[Dasypus septemcinctns und Myrmecophaga tetradactyla) begegneten
uns zwischen in hohe Wälle aufgeworfenen Cupims geschäfliger Ameisen,
und träge Faulthiere [Bradypus tridactylas) hingen dumpf hinbrütend an
den weissen Aesten der Ambauba (Cecropia p eit ata) , die sich hie und
da zwischen den übrigen Bäumen erhob. Heerden von Brüllaffen Hessen
sich' aus der Ferne vernehmen. Das hohe, dürre Gras war von wimmelnden
Ballen kleiner Carabatos bedeckt, die sich, wenn w ir sie zufällig
berührten , mit Blitzesschnelle über uns verbreiteten und ein bösartiges
Jucken erregten. Nicht selten raschelte an den eilig Vorüberjagenden
eine Schlange durch’s Dickicht hin. Zweimal führte uns der Pfad, nachdem
w ir zwei Legoas von Sucuriuh den kleinen Rio Setuval, und drei
Legoas weiter den noch unbedeutenderen Rio Gravata, beide Tributäre
des A ra ssu a h y , passirt hatten, aus der waldigen Tiefe der Thäler auf
steile, mit niedrigem Gebüsche bewachsene Höhen, wo w ir eine monotone
Aussicht über die traurige Waldeinsamkeit vor uns hatten; als wir
aber immer wieder in die Waldung herabkamen, die Sonne zwischen
den dürren Aesten unterging, und sich plötzliche Dämmerung um uns
ausbreitete, merkten w ir dem ängstlich werdendenden Führer an, dass er
selbst den W e g verloren habe. In dieser Noth erkannte Jener in einem
Nebenlhale, zwischen Gebüschen versteckt, das Haus einer ihm wohlbekannten
Familie, und rieth uns, dort die Nacht zuzubringen; doch, setzte
er zögernd hinzu, reiten Sie, meine Herren, allein voraus, denn * würde
ich sogleich erblickt, so müsste der Sohn des Hauses glauben, ich
käme, ihn vor Gericht zu holen, wegen des neuerlich von ihm verübten
Brudermordes. Schaudernd ritten w ir vor das Haus; ein Greis, von
Gram gebeugt, dessen ehrwürdiges Antlitz schneeweisses Haar umlockte,
hiess uns mit bebender Stimme willkommen, und betheuerte, dass er
mit der wahnsinnigen Tochter allein zu Hause sey. Als w ir ihn über
unsere Absicht beruhigt hatten, und der Meirinho herbeigekommen,
brach er in laute Wehklagen und Verwünschungen seiner Söhne aus,
deren Einer vor wenig Jahren aus Eifersucht auch den Oheim getödtet
hätte. Mit Entsetzen sahen w ir uns vor diesem mit Blut befleckten
Hause des Jammers, und befahlen dem Führer uns lieber zurückzn-
fuhren in die unbefleckte Einsamkeit des Waldes; Der Greis zeigte un9
den Pfad zum Hauptwege zurück, und w ir fanden nicht weit davon die
Hütte einer verlassenen Baumwollenpflanzung, vor der w ir ein grosses
Feuer anzündeten. Die Mühseligkeiten des heissen Tages hatten uns sehr
ermattet, doch konnten w ir keinen Schlaf Anden; immer kehrte das Bild
des unglücklichen Greises zu uns zurück, und der Meirinho hielt uns mit
den Erzählungen vieler Mordthaten wach, die, nach seiner Versicherung im
Termo von Minas Novas so häufig vorkämen, dass in einem Jahre sieben und
zwanzig im andern achtzehn gezählt worden seyen. E r bemerkte auch, dass
eingewanderte Portugiesen viel häußger die grösste Ausartung und Sittenlo-
sigkeit an ihren Kindern erlebten, als gebohrne Brasilianer, und wollte
dies besonders durch mangelhafte Erziehung im Verhältniss zu den Scla-
ven des Hauses, an die man in Europa nicht gewöhnt sey, erklären.
Selbst, die Nacht auf einen solchen Tag voll trauriger Eindrücke sollte
noch ihr Entsetzen haben. W i r waren kaum eingeschlafen, als w ir durch
ein heftigeres Prasseln des Feuers und ein eigentümliches Pfeifen und
Schnarchen geweckt wurden. Als w ir , das Gewehr in der Hand, aus
der Hütte treten wollten, hielt uns der wohlerfahrne Führer mit Aengst-
lichkeit zurück, und zeigte uns eine grosse Schlange, welche mit wüthen-
den Springen und. Windungen die Feuerbrände auseinander zu schleudern
suchte. Es war die sogenannte Surucucü (Bothrops Surucucü, S p ix
Serp. t. 23. Trigonocephalus A le c to , Cuv.) die stärkste unter den Giftschlangen
Brasiliens, welche sich durch diese Eigenheit bei Nacht doppelt
furchtbar macht. W i r thaten mehrere Schüsse auf das Unthier, wagten
aber nicht, es bei Nacht aufzusuchen, nachdem es stille geworden war.
Am andern Morgen war es in der Nähe nicht zu Anden, aber die Pferde,
deren Vorderfüsse w ir mit Schlingen zusammengebunden hatten, standen/
immer noch ängstlich an einander gedrängt am Eingang des Waldes, von
wo aus sie 'wahrscheinlich dem Ueberfalle jenes gefährlichen Thieres zugesehen
hatten.
Der anbrechende Morgen fand uns beschäftigt, ein frugales Frühstück,
aus geschabtem braunen Zuckcrbrode ( Rapadura) und Manioc-
mehle (Farinha de pao) mit Wasser angerührt, zu bereiten, und darauf
setzten w ir die Reise nach Agoada Nova fort. So heissen die in
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