Hagelreihen, wie Tantalus verurtheilt, die Qual des Durstes zu leiden,
weil ich fürchtete, wenn einmal abgestiegen, nicht mehr in den Sattel zu
kommen. Es war Abend geworden, ohne dass ich das Ziel der Reise
erreicht hatte, und als ich eben einen steilen Hügel hinanritt, Und die letz-'
ten Strahlen der untergehenden Sonne eine waldige Gegend beleuchteten,
verlor ich den schmalen W e g zwischen den hohen Grasbüschen. Alsbald
ward es dunkle Nacht, und ich stand allein, krank und verirrt in der
Wildniss. In der dumpfen Apathie, welche das Unglück der letzten Tage
vorbereitet hatte, wollte ich mir eben einen Platz auf einem niedrigen Baume
aussuchen, als ich menschliches Pfeifen vernahm, und auf mein Rufen
erschien ein Neger, einen Feuerbrand schwingend, der zu dieser ungewöhnlichen
Stunde von Cachias mit Arznei durch den Wald kam. Dieser
glücklich gefundene Führer geleitete mich auf den W e g zurückj und endlich
sah ich die Lichter der Villa schimmern. Ich stieg vor dem Hause
des Juiz de Fora ab, und konnte dem würdigen Senhor Luiz de Oliveira
F igueredo e Almeida eben noch unsere Empfehlungsbriefe übergeben; -—
doch in diesem Augenblicke zahlte der Körper die Anstrengung der letzten
Tage, und ich sank ohnmächtig vor ihm zu Boden. Zur Besinnung
gekommen, fand ich mich in einem sorgfältig meublirten Zimmer zu Bette
, und vor mir einen Mann ärztlich beschäftigt, der mich in englischer
Sprache anredete. Es war ein portugiesischer Arz t, der zu Edinburg
studirt, und sich neuerlich in Cachias niedergelassen hatte. Dank seiner
Sorgfalt, erholte ich mich bald, und hatte die Freude, am .andern Morgen
meinen Freund, in einem leidentlichen Zustande, durch die entgegengesendeten
Negersclaven herbeitragen zu sehen. — Wenn w ir im Verlaufe
dieses Reiseberichtes nicht selten Gelegenheit hatten, genussreiche
und belohnende Momente zu schildern, so möge der Leser in Scenen,
wie die eben erzählte, die Schattenseite des-Gemäldes erkennen. Der
Reisende aber, welcher solche Leiden im Gefühle der Pflicht erträgt, gewinnt
aus ihnen nicht nur einen schönen Hintergrund der Erinnerung für
das Alter, sondern auch erhöhtes Vertrauen auf den, dessen unerforschli-
cher Rath neben die Noth auch die Hülfe stellet. Unsere Gesundheit verbesserte
sich in Cachias von Tag zu Tage., unter der theilnehmenden Pflege,
des Arztes und des neuen Juiz de Fora, Senhor F rancisco Gonca^o
M a r t in s , welcher, obgleich viel später als w ir , aber zur See, von Bahia
äbgereist, schon vor uns hier eingetroffen w a r , um die Richterfunction
anzutreten, welche in ganz Brasilien gewöhnlich nur drei Jahre lang an
einem Orte von derselben Person ausgeübt wird.
Cachias (seit 1812 P'illa), früher Arraycd das Aldeas A l-
ta s , ist einer der . blühendsten Flecken im Innern Brasiliens. Man zählt
in ihrem Termo dreissigtausend Einwohner. Ihren Reichthum verdankt
sie der, in der Provinz Maranhäo durch die Handelscompagnie von Ma-
ranhäo und Gräo Para veranlassten, und seit einigen und zwanzig Jahren
im Innern mit Energie betriebenen, Cultur der Baumwollenpflanze, und
der Handelsthätigkeit ihrer Bewohner, unter denen sich sehr viele Europäer
befinden« Mehr als die Hälfte der in der ganzen Provinz erzeugten
Baumwolle wird von hier aus nach der Hauptstadt versendet, und in
den letzten Jahren stieg die Zahl der von Cachias verschifften Baumwollensäcke,
jeder zu fünf bis sechs Arrobas, auf fünfundzwanzig bis dreissigtausend,
die, gering angeschlagen, im Innern selbst die Summe von
i , 65o,ooo bis 1,980,000 Gulden werth sind. Von den brasilianischen
Baumwollensorten geht nur die von Pernambuco, worunter auch die von
Parahyba, Rio Grande do Norte und Searä mitbegriffen werden, der von
Maranhäo vor. Die erstere wird noch sorgfältiger und reinlicher assor-
tirt, und ihr Faden ist etwas feiner, aber kürzer, und deshalb vorzüglich
für sehr feine Arbeiten geeignet, die keine ausgezeichnete Dauerhaftigkeit
haben sollen. Die Baumwolle von IMaranhao liefert einen gleichförmigen,
haltbaren, zähen, weissen Faden, der sich sowohl zu Strumpfwebereien
von Dauerhaftigkeit und mittlerer Feinheit, als zu bunten Kattunen eignet.
Die Fabricanten schätzen deshalb diese Sorte nach der von den
Seeinseln von Georgien, von Bourbon und Pernambuco am meisten, der
besten Sorte von Bahia,. Cayenne und Surinam gleich, und weit höher als
die westindischen, die übrigen nordamericanischen, und die levantischen
und ostindischen Sorten. Aus diesem Grunde hatte die Nachfrage und
Ausfuhr, besonders nach Liverpool, zur Zeit unserer Anwesenheit fast
über alles Verhältniss zugenommen; was sich durch eine bald darauf eintretende
Stockung im Absätze fühlbar machte. Die Baumwollenstaude von