war gerade nicht sehr vortheilhaft. Nach ihm sind sie argwöhnisch und
verrätherisch von Natur, furchtsam aus Gewohnheit, indolent aus Faulheit,
gefrässig aus Langerweile', falsch aus Kenntniss ihrer Schwäche,
unbeständig und sorglos aus kindischem Unverstände. Sie sind deshalb
leicht zu lenken, wenn man Strenge mit Milde vereinigt, und ihnen das
Denken erspart. Die christliche Religion wurde von ihnen bisher mit Entschlossenheit
verschmäht; lieber nahmen sie die Geschenke an Branntw
ein, Eisenwaaren u. d. g l., die ihnen die Brasilianer zubrachten, und
sie erwiederten sie gerne durch Mittheilung ihrer wenigen Geräthe und
Nahrungsmittel. Sie wohnen in sehr niedrigen Lehmhütten, die mit den
Blättern von Heliconien (Coile) und ähnlichen Monocotyledonen gedeckt
sind. Bei Sternenlicht erheben sie sich oft von ihrem Lager auf der Er-
de, und kehren dahin erst mit Tagesanbruch zurück. Sie schlafen überhaupt
nicht sehr viel, aber um so stärker ist ihr Bedürfmss nach Speise,
die sie zu jeder Tageszeit und in grossem Uebermaasse zu sich nehmen.
Die Männer beschäftigen sich lediglich mit der Jagd; den Weibern liegen
die Sorgen des Haushaltes ob. Letztere verstehen zweckmässige Ge-
fässe aus Thon zu formen, und allerlei Geflechte von Palmenfasern (Tu-
cum) zu machen. Ihre Feste werden zur Nachtzeit, mit grossem Lär-
men gefeiert. Als einen vorstechenden Zug dieser Horden schilderte uns
ein Macaani die grosse Vorliebe, welche sie zu den Negern trügen,
welche sich deshalb nicht selten, wenn ihren Herren entlaufen, dort unter
den Schutz und die Fürsprache der Weiber zu stellen pflegten. Derselbe
Indianer, welcher sich ziemlich gut im Portugiesischen ausdrücken konnte,
diente uns, um mehrere Worte aus der Macuani-Sprache aufzuzeichnen.
Diese Sprache ist sehr verschieden von der der Coroados, wenn
gleich sie darin mit ihr übereinkömmt, dass der Mund nur selten viel geöffnet,
vielmehr die Zähne mehr oder weniger geschlossen, und die Laute
bald zischend, bald als Gaumen-, seltner als Nasenlaute hervorgestossen
werden. Der Macuani bildet dabei das Antlitz, gleichsam als wenn er
eine geschwollene Zunge hätte, und sich nicht zu reden getraute. W ie
die meisten Indianer spricht auch er leise, und was uns hier besonders
stark auffiel, — jedes Individuum modificirt seine Sprache auf eine eigen-
thümliche Weise, '"’ so dass man fast sagen könnte, es spräche einen besondern
Dialect. Wenn der Europäer, welcher gewohnt ist, die Sprache
mit Wechsel der Stimme und begleitet von lebhaften Gebärden zu vernehmen
, diese Indianer unter einander mit so wenig Betonung, so schlaff
und fast ohne alles Muskelspiel redend beobachtet, so könnte er leicht
glauben, sie sprächen im Traume. Und ist nicht das ganze Leben dieser
Menschen ein dumpfer Traum, aus dem sie fast nie erwachen?
Solche Betrachtungen und die Nähe der furchtbaren Botocudos,
waren nicht geeignet, uns den Aufenthalt in einem wilden, felsigen Thale
angenehm zu machen, das, gegen die Gebürge hin und auf der diesseitigen
Wasserscheide (Divisäo das Agoas) von hoher, jetzt blattarmer Catingaswaldung,
gegen Westen von dichtem, dürrem Gestrüppe eingeschlos-
sen, der Phantasie eines Dichters das gute Bild einer Vorhölle dargestellt
haben würde. W i r ritten über die Hochebene gen Fanado zurück, waren
aber, da w ir den Führer vorausgeschickt hatten, auf einmal in dem
Taboleiro verirrt, und befanden uns in einer unabsehbaren Ebene, aus der
krummästige, mit schwarzen grossenAmeisennestern und dichten Büscheln
von Misteln besetzte dürre Bäume hervorstarrten, uns in jeder Richtung
den W e g versperrend. Das Abentheuer endete glücklicher, als zu vermu-
then w a r , da w ir mit Sonnenuntergang die Fazenda eines Negers fanden.
Die Umzäunung des Hauses war mit vielen Schädeln erlegter Onzen verziert,
und der Eigenthümer bewährte sich als ein geübter Jäger, indem
w ir , noch ehe es dunkel ward, unter seiner Anführung eine Tigerkatze
und einen Mutum (C ra x Alector) erlegten.^ Dieser schöne Vogel ist in
den Urwäldern von hier aus gegen Bahia hin nicht selten. Die Indianer
schätzen sein Fleisch, welches dem des Auerhahns im Geschmacke ähnlich
ist, eben so sehr, als seine glänzend schwarzen Federn, die zu mancherlei
Schmuck verwendet werden. Man findet den Mutum oft in den indianischen
Wohnungen gezähmt, und es scheint, dass er sich in den
wärmeren Ländern, selbst Huropa’s , eben so leicht einheimisch machen
könne, als unser gemeines Haushuhn es geworden ist.
Am i 3. Junius brachen w ir nach dem drei Legoas nördlich von
der Villa de Fanado gelegenen Arrayat de IV. Senhora da Chapada
6 3 *