Dr i t t e s Kapi t e l .
Aufenthalt in der Stadt S. Salvador oder Bahia.
Au w ir uns von Itaparica aus der gegenüberliegenden Landspitze der
grossen Bai näherten, woran die ehemalige Hauptstadt Brasiliens erbaut
ist, hatten w ir bereits Gelegenheit, in einem Blicke ihre Ausdehnung
und die Grösse ihres Handels zu überschauen. Obgleich weder an den
Schönheiten einer erhabenen Natur noch an Werken menschlicher Thätig-
keit dem königlichen Rio de Janeiro vergleichbar, wird dennoch Bahia
bei dem ersten Anblicke in dem Reisenden die angenehmsten Gefühle her-
vorrufen, wenn er seine Anschauungen gerne mit Gedanken an die Wü r de
des menschlichen Geschlechts und an die Grösse von dessen Bestrebungen
verknüpfet.
Die Landzunge des Continentes, durch welche die Ostküste der
Bai gebildet wird , ist auf der westlichen Seite zwischen ihrer Süd- und
Nordspitze, dem Cabo de S . Antonio und der Punta de Monserrate,
in zwei Buchten vertieft, an deren nördlichen und grösseren die Stadt 5 .
Salvador, gewöhnlich nur Bahia genannt, in der Ausdehnung von beinahe
einer Legoa erbauet ist. Das Terrain ist so ungleich, und besonders
auf der Westseite so steil abhängig, dass längs dem Strande nur
eine einzige Hauptstrasse, in der Mitte von einigen Nebengassen durchkreuzt,
Raum hat; ein anderer Theil der Stadt erhebt sich in Terrassen,
und der grösste nimmt den hügeligen Rücken der Landspitze, in einer
Höhe von ein- bis zweihundert Fuss und mehr über dém Ufer ein. Ausgedehnte
Fagaden von Pack- und Waarenhäusem an der Küste, weiter oben von
hohen Wohnhäusern, an deren Seeseite lange hölzerne Erker hinlaufen,
lassen vielmehr eine handelsthätige und volkreiche, als eine schöngebaute
Stadt erwarten. Manche der steilsten Abhänge sind nicht mit Gebäuden,
sondern theils mit wildem Gebüsche, theils mit Bananen- oder Orangegärten,
dem europäischen Ankömmlinge erfreuliche Verkünder eines tropischen
Landes, besetzt. In dem untern Theile der Stadt (Praya, oder Cidade baixci)
begegnet man dem Geräusche des Handels. Zahlreiche Schiffe von allen
Nationen, die unter dem Schutze der Batterien des F o r te do IMar und
des in N. gegenüberliegenden de S. Felipe ganz nahe an der Stadt vor
Anker liegen, entleeren sich in die geräumigen Hallen {Trapiches) des
Zollhauses, und nehmen daraus reiche Ladungen der Landesproducte ein.
Dieses Geschäft und der Transport vom Zollhause in die benachbarten
Waarenhäuser der Kaufleute, beschäftigt auch hier, wie in Rio de Janeiro
, Haufen von fast nackten Negern , die unter stossweisem Geschreie
mit ihrer Bürde einherziehen. Die geöffneten Läden lassen eine unglaubliche
Fülle aller europäischen Waaren erblicken; sie sind vorzüglich reich
an englischen Schnittwaaren, Hüten, Metallarbeiten, an französischen Luxusartikeln,
an deutschen Linnen, Eisen waaren und Nürnberger Artikeln,
und an groben portugiesischen Baumwollenzeugen, vorzüglich
buntgefarbten kleinen Tüchern. Selbst europäische Victualiën und Stockfische
, ein Haupteinfuhrartikel der Nordamerikaner, werden in Menge ausgeboten.
Die wenigen Apotheken erscheinen wie in Portugal eingerichtet,
und in Ueberflusse versehen mit englischen Specificis und Wundermitteln.
Ein paar kleine Buchläden , in denen man selbst die Erzeugnisse der
brasilianischen Literatur vergeblich sucht, erregen keine hohe Meinung
von den wissenschaftlichen Bedürfnissen dieser bewegten Handelsstadt.
Um so ausgedehnter sind die Buden, worin Steinhändler und Juweliere
die bunten Steine von Minas Novas zu Schnallen, Nadeln,
Ohrringen, Kämmen u. s. w . verarbeitet, und goldne und silberne
Ketten von der verschiedensten Grösse feil bieten. Diese Arbeiten sind
zw a r . ziemlich roh und ohne Geschmack, vorzüglich werden die Steine
selten scharf und gleichförmig geschnitten, doch werden sie, gemäss dem