jedoch selten. Die Haupttormation der umliegenden Gegend macht Quarzschiefer,
Eisenglimmer und Thonschiefer aus; auf dem nördlichen Ufer
des Rio das y e lh a s bricht auch ein sehr schöner fleischrother und weis-
ser, dichter Marmor. Es war noch nicht Mittag, als w ir Sabarä erreichten.
Da w ir es für unzweckmässig hielten, die gewohnte Tagreise der
Lastthiere abzukürzen, so wurde der Trupp nach dem drei L egoas ostsudöstlich
entfernten Flecken Caite voraus beordert, w ir selbst aber besuchten
den Juiz de f o r a , an den w ir Empfehlungsbriefe von Rio de
Janeiro und y illa Rica zu übergeben hatten. Eine angenehmere Bekanntschaft
als die des S enh o r T e x e ir a , eines gebomen Portugiesen, hätten
w ir nicht machen können; denn dieser feingebildete, liebenswürdige Mann
war ein eben so grosser Freund der Naturgeschichte, wie der Jurisprudenz.
Als er uns in seine Bibliothek führte, fanden w ir zu unserem
grossen Vergnügen, neben mehreren englischen und französischen Büchern,
auch B uf fon s Werke und unseres Landsmannes G m e l in Ausgabe von
L in n a eu s . Den Garten des Hauses schmückten Alleen köstlicher, mit
Früchten beladener Pomeranzenbäume, mehrere Arten europäischen Zwergobstes
und brasilianischer Myrten, welche versuchsweise cultivirt wurden,
und deren Früchte schon durch die Pflege weniger Jahre an Saft und
Aroma gewonnen haben; besonders gedeiht hier vortrefflich die Jabuti-
cäbeira [My r tus caulißora Mart.). Unser freundliche Wirth beredete uns,
bei ihm dem Mittagsmahle in Gesellschaft einiger einheimischen Beamten
beizuwohnen; die Gesellschaft enthielt, den Juiz de fo r a und uns ausgenommen,
lediglich eingeborne Brasilianer. Die Tafel war mit geschmackvollem
Silbergeräthe und den Leckerbissen aller A r t, nicht blos Brasiliens,
sondern auch Europa1 s besetzt. Es dauerte nicht lange, so ward
die Vergleichung Europa’s mit Brasilien Gegenstand des Gespräches. So
sehr auch w ir beide uns bemühten, die Vorzüge unseres europäischen
Vaterlandes vor jenen Brasiliens darzuthun, so bestand doch die Mehrzahl
der Stimmen darauf, ~ dass Brasilien, sowohl seiner Lage als dem Reich-
thunie seiner Producte nach unabhängig sey, und sich die von uns angerühmten
Vorzüge des Geistes und der Industrie allmälig aneignen werde.
W ährend dieser lebhaften Debatte sahen wir'beide Fremdlinge einander an,
und ein Jeder drückte dem Andern sein Erstaunen aus, dass, ehe sich noch
das europäische Erbe an mechanischen und künstlerischen Kenntnissen
ausgebildet habe, jenes der Gedanken schon einheimisch gemacht sey.
Da das Reich der Gedanken sich mit der Schnelligkeit des Lichtes in einer
gesetzmässigen Ebbe und Fluth verbreitet, so ist, bei der geistigen Lebhaftigkeit
der Brasilianer,. die Tendenz dieses Landes schon aus ähnlichen,
häufig vernommenen Gesprächen zu erkennen.
Nur ungerne nahmen w ir von der muntern Gesellschaft und dem
geistreichen Wirthe Abschied und ritten noch am Abende dem Trupp bis
Caete nach. Eine neue, breite, schön gepflasterte Strasse führt durch eine
Thalschlucht, war aber nur bis zur Hälfte der Entfernung Zwischen beiden
Orten fertig geworden. Die Gebirge, über welche sie hinzieht, sind in der
Tiefe mit dichter Waldung umkränzt, und gegen die Höhe hin mit der
lieblichsten Camposvegetation geschmückt. Kaum hatten w ir den IVTorro
de y a le r io erstiegen, und ritten gegen einen andern Berg aufwärts,
als sich die Sonne zum Untergänge neigte, und sich bald darauf um uns
her eine so dichte Finsterniss ausbreitete, dafs w ir stets der Stimme des
Führers bedurften, um nicht vom Weg e ab, in die nahen Abgründe zu
gerathen. Für diese Gefahr entschädigte uns jedoch die Herrlichkeit des
Sternenhimmels, welcher allmälig aus der Finsterniss glänzend hervortrat,
und zu unserer Freude das lange entbehrte Bild des grossen Bären wieder
zeigte. Spät in der Nacht erreichten w ir Caete, wo w ir den Trupp in
guter Ordnung fanden.
Caete, sonst auch y illa Nova da Rainha genannt, ein kleiner, sehr
unregelmässig und ausgedehnt gebauter Flecken, liegt in einem schönen
fruchtbaren Thale, nahe am Fusse der Serra de Piedade. Der Boden
besteht im Thale grösstentheils aus rothem, goldhaltigem Letten, der
fleissig auf Gold bearbeitet wird. Der Bruder des Intendanten des Dia-
mantendistrictes, Senhor Doutor da Camara besitzt in der Nähe eine ansehnliche
Lavra, die besonders in Quarzgängen goldreich ist. Mit Anbruche
des nächsten Tages machten w ir eine Excursion auf die nahe Serra
de Piedade. Dieses Felsengebirge erhebt sich nordwestlich von der Villa,
ganz isolirt aus dem Thale , am Fusse ringsum bis zur Mitte mit niedri-
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