neigtes Volk, welches sich, ohne Bedürfnisse, vom Fischfang, der Jagd
und dem sparsamen Anbaue des Mais und der Mandiocca nährt. In der
y illa Olivenga, zwei Legoas südlich von der V illa de S. Jo rg e wohnen
ihrer achthundert, doch sollen sie daselbst auch schon mit Abkömmlingen
der Guerens gemischt seyn. Ihre Gemeindeverwaltung durch einen,
aus ihrer Mitte gewählten Richter, dem nur ein Schreiber aus der
Zahl der portugiesischen Einwohner zur Seite steht, lässt ihnen gewisse
Freiheiten. In diesem Orte ist die grösste Zahl derselben mit der Verfertigung
von Rosenkränzen aus der Nuss der Piapabapalme beschäftigt.
Sie sollen deren in manchem Jahre um den Betrag von tausend Crusados
nach Bahia senden, obgleich ein einzelner an Ort und Stelle nur zehn
Reis kostet. Andere beschäftigen sich damit, aus den Fasern der Piagaba
Taue, Bürsten und Matten, und aus dem Stroh von der Cocospalme Hüte
zu flechten, welche letztere sowohl, als Baumwollenzeuge sie mit Brasilien
oder Gelbholz zu färben verstehen. Die Leibesbeschaffenheit dieser
Küstenindianer ist. kräftig, und ihre Gesichtsbildung bei weitem angenehmer,
als die der Sabujds und Cariris; sie sind gute Ruderer und
Schwimmer, und wenn Ksie sich entschliessen, bei den Fazendeiros um
Taglohn zu arbeiten, fördern sie das Holzfällen mit grosser Gewandtheit
und Ausdauer. Von ihrer eigentümlichen Sprache fanden w ir keine Spur
mehr bei ihnen, vielmehr sprachen Alle ein schlechtes Portugiesisch.
Ueberhaupt schienen mir diese Indianer, von allen, welche ich in Brasilien
zu beobachten Gelegenheit hatte, am meisten mit den Europäern as-
similirt. Merkwürdig ist in dieser Beziehung, dass sie, im Verhältniss
zu andern Indianern, bei weitem die fruchtbarsten sind, so dass man im
Durchschnitte eine jede Familie zu sechs Individuen annehmen darf.
Der Rio dos Ilheos ist eigentlich die gemeinschaftliche Mündung
dreier Flüsse, des Rio da Cachoeira, des mittleren und grössten, welcher
etwa zwanzig Meilen entfernt aus der Serra Itaraca entspringt , des
Rio do Engenho in Süden, und des, nur wenige Meilen langen, Rio
Fundao in Norden. Sie sind von dichter Urwaldung umgeben* welche
nur hie und da einer Pflanzung oder einem, im Vergleiche mit denen des
Reconcavo, kleinen Engenho Platz gemacht hat. Das einzige Zuckerwerk
von Bedeutung, welches zweihundert und sechzig Splaven mit der
Production von neun- bis zehntausend Arrobas Zucker, von einer verhält-
nissmässigen. Quantität von Nahrungsmitteln und von etwas Baumwolle
beschäftiget, ist das Engenho de S. M a r ia, am Rio do Engenho, dem
es den Namen gab. Es gehört unserm Gastfreunde in Bahia, Senhor F e -
lisb er to Ca l d e ir a , und sollte, nach dessen Einladung, das Standquartier
während unsers Aufenthaltes in Ilheos seyn. W i r zogen jedoch vor, die
Küste sobald als möglich zu verlassen, und uns in die majestätischen
Wälder zu vertiefen, von denen w ir hier umgeben waren; und zu dieser
Reise ermunterte uns vorzüglich die Aussicht, in Almada, sieben Legoas
west-nord-westlich von der Villa, einige Landsleute zu finden, welche
sich daselbst angesiedelt hatten. Man pflegt nach jener Gegend gemeiniglich
nicht zu Lande, sondern auf dem Rio Itahype (Tcäpe) zu reisen,
welcher von dort her dem Meere zuströmet, und eine Stunde oberhalb
der Barrä de Ilheos in den Ocean fällt; da er aber eine sehr breite Mündung
voll Untiefen hat, vermeidet man, von der See aus in ihn zu fahren,
und schifft vielmehr den Rio Fundao bis zu einer Stelle hinauf, wo
er sich dem Itahype so weit nähert, dass man die Ladung ohne grosse
Mühe quer über eine schmale Landstrecke trägen, und aiif dem letzteren
Flusse von neuem einschiffen kann. Das freundliche Ufer des Rio Fundao,
bedeckt bald mit üppigem Grasteppich, bald mit reinlichen Sandflächen,
über welche sich die Ranken einer röthlichen Trichterwinde (Ipomoea P e s
Caprae R. B i) und eines seltsamen Grases (Stenotaphrum americanum,
Schrank.) ausbreiten, oder mit glänzendem Gebüsche, deren zahlreiche Cocos-
palmenund zerstreute Hütten der Gegend den Chärakter einer harmlos ländlichen
Cultur verleihen, stehen im sonderbarsten Contraste mit den dicht- und finsterbewaldeten
Ufern des Itahype, auf dem sich das Boot hier zwischen umgestürzten
Baumstämmen, dort zwischen dicht verwachsenem Schilfe mit
Mühe einen W e g bahnt. Mancherlei groteske Gestalten traten uns hier
zum ersten Male entgegen, und Hessen eine beträchtliche Verschiedenheit
von der Vegetation der Urwälder bei Rio de Janeiro bemerken. Längs
dem Ufer steht eine Aronstaude (die Aninga, Caladium liniferum, Neesi) ;
ihre, nach oben konisch verdünnten Stämme, von vier bis fünf Zoll
Durchmesser, von grauer Farbe, und bisweilen wie Elfenbein glänzend,
III
yip!
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