Zw e i t e s Kapi t e l .
Aufenthalt in Joazeiro, und Reise von da durch einen
Theil der Provinz Pernambuco nach Oeiras, der
Hauptstadt von Piauhy.
D a s Ar ra ya l de Joazeiro, ein kleines Dorf von etwa fünfzig Hausern
und zweihundert Einwohnern, verdankt seine Entstehung der Mission,
welche ehemals in der Nähe bestand, seine gegenwärtige Wichtigkeit
aber der Frequenz der Strasse nach Piauhy, welche hier über den Fluss
führt. Der Rio de S. Francisco trennt die beiden Capitanien von Bahia
und Pernambuco, und das Zollamt {Regist o ) , welches, Joazeiro gegenüber,
auf der nördlichen Seite des Stromes liegt, gehört daher zu der
letzteren Provinz. Der Commandant auf dieser Station, Senhor Ma n o e l
L u iz F e r r e ir a , hatte bereits vor unserer Ankunft ëin Haus für uns
zubereiten lassen, und durch seine und des in Sento- S ê , zwanzig Stunden
stromaufwärts, wohnenden Capitäo Mör, Senhor M an o e l L u iz d a C os
t a , Fürsorge ward der, durch die Krankheit unserer Lastthiere-veran-
lasste, Aufenthalt in diesem Oertchen angenehmer, als w ir es erwarten
konnten. Schon die Gegend selbst, in welcher w ir uns befanden, musste
einen erquickenden Einfluss auf unser Gemüth haben ; denn der majestätische
Rio de S. Francisco verbreitet hier nicht nur alle Segnungen eines
grossen Stromes, sondern erinnerte auch die deutschen Reisenden an den
vaterländischen Rhein, da wo er , aus beengenden Bergen hervortretend,
von Bonn aus durch fruchtbare Ebenen dahinwallt. Der Strom war während
unserer Anwesenheit, wegen vorhergegangener langwieriger Trockenheit
in den südlicheren Gegenden, sehr wasserarm, und hatte in die-;
sem Jahre sein Bette gar nicht übertreten. Gemeiniglich pflegt er hier
Ende Januars anzuschwellen, und wenigstens zwei Monate lang zu steigen«
E r fallt sodann viel schneller, als er gestiegen is t, und lässt die steilen
Wände des Hochwasserufers in einem Zustande der üppigsten Fruchtbarkeit
zurück, so dass sie in kürzester Zeit mit grünen Gräsern und andern Pflanzen
bedeckt sind. Die*s^ zweiten, oberen Ufer, welche die Sertanejos
Fazante nennen, steigen zehn bis zwanzig Fuss hoch an;, sie ziehen
sich hie und da weit vom Strome zurück, w o sie dann, während der.
Ueberschwemmung, sehr zahlreiche Inseln und Halbinseln bildend, dem
Strome die Ausdehnung von einer bis zwei Legoas geben. In dem wasserarmen
Zustande, worin w ir ihn bei Joazeiro fanden, mochte er etwa
nur zweitausend Fuss breit seyn. Das Wasser des Stromes schien uns
von unreinerem Geschmacke, als bei Salgado; seine Farbe war schmutzig,
jedoch grünlicher als dort. W i r genossen häufig ein erquickendes
Bad in dem Strome, welches hier nicht so gefährlich is t, als in Minas,
weil Crocodile und der furchtbare Fisch Piranha hier viel seltener eiv
scheinen. Ein einziges Mal nur kamen w ir durch einen Kaiman in Gefahr,
der neben uns im Sande lag, und für einen alten Baumstrunk gehalten
worden war. Im Allgemeinen ist der Fluss hier minder belebt,
als in den südlicheren Gegenden; die schmackhaftesten Fische gehen in
grossen Haufen nur bis Sento - S e herab; auch die Fischotter erscheint
selten. In den Lagoas, welche zwischen Gebüschen ah den Ufern zerstreut
liegen, kommen zwar viele Kaimans, aher nur wenige Riesenschlangen
vor. Der Ackerbau scheint nicht so begünstigt, als in dem südlicheren
Gebiete, das der Fluss durchströmt; bald zerstört eine anhaltende Hitze,
bald eine plötzliche Ueberschwemmung die Hoffnung des Landmannes.
Dieser Umstand, und das eigentümliche, der Arbeit abgeneigte, Temperament
des bahianischen Sertanejo mögen die Ursachen seyn, warum man
hier, und den ganzen Strom entlang durch die Provinz, stets auf Zufuhr
aus Minas Geraes rechnet. Die einheimischen Erzeugnisse sind die Pro-
ducte der Pferde- und Rindviehzucht, welcher das Terrain günstig ist:
Häute, Talg, gesalzenes Fleisch, ferner etwas Taback und vorzugsweise