich die priesterlichen Geschäfte in den, oft sehr volkreichen Höfen
übertragen *sind. Wenn die Väter und Erzieher dieser Jugend oft eine
unglaubliche Geringschätzung, ja eine Furcht vor ..ausgebreiteter Bildung
an den Tag legen, so darf der Mangel nützlicher Kenntnisse an den
Söhnen nicht befremden. Dessenungeachtet aber' betrachtet man die Senhores
de Engenho als den ersten und einflussreichsten Theil der Bevölkerung
von 'Bahia^ sie selbst Halten sich für den Adel des Landes., und
behaupten, durch ihren äusserordentlichten» Reichthum, die ersten Stellen
in den, hier sehr-gut organisirten Militzen. Letztere beliefen sich in der
Stadt' seihst, zurZeit unserer Anwesenheit, nach den Angaben ihres Marschalls,
* Senhor F elisbeicto Caldeira B.rant P o r t e s , auf mehr als 4000
Mann, und waren in sechs Corps 'getheilt: zwei Regimenter Weisse, eines
von Mulatten, eines von freiefr Negern, eine Escadron leichter Artillerie
und eine andere'' von Cavallerie, welche dem Gouverneur als Ehrenwache
diente, -Söhne der besten Familien zählte, und in .grossem Ansehen stand.
Die disponible Militärmacht der Provinz Bahia bestand damals aus 23,070
Mann; wovon 3, i 38 zur Linie (2,169 Infanterie, 747 Artillerie, 222 Cavallerie)
und- 19,9,32 zu derMilitz (Milicia, Tropa auxiliar) (16,687 Infanterie,
659 Artillerie und 2,586 Cavallerie) gehörten. Da die Militzen
der Stadt aus dem bessern und wohlhabensten Theile der Bürgerschaft
gebildet werden, so tragen sie wesentlich zur Aufrechthaltung der Ordnung
bei, und stnd um ,so nützlicher, als die Polizei aus Mangel an Mitteln
-und wegen, der grossen Menge von Negern, welche zu allen bösen
Streiohen gedungen werden können, ohnmächtig und ohne Consequenz
handelt. In keiner Stadt Brasiliens fallen so viele Meuchelmorde vor, wie
hier. Die Processe gegen die Thäter werden von dem Intendente da
Policia eingeleitet, und sodann an den Ouvidor do Crime verwiesen.
Selten tritt die Todesstrafe, gewöhnlich die Deportation nach Angola oder auf
die Galeeren ein. Der höchste Gerichtshof {JRelagäo) von Bahia, welcher vonD.
F e l ip e II. i. J. 1609 errichtet, darauf von D. F e l ip e III. aufgehoben, nach der
Restauration von Portugal von D. Joäo IV. i. J. i 652 wieder eingesetzt, und
endlich i. J. 1809 dem von Oporto {Casa do Porto) gleichgestellt worden ist,
zählt vierzehn Räthe (Desembargadores), mit dem Ouvidor do Crime, Kanzler
und Präsidenten. Letzterer ist immer der Generalgouverneur der Provinz,
welcher auch in der, aus fünf Mitgliedern bestehenden, obersten Finanzkammer
(Junta da Fazenda R eal) vorsitzet, und, wie in den andern Capitanien, seine
Befehle durch Ajudantes cCordems ausführen lässt. Das Civilgericht erster
Instanz steht unter dem Juiz de F o ra des Termo. Eine grosse Menge