le). Bei einer so grossen Fruchtbarkeit, wie sie hier, nahe am Aequa-
tor, eintritt, überlassen viele Fazendeiros ihre Pflanzung bis zur Zeit der
Lese fast gänzlich sich selbst. Die einzigen Arbeiten, zu denen sie ihre
Negersclaven anhalten, sind das Ausreissen der überflüssigen jungen Pflanzen,
und späterhin das Ausbrechen der obersten Triebe, womit sie bis
zur Lese alles Nöthige gethan zu haben glauben. Diese Sorglosigkeit der
Fazendeiros wird jedoch bisweilen durch die Fruchtbarkeit des, Landes
selbst bestreift, indem die ganze Pflanzung (Algodoal) so hoch wächst,
und durch unzählige schlingende Unkräuter zu einem so undurchdringlichen
Dickicht verwoben w ird , dass die Erndte gänzlich unmöglich wird. Fleis-
sige Landwirthe pflegen daher ihre Plantagen auch hier mit aller Sorgfalt,
wie die Baumwollenbauern vonPernambuco undParahyba, zu behandeln.
Die Reinigung vom Unkraute geschieht jährlich zweimal, nämlich
zu Anfang der nassen Zeit, und nach demEnde derselben. Die Unkräuter,
welche in den Algodoaës den grössten Schaden verursachen, sind mehrere
Arten von Trichterwinden (Getirana genannt, Ipomoea Quamoclit, L .
hederacea, R .B r . u. a.) die sogenannte Er va de S. Caëtano (Momordica
macropetala, M.), Gräser und andere niedrige einjährige Pflanzen (Buchol-
z ia ßco idea , polygonoides, Mart. AlternahtheraAchyrantha, R . B r . u.
s. f.). Bei einem regelmässigen Culturbetrieb sind, nebst dem Ausjäten, so wie
in den südlicheren Gegenden Brasiliens, in Cayenne und in Surinam, auch
hier zwei Arbeiten unerlässlich, nämlich die bereits erwähnte Operation des
Abbrechens der obersten Mitteltriebe, und, nachdem die Stauden getragen
haben, das der übriggebliebenenTheile der Fruchtzweige, die ohne kräftige
Vegetation halb verdorret stehen bleiben. Jenes Verfahren (Capagäo)
hat den gedoppelten Zweck, das Wachsthum nach Oben in einer Höhe
von fünf bis sechs Fuss zu hemmen, und die Bildung von horizontalen
Aesten zu veranlassen, an welchen sich verhältnissmässig mehr Blumen
und gleichzeitiger, als an einem senkrechten Stamme, zu entwickeln pflegen,
und von welchen die Fruchtkapseln {Maçons) mit leichterer Mühe
abgenommen werden können. Das Abbrechen der Zweige, welche bereits
getragen haben, geschieht mit Eintritt der Regenzeit, wenn die
Säfte in Bewegung kommen, und das Wachsthum am schnellsten fortschreitet;
es bezweckt eine Ersparung von Lebenssäften zu Gunsten von
nachwachsenden und später tragbar werdenden Zweigen. Nur sehr selten,
und nur unter besonderen Verhältnissen, wird hier zu Lände eine Baumwollenpflanzung
länger als drei oder vier Jahre benützt, und sodann, wenn
die Stämme schwächlich zu Werden beginnen, dadurch zu besserem Ertrage
gezwungen, dass man jene entweder nahe an der W urzel, oder einen
bis zwei Fuss über derselben abhauet, und zur Entwickelung neuer
Tragäste zwingt. Diese Operation (Decotagäo) , welche bekanntlich in
allen Ländern, wo perennirende Baumwollenstauden angebauet werden,
in Natolien, wie in Nordamerica und Surinam, vorgenommen wird, ist in
den nördlichsten Provinzen Brasiliens nicht so üblich, wie inPernambuco,
Parahyba und Rio Grande do Norte, weil man, begünstigt von der unglaublichen
Fruchtbarkeit und von der Ausdehnung der Plantagen, lieber
zur Urbarmachung neuer Waldstrecken übergeht. Ueberhaupt ist dieses
Land von der Natur so reich gesegnet, dass gar oft dieErndten über alle
Erwartung gross ausfallen, und der Pflanzer nicht vermag, sie vollständig
einzubringen; Die Lese der Baumwollenkapseln geschieht durch Neger,
deren jeder täglich eine bis zwei Arrobas zu sammeln im Stande ist.
Uebrigens unterliegt die Baumwollencultur selbst hier vielen Schwierigkeiten,
und hat manchen Feind zu bekämpfen. Dauert die Regenzeit un-
verhältnissmässig lange, oder fallt während der trocknen Jahreszeit anhaltender
Nachtthau, so wird die Blume in ihrem Uebergange zur Frucht gestört,
oder die Früchte bleiben zu Zeucht, um sich öffnen zu können,
und die Wolle verfault in ihnen. Sowohl zu lange anhaltende Feuchtigkeit,
als heftige Sonnenblicke nach und während der Regen veranlassen
ein plötzliches Abfallen der halbreifen Früchte ; und mancherlei Krankheiten,
wie der Krebs und die Gelbsucht {Cancro und Resfriamento), vernichten,
wenn auch nur theilweise, die Hoffnung des Landwirthes. Die
beiden genannten Krankheiten scheinen vorzugsweise durch zu grosse
Feuchtigkeit im Erdreiche veranlasst zu werden. Auch manche Thiere:
V ögel, Raupen, Wanzen und Heuschrecken, stellen sich von Zeit zu Zeit
als verheerende Feinde in den Pflanzungen ein; und den eingebrachten
Früchten sind vor allen die Ratten gefährlich, die mit bekannter Schlauheit
alle Vorsichtsmaassregeln des Fazendeiro zu umgehen wissen. Da
diese Thiere nur dem Kerne des Saamens nachstellen, so ist das beste
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