ohnehin ein ärmlicher Flecken, dessen Wohlhabenheit grösstentheils von
dem Verkehre zwischen Bahia und der Provinz Pfeufhy- abhängt, war durch
das gänzliche Ausbleiben des Regens in eine Bestürzung- und Drangsal
versetzt, von der w ir keine Ahnung haben koftnten. W i r sahen grosse
Pflanzungen von Bohnen, Mais und Mandiocca, in denen allé- Pflanzen,
wie bei uns von unzeitiger Kälte, so hier von heftiger Sonnenhitze, verbrannt
waren; andere Felder, von unmässiger Dürre ausgèteocknet, waren
seit mehreren Jahren unbestellt geblieben, und wiesen Reihen-von
blattlosen Strünken auf, aus denen bereits alles Leben- entwichen- war.
Nichts möchte geeigneter seyn, um die übertriebenen^ Erwartungen manches
leichtsinnigen europäischen Auswanderers^-herabzustimmen-, • als die
Ansicht eines solchen Misswachses. Diese. Calamitat hatte die -Gegend um
Tailla Nova in einem weiten Umkreise getroffen, jL grosse Viehheerden
waren überdies vor Hunger und Durst umgekommen, und ein Theil der
wohlhabenden Einwohner hatte sich nach dem 'Rio de S. Francisco bé-
geben, von woher gegenwärtig alle Lebensmittel zu enormen Preisen gebracht
wurden. Um unseren Bedarf für den -Trupp zu sichern, der in den
benachbarten Bergen fast gar keine Weide fand, ersuchten w ir .den, einige
Stunden von der Villa wohnenden, Capitâo Mör um Fürsorge. Er
verschaffte mit vieler Mühe zwei Metzen türkisches Korn, für die w ir
20,400 Rëis, und einen Metzen Mandioccamehl, für-den w ir 7,200 Reis (im
Ganzen 76^ Gulden) bëzahlten. Ein solcher Grad von Miss wachs, wie' wir
ihn hier bemerkten, erschien uns um so unerwarteter, als die Umgegend
der Villa jede Cultur begünstigt. Der Flecken ist nämlich gegen S . ,. W .
und N. von Bergen (den Serras, do M o cö , do Gado Bravo oder de
A leg r ia , de Maravilha und deJMamäo) umgeben, welche in ihren Thä-
lem hohe Gatingaswälder, und eine verhältnissmassig dicke Decke fruchtbaren
Erdreiches aufweisen.
Wenn w ir den längst gehegten Plan ausführen, und das Meteoreisen
von Berndegö bei Monte Santo aufsuchen wollten, so musste dies
von hier aus geschehen. Unser Gastfreund in Bahia, Senhor F elisberto
Caldeira hatte uns selbst zu dieser Unternehmung aufgemuntert, und uns
die Route angegeben, auf der e r , und, im Jahre 18 1 1 , Hr. A. F. M ornay
den Ort besucht hatten. Da jedoch diese Strasse, über die Fazenda
Camuciatä und am Rio Itapicurü aufwärts, uns wegen Wassermangels
und der bösartigen Ausdünstungen des halbvertrockneten R io Itapicurü.
noch gefährlicher geschildert worden w a r, als die nach der F illa Nova,
so blieb uns jetzt kein anderer W e g , als der von letzterem Flecken aus,
übrig. Unsere Lastthiere und das ganze Gepäcke Hessen w ir in der Villa
unter Aufsicht des Ortsrichters zurück, und unternahmen diesen Ausflug
von einigen und zwanzig Legoas so flüchtig als möglich (escoteiros), auf
gemietheten Pferden, und in Begleitung eines einzigen, der Weg e kundigen
Sertanejo. W i r verliessen die Villa am 16. Mai Abends 9 Uhr, und
ritten bei Sternenlicht noch zwei «Stunden lang bis zu der ärmlichen Fa zenda
Joa. Mit dem frühesten Morgen sassen w ir wieder zu Pferde,
um zeitig genug in P o u zo , einem andern drei Legoas entfernten. kleinen
Meierhofe, Wasser geben zu -können. Hier erblickten w ir die Armuth
und das Elend der Sertanejos in seiner ganzen Grösse. Die Bewohner
waren durch gänzlichen Mangel an Nahrungsmitteln, eine Folge des Misswachses
aus Trockenheit, genöthigt worden, aus den markigen Stämmen
der Alicurf-Palme (Cocos coronata, iJ/.) eine Art von Kuchen (Broa)
zu bereiten, die nicht reicher an Nahrungsstoff sind, als das Brod der Nor-
männer von Fichtenrinde. Die alten Stämme werden zu diesem Ende
der Länge nach gespalten, und das im Innern zwischen den Holzfasern
liegende Satzmehl wird durch Schlagen und Klopfen gewonnen. Dieses
Mehl, natürlich mit vielen Fasertheilchen vermengt, wird sodann, zu
Klumpen geballt, in Wasser gekocht, und sogleich, oder an der Sonne
getrocknet, genossen. Man kann leicht beurtheilen, wie unverdaulich und
arm an Nahrungsstoff diese elenden, bitterlich schmeckenden Kuchen seyn
müssen. Einer Gährung sind s ie, wegen des gänzlichen Mangels an Kleber
neben dem Satzmehle, gar nicht fähig, und nur wenige Tage alt
sind sie nicht viel besser, als Sägespäne. Der W e g erhebt sich allmälig
bis zu der Fazenda Coche cCAgoa, welche am westlichen Abhange der
Serra de Tiuba liegt. W i r fanden bis dahin manche Striche der Catingaswaldung,
in denen der Imbü-Baum (Spondias tuberosa, Arr.') sehr
häufig und voll von seinen, den Reine-Claude-Pflaumen nicht unähnlichen,
Früchten war. Die Bewohner labten uns mit der lmbuzada, einer süss