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 gen.  Die  Maulthiere  und  Pferde  wurden  zur  Nachtzeit  mit  zusammengebundenen  
 Füssen  auf  die W eide  gelassen,  und,  so wie w ir   selbst,  vor  dem  
 Ueberfalle  von  Raubthieren  durch  zahlreiche  Feuer  geschützt,  mit  denen  
 w ir   unseren  Bivouacq  umgaben.  Während  der  Wachten,  die  w ir   abwechselnd  
 mit  unseren  Leuten  zu  halten  pflegten,  hatten  w ir   Gelegenheit,  
 die  Schönheit  der  tropischen  Sternennächte . zu  gemessen,. und  wir  freuten  
 uns  jeden  Tag,  während  des  Genussesy  den  uns  der  vielartige  Reichthum  
 der  Gegend  an  Pflanzen*)  darbot,  auf  diese  einsamen,  der  Beschaulichkeit  
 und  Erinnerung  an  das  Vaterland  geweihten  Stünden.  Am  fünften  
 Tage  wendeten  w ir   uns  von  dem  Flusse  ab,  auf  die  allmälig  gegen  die  
 Kalksteinkette  des  Rio  de  S.  Francisco  ansteigenden  Ebenen.  Hier  trafen  
 w ir   die Kalksteinformation  wie  an  dem  genannten Strome  herrschend,  und  
 demgemäss  sehr bald  auch  eine  andere  Vegetation:  statt  der  saftigen Wiesen, 
   trocknes  herbstliches  Gebüsche  oder  niedrige  lichte  Waldungen.  Ein  
 Trupp  Jäger,  dem  w ir   begegneten,  lud  uns  zu  einer Jagd  nach  den  hier  
 häuflgenHirschen  ein;  wir  setzten  daher mit  ihm  an  einer  seichten  Stelle  
 über  den  Carynhariha  und  kamen  am  Mittag  gegen  den  Fluss  zurück,  
 an  dessen  nördlichem  Ufer  wir  nun  bis  zü  seiner  Mündung  in  den  Rio  
 de  S.  Francisco  fortzuziehen  hatten.  Dieser  Fluss,  der  hier  die  Grenze  
 zwischen  Minas  und  Pernambuco  bildet,  strömt  an  einigen  Bergen  hin,  
 welche  westliche  Aeste  der,  den  Rio  de  S.  Francisco  begleitenden,  
 aber  in  dieser  Breite  weiter  von  dessen  Ufern  entfernten  Kalksteinkette 
 *)  -Die  Wiesen  dieser  schönen Gegend  bieten  neben  den mehr  allgemein  verbreiteten Grasarten, 
   wie Melinis  minutiflora,  Pal. Beauv.,  Eragrostis 'verticillata,  inconstans,  Vahlii,  Arundinella  
 pallida,  Panicum  procurrens,  Nees  v.. Esenb.  in Mart.  Flor.  Bras.,  Paspalus  papillosus  Spr.,  
 Paspalus  conjugatus,  Berg., Chaetaria  dapillacea R.  Sch.  u.  s.  f. mehrere  minder  verbreitete, wie  
 Paspalus  angustifolius,  Panicum  junceum,  decipiens,  Oplismenus  Minarum,  Vilfa  elatior,  Nees  
 v.  Esenb., ^ebendas.),  Vilfa  aenea  Trin.  und .Oplismenus  loliaceus  Humb.  K.  dar.  Sie  zeichnen  
 sich  vor  den  Wiesen  des  Hochlandes  von Minas  durch  ihren  dichten,  gleichartigen  und  saftig  
 grüheh  Rasenteppich  aus,  und .werden  zum  Unterschiede  von  jenen,  den  Campos  agrestes,  Cam-  
 pos  mimosos  genannt,  eine Benennung,  die  iti  den  nördlichen Provinzen  noch  gebräuchlicher  ist.  
 Neben  den  Palmen Mauritia  armata,  vinifera,  Attalea  compta,  Bactris  campestris,  M.,  erschienen  
 hiejr  besonders  Xylopia  sericea  und  grandiflora,  Salvertia  convallariaeodora,  St.  Hil.,  Kielmeyera  
 petiolaris,  coriacea,  Amphilochia  dichotoma,  Qualea  multiflora,  parviflora,  Vochysia  rufa,  pyramidalis, 
   (Mart.  Nov.  Gen.  t.  69.  70.  77.  80.  81.  86.  90.),  Anacardium  occidentale,  L.,  mehrere  
 Arten von Malphighia,  Banisteriu,  Palicurca,  Myrtus,  Psidium  u.  a.  m. 
