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 Reise  durch  den  Sertäo  an  den Rio  de  S.  Francisco. 
 D a s   Tafelland,  welches  von  den  beiden  Flüssen  Jequetinhonha  und  
 Arassuahy  begrenzt  wird ,  und  sich  in  Nordosten  bei  der  Vereinigung  
 derselben  zuspitzet,  dürfte  kaum  irgendwo  2000  Fuss  über  dem  Meere  
 erhoben  seyn,  und  zeigt  keinen  hervorragenden  B e rg,  jedoch  bddet  im  
 nördlichen  Theile  eine  Reihe  höherer  Hügel,  die  durch  dm  Mitte  desselben  
 hinlaufen,  eine  deutliche  Wasserscheide  gegen  genannte  flö s se  
 hin.  Diese  Hügel  überschritten  w ir   auf  dem  W eg e   von  S.  Domingos  
 nach  der  Fazenda  de  S.  Joaquim,  wo  w ir   die  Nacht  zubrachten,  und  
 am  folgenden  Tage,  immer  in  der  Richtung  Von  N.  O.  nach  S.  W . ,   bis  
 w ir   in  den  allgemeinen  W e g   von  Tejuco  nach  dem  Sertäo  fielen,  der  
 uns  in  westlicher  Richtung  an  den  Rio  Jequetinhonha  führte.  Dichtes  
 Gestrüpp  bedeckt  die  Gegend,  welche  sich  uns,  so  weit  das Auge  reichte,  
 in  den  Horizont  zu  verlieren  schien;  nur  gegen  W .   schwamm,  wie  eme  
 blaue  W o lk e ,  die  Serra  de  S.  Antonio  in  kühnen  Umrissen  vor  uns.  
 W i r   setzten  in  Porto  dos  Angieos  über  den  Strom,  der  hier  über  
 Quarzschiefer  fliesst,  und  befanden  uns  jetzt  nach  dem  Redegebrauch  der  
 Mineiros  in  der Wüste,  Sertäo.  Dass der Fährmann,  welcher uns  freundlich  
 Herberge bot,  ein  ehrwürdiger  Greis,  sich  als  Franzose  von  den  schönen  
 Ufem  der  Garonne  zu  erkennen  gab,  nahmen  w ir   als  ein  gutes  Vorzeichen  
 beim  Eintritt  in  diesen  so  übelberüchtigten  Landstrich.  Die Gegend  
 erhebt  sich  allmälig  bis  zum  Fuss  der  Serra  de  S.  Antonio,  an  welcher  
 man  zwei  sich  hintereinander  hinerstreckende  Bergreihen  unterscheidet. 
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 Der  Hauptstock  der  ersten  Reihe  springt *wie  ein  grosses  Kastell  hervor.  
 Bis  auf  dreitausend  Fuss  Höhe  ist-die  Landschall  mit  dichtgedrängtem Ta-  
 boleiro  besetzt,  welches  sich  über  schönem  Capim  ausbreitet;  weiter  aufwärts  
 erscheinen  Bäume  und  Gesträuche  nur  selten.  W i r   durchzogen  
 diese  Gegend  in  zwei  kleinen  Tagmärschen,  kaum  sichtbaren  Pfaden  von  
 Morro  Retondo  nach  IVtunbucas  und  Bananal  folgend.  Die  Besitzer  
 dieser  Meierhöfe  beschäftigen  sich  fast  ausschliesslich  mit  Viehzucht.  Als  
 w ir   von  hier  aus  den  zweiten  und  höheren  Gebirgsstock  der  Se rra   de  
 S,  Antonio,  oder,  wie  sie  bisweilen  genannt  wird ,  do  Gram  Mogol,  
 überstiegen,  war  es  uns.  sehr  auffallend,  die  Physiognomie  des  Dia-  
 mantendistrictes  und  die  demselben  e ign en   Pflanzen  wieder  zu  finden:  
 kahle  Flächen  boten  den  schönen  weissen  Quarzsand  oder  die  glänzenden  
 Quarzschieferbänke  dar,  tiefe  natürliche  Brunnen  im  Gesteine  waren  mit  
 kühlem  Quellwasser  gefüllt,  hie  und  da  erhoben  sich  baumartige  Lilien  
 zwischen  den  niedlichen  Blumen  und  Gräsern  von  Tejuco.  Doch  hatte  
 eine  stechende  Sonne  hier  bereits  das  saftige  Grün  der  Vegetation  aufgetrocknet, 
   und  statt  der  kühlen  Bergluft  des  Diamantendistricts  umgab  uns  
 eine  heisse,  leichte,  trockne  Atmosphäre.  Im  Jahre  1781  wurden  Diamanten  
 in  diesen Gegenden  gefunden,  und  bald  darauf  ein Quartel  auf dem  
 oberen Theile des Gebirgs  errichtet,  welches  auch  jetzt  wider  den unerlaubten  
 Verkehr der Grimpeiros  besteht.  W i r   umgingen  den  Gipfel  des  Berges,  
 der  vielleicht  viertausend  dreihundert  Fuss  hoch  seyn  dürfte,  auf  der  linken  
 Seite,  und  wendeten  uns  nach  dem  Flüsschen  Itacambirussü,  das  
 seine  klaren  Wellen  dem  Jequetinhonha  zufuhrt.  An  der Westseite  dieses  
 Flusses  bemerkten  w ir   an  einigen  Stellen  Granit  zu  Tage  ausgehen,  
 sonst  aber  ist  hier  die  Formation  des  Gebirgs  überall  Quarzschiefer,  
 und  auf  dem  Felde  findet  man  grosse  Fündlinge  eines  weissen  Quarzes,  
 der  mit  grünlichgrauem  Asbest  gemengt  ist,  und  eines  sehr  zartfaserigen  
 Faserquarzes.  Letzteres  schöne  Fossil  ist  von  bläulichgrüner  Farbe,  
 schwachschimmernd,  auf  den  Absonderungsflächen  röthlich-eisenschüssig  
 und  durchsichtig.  Die  Meierhöfe  werden  immer  seltner  und  ärmlicher.  
 Ausgedehnte  Umzäunungen  {Curraës),  worin  das  Vieh  von  Zeit  zu Zeit  
 versammelt  wird ,  oder  die  Nächte  zubringt,  deuten  zwar  auf  zahlreichen  
 Viehstand  hin,  allein  dieser  giebt  bei  dem  Mangel  an  Verkehr  keinen 
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