Temperamente der Einwohner, häufig getragen. Einen Theil nehmen die
Sertanejos von ihren Besuchen der Hauptstadt zurück, ein anderer ist für
die Negerinnen bestimmt, welche, besonders' wenn sie den reichen Zuckerfabrikanten
augehören, ihren Sonntagsputz von weissen Mousselinklei-
dern und reichen Spitzen durch den Glanz solcher Ketten erhöhen. Einige
Schritte weiter stossen w ir auf den Fischmarkt. E r ist nicht so reichlich
wie der von Rio de Janeiro versehen, und geeignet durch den Anblick
seiner Unreinlichkeit den reizbaren Europäer sogleich weiter zu treiben.
Wohin immer aber sich dieser wenden möge, überall wird er in
dem Gedränge der P ra ya seinen Geruchsinn und sein feineres Gefühl für
das Schickliche beleidigt finden. In dem Gemische der verschiedenen Menschenragen
muss der Europäer gewisse Ansprüche aufgeben.
Scheu und ermüdet drängen w ir uns durch die Reihen von Mulatten,
welche hier, auf niedrigen Tabouretten mit- Schneiderhandwerk beschäftigt,
die Strasse versperren, und gelangen in die Börse, wo uns europäische
Reinlichkeit in dem geschmackvoll dekorirten und mit köstlichen
Holzarten getäfelten Saale begegnet. Doch müssen w ir uns wundern, selbst
zur Börsenzeit nur eine geringe ’Gesellschaft zu finden; die brasilianischen
Kaufleute sind noch nicht gewohnt, ihre Geschäfte gemeinschaftlich in der
Halle abzumachen. "Wenn w ir dieses Gebäude verlassen, ladet uns ein
brauner Sacristan, in ein rothes Mäntelchen gekleidet, mit der den Mulatten
eigenen Zudringlichkeit ein, das Fest in der benachbarten Kirche
de Nossa Senhora da Conceigäo zu besuchen. W i r folgen ihm durch
dichte Haufen von Neugierigen, und steigen die Stufen zu demThore dieses
Tempels hinan,» welcher unmittelbar am Ufer erbaut ist, und zwar
keinen grossartigen reinen Styl an der, von europäischen Quadern aufgeführten
Fagade beurkundet, jedoch unter den Kirchen Bahia s mit Auszeichnung
genannt zu werden verdient. In dem Vestibül der Kirche erwartet
uns ein ganz ungewohntes Schauspiel: die Wände, desselben sind mit
bunten Reihen englischer und französicher Kupferstiche. behangen, durch
welche man, wenn auch nicht die Andacht, doch den Zufluss von Neugierigen
zur Kirche zu vermehren berechnete. Seltsam genug erscheinen
hier Leda mit dem Schwane neben Marschall B lücher , der Einzug
der Verbündeten in Paris neben der Resurrection des Herrn, und die Porträts
eines hohen Monarchen .und seines Premierministers neben Amour
und Folie und einer niederländischen Schenkstube nach Ostade. Das Publicum
schien an der Unschicklichkeit dieser Ausstellungen kein Arges zu
finden, und wallte nach Beschauung derselben in dichten Zügen in die
Kirche und an die Opferstöcke.
Auch das Arsenal und die königliche Schiffswerfte befinden sich in
diesem Theile der Stadt. Das erstere ist reichlich mit allen Bedürfnissen
ausgestattet, und kann mehrere Kriegsfahrzeuge in kurzer Zeit ausrüsten
und bewaffnen. Das Schiespulver für die brasilianische Flotte, welches
man zum Theil in der Gegend von Bahia selbst, östlich von der Stadt
fabricirt, wird in den Casamatten des Seeforts (Forte do Mar) aufbewahrt.
Die königlichen Werften sind nicht gross, und deshalb findet
man selten mehrere Fahrzeuge gleichzeitig in Arbeit, aber sowohl rücksichtlich
der Construction als des Holzmaterials zeichnen sich die hier erbauten
Schiffe vor allen übrigen in Brasilien aus. Kauffahrteischiffe werden
vorzüglich in den Werften von Tapagipe, eine und eine halbe Legoa
nordöstlich von der Stadt, erbaut. Die Oertlichkeit gestattet hier, auch die
grössten Schiffe vom Stapel zu lassen. (1 '.)
Nach der Besichtigung dieser Gebäude wendet sich der Fremde
mit Vergnügen der obern Stadt (Cidade altd) zu, um sich aus der Unreinlichkeit
und dem Gedränge des schwülen Strandes zu retten. An den
steilen, zum Theil mit Backsteinen gepflasterten Abhängen, welche den
Gebrauch der Pferde fast unmöglich machen, findet er miethbare Palankins
{Cadeiras), und zwei rüstige Negersclaven bringen ihn mit Schnelligkeit auf
die Höhe, wo ihn eine ungewohnte Stille empfängt, und erfrischende Seewinde
ihn abkühlen. Die Häuser in diesem Theile der Stadt sind meistens
von Steinen erbaut, drei bis fünf Stockwerke hoch, und zum Theile von
geschmackvollem Ansehen, im Innern derselben vermisst man aber fast
überall eine gewisse Bequemlichkeit, wodurch die Reinlichkeit der Strassen
nicht gewinnt. Eine breite Strasse stattlicher Häuser fuhrt aufwärts
nach dem Theater, von dessen Baikone man einer schönen Aussicht auf die
II. Theil. g j