dem Rindviehe dann fast ausschliesslich die Grasweide ersetzen müssen, so
dass ein Misswachs in seinen Früchten die Heerden gefährdet. Neben ihm
erblickten w ir hie und da einen Baum, den ^ man füglich unter die Wunder
im Reiche der Flora zählt. Der sechzig bis siebenzig Fuss hohe
Stamm der Barriguda (Pourretia tuberculata, Mart. *) ist in der Mitte
nicht selten auf einen Durchmesser von fünfzehn Fuss angeschwollen, und
führt das ungewohnte Bild eines fassförmigen Stammes v o r , welches dem
Reisenden um so mehr auffallt, als in dieser armen Landschaft dem Auge
nur selten grossartige Formen begegnen, und der Baum während der
trocknen Monate entblättert steht. Bei dem Anblicke dieses riesenhaften
Gewächses wird man an die colossalenThiere der Urwelt erinnert, gleichsam,
als dürfte man auch in ihm den Ueberrest einer älteren, an Masse
reicheren Vegetation erblicken. Das Innere des Stammes ist jedoch nicht
mit dichtem Holze, sondern mit einem sehr schwammigen Marke erfüllt,
dessen »ich die Sertanejos statt des Korkholzes bedienen.
Das Arraycd Carynhanha, auf der Nordseite und nicht weit vom
Ausflusse des Carynhanha in den Rio de S. Francisco gelegen, ist das
südlichste Dorf in der Provinz Pernambuco, welche sich westlich von dem
letzteren Strome um die Provinz Bahia herumzieht. Dieser südlichste
Theil der Provinz, zwischen dem Strome und den Provinzen von Piauhy
Und Goyaz, wird wegen seiner grossen Entfernung von der Hauptstadt
früher oder später als eigene Provinz getrennt werden, und zur Zeit unserer
Anwesenheit vermuthete man seine Erhebung zu einer Comarca
oder Ouvidoria, als deren Hauptort Pilao Arcado genannt wurde. Viehzucht
und Salz machen den Reichthum dieses ausgedehnten Districtes aus,
und letzterer Artikel belebt vorzugsweise den Handel in Carynhanha und
in der gegenüberliegenden Grenzstation von Minas Geraës, Malhada. An
diesen Ort hatten w ir von Salgado aus auf dem Strome unser überflüssiges
Gepäcke abgeschickt, und mehrere Kranke beschieden, welche unsere
*) Pourretia (Cavarullesia) tuberculata: trunco enormi medio intumido, cortice suberoso - tu-
berculato, foliis lato-ovatis obtusiusculis basi cordatis subtus pubèscentibus, tomento inter alas fruc-
tus fuscidulo pruriente, Mart. Die Saamenkeme, vom Geschmacke der Mandeln, werden von
den Sertanejos roh und gebraten gegessen.
ärztliche Hülfe wünschten. W i r verliessen daher am 24* Sept. Carynhanha
, dessen gastfreundliche Einwohner die höhere und gesündere Lage
ihres Ortes vorder von Malhada geltend machten, und setzten auf einem
grossen Boote über den Strom nach diesem Registo über, wo w ir die Beruhigung
hatten, unsere Sammlungen wohlbehalten in Verwahrung des
Sargente Mör Senhor Thome' Ignazio R ibeiro anzutreffen. Dieser würdige
Mann theilte uns einige der officiellen Listen über die Ein - und Ausfuhr
durch das von ihm als F iel, Zolleinnehmer, verwaltete Zollamt
mit, welche dem Leser eine richtige Ansicht von den Handelsbeziehungen
dieser Gegend geben werden. ( 3. ) Diese Zollstation ist , neben der minder
einträglichen von Rio P a rd o , die einzige zwischen den Provinzen
von Bahia und Minas Geraes, und sie soll dem Staate jährlich sieben bis neun
tausend Crusados (etwa 9,333— 12,000 Gulden) eintragen. Malhada liegt
auf der Hauptstrasse zwischen der Stadt; Bahia, Goyaz, Matto - Grosso und
Cujabä, auf welcher jährlich zehn bis Zwanzig grosse Maulthiertruppen
hin und her ziehen. Da von der Arroba der verschiedenen europäischen
Fabrikate (Fazendas do Reynoi) eben so wie vom Weine und sogar von
Eisenwaaren einhundert und zwanzig Reis (drei Gulden acht Kr.) Zollgebühren
entrichtet werden müssen, so ist die Rente, selbst bei geringer Verbindung
dieser so entfernten Gegenden, nicht unbeträchtlich, und da die Transito-
zölle sich auch in Goyaz für die weiter zuführenden Waaren wiederholen,
so wird es erklärlich, wie manche selbst unerhebliche europäische
Fabrikate an der westlichen. Grenze Brasiliens nur mit Gold aufgewogen
werden können. Das an den Ufern des Rio de S. Francisco in den
Provinzen Bahia und Pernambuco gewonnene Salz wird in Säcken aus
rohen Ochsenhäuten {Surroes) eingeführt, und für jeden, dreissig bis vierzig
Pfunde schweren Sack werden hundert Reis (sechzehn Kr.) Eingangsrech-
te bezahlt. Nächstdem bringt man Taback, Wein, Oel ein, und die Provinz
Minas sendet dagegen Mandioccamehl, Mais, Bohnen, Speck, gesalzenes
und getrocknetes Fleisch, Wa chs, Häute und bräune Zuckerbröde.
Da die nördlichen Provinzen nicht selten von langwieriger Dürre und
Misswachs heimgesucht werden, in ihrem Innern auch wenig bevölkert
undcultivirt sind, so hängen sie zum Theile von dieser Zufuhr ab , wobei
den Mineiros das in bedeutender Menge dagegen eingeführte Salz für ihre