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 erreicht.  Die  Travessia  Nov a,  - der  auch  w ir   folgten,  wird  gegenwärtig  
 am meisten besucht,  leidet aber,  wie  die  übrigen,  an Wassermangel  
 während der  trocknen Jahreszeit,  welche  hier  in  den  Monaten  August  bis  
 December  eintritt.  Der  ganze  Sertäo,  welcher  sich  zwischen  den  westlichen  
 Tributarien  des  Rio  de  S.  Francisco,  dem  Rio  Grande  und  dem  
 kleinen  Rio  Pontal,  und  von  diesem  letzteren  an,  längs  dem  Rio  de  S.  
 Francisco  bis  gegen  dessen  Katarakten  hin,  ausbreitet,  steigt  gegen  W .  
 und N. W . nur wenig an.  In diesem, von den genannten Strassen durchzogenen,  
 Landstrich herrscht  dasselbe  heisse,  trockne  Klima;  und  die wenigen Bäche,  
 die  ihn  bewässern,  wie  auch  der  Rio  Pontal,  versiegen  fast  alljährlich,  
 während  jener  furchtbaren  Dürre.  Die  einzelnen  Fazendeiros,  welche  sich  
 hier  niedergelassen  haben,  sorgen  für  ihr  und  der  durchziehenden  Karavanen  
 Bedürfniss  durch'  Cisternen;  es  ist  aber  demungeachtet  nicht  selten,  
 dass  die  Hälfte  der  von  Piauhy  aus  hier  durchgetriebenen  Ochsen  und  
 Pferde  verdürstet  oder  verhungert,  ehe  sie  den  Rio  de  S.  Francisco  
 erreicht.  Dieser  District,  der  sich  durch  seine  physische  Beschaffenheit  
 neben  den  Nachbarländern  auszeichnet,  bildet  gegenwärtig  die Gemarkung  
 des  Sertäo,  Comarca  do  Sertäo  de  Pernambuco,  mit  den  Villas:  da  
 Barra  do  Rio  Grande,  Piläo  A r ca d o ,  Symbres,  F illa   Real  de  S.  
 Maria,  Flores,  da  Assumgäo  und  Guaranhury.  Es  ist  der  einzige  
 der  Provinz  Pernambuco,  welchen  w ir   berührten,  und  diess  geschah  zum  
 Theile  nicht  ohne Absicht,  wegen  der  politischen  Bewegungen,  welche  einige  
 Jahre  früher  in  dieser  Provinz  Statt  gefunden  hatten.  Pernambuco  
 ist  übrigens  in  jeder  Hinsicht  eine  der  wichtigsten  Provinzen  des  brasilianischen  
 Reiches,  weswegen  w ir   füglich  einige  Züge  aus  dem  Gemälde  
 derselben  in  der  Anmerkung  folgen  lassen  ( 3.). 
 Nachdem  w ir   das  Rezisto  do  Joazeiro  und  seine  gastfreien  Bewohner  
 verlassen  hatten,  richteten  w ir   unsern W e g ,  ausserhalb  der Heerstrasse, 
   nach  Melanzias,  weil  es  hier  bereits  seit  längerer  Zeit  geregnet  
 hatte,  und  die  ausgedehnten  Wiesen  mit  zartem  Grün  bekleidet  waren.  
 W^ir  übernachteten  im  Freien;  die  Catingaswaldung,  worin  w ir   unsere  
 Hangmatten  aufhängten,  war  in  ihrem  blumenreichen  Gewande  yiel  anmuthiger, 
   als  ich  sie  mir  je  gedacht  hatte.  Mannichfaltige  Gebüsche  ath-  
 meten  einen  unvergleichlichen  Wohlgeruch  aus,  und  der  Hauch  des Frühlings  
 belebte  uns  mit  den  fröhlichsten  Hoffnungen  für  das  glückliche  Gelingen  
 der  Reise  durch  Piauhy  nach  dem  ersehnten  Maranhäo.  W e r   hätte  
 sich  träumen  lassen,  dass  dieser  Abschnitt  der  Reise  so  reich  an  Gefahren  
 und  traurigen Begebenheiten  werden  würde?  Unsere Lastthiere  zerstreuten  
 sich  während  der  Nacht  weit  umher,  und  am  Mqrgen  zeigte  es  
 sich,  dass  ihnen  die  ledernen  Fussschlingen  waren  entwendet  worden.  Es  
 w a r   dieses  der  erste  und  letzte  Fall  eines  solchen  Diebstahls;  denn  obgleich  
 die  Brasilianer  für  diesen  Frevel  nicht,  wie  die Bucharen,  mit dem  
 Verluste  der  Ohren  zu  büssen  haben,  sind  sie  doch  von  einer  gewissen  
 Pietät  gegen  den  Reisenden  erfüllt,  und  setzen  ihn  nur  höchst  selten  dem  
 Verluste  seiner  Lastthiere  aus.  Je  weiter  w ir   uns  am  folgenden  Tage  
 yon  dem  Strome  entfernten,  desto  ungleicher .ward  das  Terrain;  lange  
 Gräben  durchziehen  es  in  mancherlei  Richtungen.  Diese  füllen  sich,  während  
 des  Hochwassers,  von dem Strome  aus,  wie Abzugsgräben  {Sangra-  
 douros) ,   und  sind  auch  ganz  mit  der  Ufervegetation  des  Alagadisso,  
 stachelichten Bäumen und  dichtverwachsenen Schlingpflanzen,  besetzt.  Diese  
 Gräben  fanden  w ir   hie  und  da  bereits  mit  Regenwasser  erfüllt,  und  öfter  
 als  einmal  mussten  wir  mit  Gefahr,  das  Gepäck  zu  durchnässen,  übersetzen. 
   W o   sich  das  Terrain  zwischen  den  bewaldeten  Niederungen  äuf-  
 that,  erfreuten  wir  uns  des  Anblicks  frischer  Wiesen,  welche .sich  sowohl  
 durch  die  Gebundenheit  und  Gleichheit  des  Grasteppiches,  als  durch  
 die  feinen *  unbehaarten,  weichen  Halme  von  allen  Wiesen  auszeichneten,  
 die  wir  bis  jetzt  in  Brasilien  bemerkt  hatten.  Die  Einwohner  nennen  sie  
 Campos  mimosos,  und  benützen  sie  für  ihre  zahlreichen  Rindviehheer-  
 den.  W i r   betraten  hier  zum  ersten  Male  jenen,  der  Viehzucht  geweihten  
 District,  der  gewissermassen  als  die  Schweiz  von  Brasilien  zu  betrachten  
 ist.  Ueberall,  wo  w ir   übernachteten,  bot  man  uns  von  nun  an  Milch,  
 welche  fett  und  wohlschmeckend  war.  Die. Milch  hat  hier  während  der  
 nassen Zeit  die guten Eigenschaften,  welche  man  an  ihr  in  den  südlicheren  
 Gegenden  fast  das  ganze  Jahr  hindurch  findet;  sie  erscheint  nur  bei  sehr  
 grosser  Dürre  klebrig,  dünne  und  blau.  Eine  Kuh  liefert  drei  bis  vier  
 Maass  Milch,  und  wird  täglich  nur  einmal,  am Morgen,  gemolken.  Butter,