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 sind.  Sie  stellen  isolirte,  viereckichte,  gegen  Wésten  abhängige,  bald  
 überall  bewachsene,  bald  nackte,  in  tiefe  Furchen  und  Höhlungen  ausgeschnittene  
 oder  seltsam  ausgezackte  Felsenberge  dar,  deren  einen  ich  von  
 unserem  Lagerplatze  aufzunehmen  Gelegenheit  hatte *). 
 Bei  der  Untersuchung  dieser  Kalksteinberge,  in  denen  man  lose  
 Schwefelkiesnieren  findet,  stiess  ich  auf  ein  wieselartiges  Thier,  welches,  
 ganz  langsam  vor  mir  über  das  Gestein  hinlief.  Ich  war  eben  im Begriffe  
 einen  Stein  nach  ihm  zu  werfen,  als  es  den  Rücken  etwas  in  die  Höhe  
 und  die  Schenkel  auseinander  zog,  und  eine  grünliche Feuchtigkeit von,  
 pestilenzialischem  Gestanke  gegen  mich  aussprühte,  so  dass  mir  für  einen  
 Augenblick  die  Sinne  vergingen,  und  ich  gänzlich  unvermögend  w a r ,  es  
 weiter  zu  verfolgen.  Dér  eben  so  eckelhafte  als  durchdringende  Gestank  
 blieb  so  fest  in  den  Kleidern  hängen,  dass  er  sie  unbrauchbar  machte.  
 Unser  Führer  versicherte,  dass  die  Feuchtigkeit  des  Stinkthiere^|(Jarita-  
 taca,  Mephitis  fo e d a ,  /ZZ.),  wenn  sie  die  Augen  träfe,  Blindheit  verursachen  
 könne.  Obgleich  dieses  Thier  in  Brasilien  nicht  selten  is t,  waren  
 w ir   doch  nicht  so. glücklich,  es  für  die  Sammlung  zu  erlangen,  weil  die  
 Hühde,  wenn  sie  einmal  von  seiner seltsamen Waffe  getroffen  worden,  für  
 immer  scheu  von  der  Verfolgung  abstehen  sollen,  und die Sertanejos  dém,  
 übrigens  harmlosen  Wilde  gerne  aus  dem  Weg e  gehen.  Die  Nacht  bevor  
 w ir   den  Rio  de  S.  Francisco  wieder  erreichten,  brachten  wir  unter  
 einem  grossen  Joäbaume,  dem  einzigen,  der  in  dieser  trocknen  Gegend  
 seine  Blätter  behalten  hatte,  zu.  Der  Joazeiro,  wie  ihn  die  Einwohner  
 nennen  (Zizyphus  Joazeiro,  Mart. e r t h e i l t   durch  seine dichten, blattreichen, 
   runden  Kronen  der  Landschaft  in  dem  Innern  der  Provinzen  von  
 Bahia,  Pernambuco  und  Piauhy  eine  eigene  Physiognomie,  und  ist  von  
 grösster  Wichtigkeit  für  die  Viehzucht  dieser  Gegenden,  da  seine,  zur  
 Zeit  der  Dürre  reifenden,  ein  schleimiges Fleisch  enthaltenden  Steinbeeren 
 *)  Siehe  im Atlas  die Ansicht  der Kalksteinberge  am  Rio  Carynhanhä. 
 **)  Zizyphus  joazeiro:  coma  densasubglobosa.,  .aculeis  geminis  rectis, foliis  trinerviis  lato-  
 ovatis  hast  cordatis  breviter  acuminatis  crenatis  supra  gläbris  subtus subpubescentilus,  racemis brevi-  
 bus  subglobosis  axillaribus,  drupis  globosis  pallide  flavis.  Mart.  Die  graubraune .bittere Rinde  
 soll  Brechen  erregen,  und wird  gegen  die  intermittirenden Fieber  bisweilen  angewendet.