liet. Dem Lande näher, und nordwestlich von der Ponta de S. Marcos,
negt die gefährliche Untiefe Banco d A c e r ca s , und westlich vom Hafen-
eingange bricht sich das Meer mit Ungestüm an den Klippen des Bo-
aueiräo, auf der Nordseite der kleinen Ilha do Medo. f lie s e besonderen
Oertlichkeiten, gewisse unregelmässige Strömungen zwischen den
Sandbänken, Klippen und dem Ufer, und die grosse Bewegung des Meeres
während der Ebbe und Fluth sind allerdings wesentliche Schutzmittel
für die Stadt. Die Fluth tritt in Maranhäo an den Mondswechseln um
sieben Uhr ein. Im Hafen steigt das Hochwasser achtzehn Fuss und ebbet
fünfzehn; ausserhalb des Hafens steigt es nur auf zwölf, und ebbet etwa
neun Fuss.
Maranhäo besitzt alle Behörden, wie die übrigen Provinzen. Der
Gouverneur ist Präsident im Finanzcollegium (Junta da Fazenda Real),
welches folgende Beisitzer hat: den Ouvidor der Comarca, als Richter
(Juiz dos Feitös da Coroa e Fazenda) , den Juiz de Fora der Stadt, als
Procurador, den Staatsbuchhalter (Bscriväo da Fazenda) , als Fiscal,
den Schatzmeister und den Intendanten des Arsenals. Viele der öffentlichen
Einkünfte werden von diesem Collegium an reiche Privatpersonen
verpachtet (Junta da Arrecadagäo). Seit dem Jahre 1812 besitzt Maranhäo
ein Appellationsgericht, welches aus zehn Räthen bestehet (7Heia re-
lagäo). Man appellirt von hier nur an das Oberappellationsgericht (5 a-
nlicagäo) in Rio de Janeiro. Der Ouvidor und der Juiz de Fora vertreten
die Rechte der Abwesenden und Minderjährigen (Provedoria dos
DefuntoS' e Auzentes). Als eine eigenthümliche Stelle ward hier die sogenannte
Junta da Coroa geschaffen; sie ist bestimmt, die Grenzen der
bischöflichen Jurisdiction in Gewahr zu nehmen. Die Verwaltung der
städtischen Angelegenheiten ist in den Händen der Camara, eines Bürgerausschusses,
an dessen Spitze der Juiz de Fora steht. Die Maranhot-
ten haben seit dreissig Jahren nur geborne Brasilianer in dieses Magistraturcollegium
gewählt, welches sich, so wie der Stadtmagistrat von Porto,
der Privilegien des Adels (Privilegios de Infangoes) erfreuet*). An der
*) Gayozo, Compendio historico-politico dos ’.principios da lavonra do Maranhäo, Paris.
i8'i8. 8-, 'S. 127. ffl. |
Spitze der Provinz stand zur Zeit unserer Anwesenheit S. E. Senhor
P aulo J o ze' d a S il v a G a m a , ein würdiger und erfahrner Veteran der portugiesischen
Marine, dessen wohlwollende und gerechte Bemühungen um
den "Wohlstand und die Ruhe der ihm anvertrauten Provinz von den Ma-
ranhotten dankbar anerkannt wurden. Bei ihm hatten w ir das Vergnügen,
den ehemaligen Juiz de Fora von Cachias, Senhor Luiz d e O l iv e i -
r a F igu e iredo e A lm e id a , welcher als Ouvidor nach Maranhäo versetzt
worden w a r , wieder• anzutreffen. Von dem letzteren erhielten w ir hier
nachträglich noch manche merkwürdige Beiträge zur Ethnographie der
Indianer von Maranhäo, und unter anderem auch Handstücke des natürlichen
Alauns von Campo Major, die ihm für uns aus Piauhy zugesendet
worden waren, und mir Veranlassung geben, noch Einiges über salzige
Fossilien in den zuletzt durchreisten Provinzen beizubringen ( i i ) .
Die Stadt Maranhäo, mit ihren unmittelbaren Dependenzien, zählt
nur dreissigtausend Einwohner. Man bemerkt unter diesen verhältniss-
mässig viele unvermischte Abkömmlinge der Portugiesen und sehr viele
Neger; die Zahl der Indianer und der aus Vermischung mit Indianern erzeugten
Individuen ist geringe. Diejenigen Weissen, in deren Händen
sich die Administration, die meisten Handelsgeschäfte und einige Gewerbe
befinden, sind grösstentheils geborne Portugiesen (Filhos do Reyno).
Ihre Thätigkeit,- ihr Unternehmungsgeist und fiüherhin auch das System
der Regierung, welches die in Brasilien Gebornen von wichtigeren Staatsämtern
ausschloss, haben diesem Theile der Bevölkerung ein auffallendes
Uebergewicht über die Brasilianer ertheilt, und jene Spannung herbeigeführt,
durch welche, bald nachdem w ir Brasilien verlassen hatten, auf
Veranlassung der politischen Katastrophe in Portugal, auch hier nicht sei-,
ten die öffentliche Ruhe gestört worden ist. Nichts erscheint natürlicher^
als diese Gestaltung der Sachen, wenn man die Elemente kennt, die sich
hier gegenübertreten. Der Europäer, bekannt mit der Welt und ihren
mächtigsten moralischen Hebeln, mit einer, wenn auch nicht gründlichen,
doch auf das Praktische gerichteten Bildung ausgestattet, von unruhiger
Thätigkeit bewegt, kömmt hierher, sich aus eigener Kraft ihm angenehmere
Lebensverhältnisse zu gründen. Der Brasilianer, in der Fülle