die Üfer dieses Flusses ohne Unterbrechung1 einnähme, das Bedürfniss
von ganz Europa an Baumwolle decken könnte. Diese grosse Fruchtbarkeit
des Bodens, welche daran erinnerte, dass w ir uns hier in der Nähe des
Erdgleichers befanden, bewährte sich auch an den übrigen Arten von
Flüchten. Zum ersten Male sahen w ir hier die Bananenbäume (hier Ba-
coba genannt) von dem Gewichte ihrer Früchte niedergezogen; gewöhnlich
trägt ein Stamm achtzig Früchte, unter denen mehr als die Hälfte
über einen Fuss lang sind. Ebenso erreichen hier die Kolben des türkischen
Korns, die Kürbisse, Wassermelonen und Gojaven eine ausserordentliche
Grösse. Die Bananenpflanzungen erstrecken sich nicht selten bis
unmittelbar an das Hochufer des Flusses, dessen Gehänge wegen häufiger
Bewachsung mit Gesträuch und Palmen sich Weniger, als das des Rio de
S. Francisco für Anpflanzung von Wassermelonen und ähnlichen Gewächsen
eignet. In der Nähe der Pflanzungen fanden w ir nicht selten den
Abacatebaum (P ersea gratissima, Gaertn.), dessen Früchte, von der
Grösse und Form einer ansehnlichen Birne, um den Saamenkern ein, mit
Zucker genossen, ungemein angenehmes und erfrischendes Fleisch darbieten.
Die Hälfte der Reise, bis zu der V illa de Itapicuru M irim, war
unsere Schifffahrt langsam und langweilig; das Fahrzeug stiess bald auf
Felsen und Sandbänke, bald blieb es in den Baumstämmen hängen, welche
von der grossen Ueberschwemmung dieses Jahres zusammengeführt
worden waren. Unser alter Schiffsmeister behauptete, dass die Sandbänke
des Flusses stets im Zunehmen' seyen, und durch die Urbarmachung der Ufer
vermehrt würden, deren aufgelockertes Erdreich sich herabsenke. Die
erwähnte Villa, welche w ir am 10. Junius, erreichten, liegt auf einer Erhöhung
am östlichen Ufer des Flusses, und verkündigt imAeussem kaum
den beträchtlichen Handel, welcher von hier aus nach der Hauptstadt und
entlang dem ganzen Ufer des Itapicuru. (Ribeira do Itapicuru) getrieben
wird. Dieser Ort, früherhin Feira genannt, verdankt seine Entstehung
dem Rindviehhandel, indem von ihm aus die^ aus P iauhy und dem Innern
von Maranhäo kommenden Viehheerden von den Sertanejos gegen ihre
Bedürfnisse verhandelt wurden. In den meisten Häusern sind Läden eröffnet,
worin grosse Lager von Kattunen, Eisenwaaren, Porcellan- und
Töpfergeschirren, Wein, Liqueurs und Victualien aus Portugal zum Kaufe
ausliegen. Hier residirt der Pfarrer (Vigar io collddo) eines ausgedehnten
Kirchspiels, das sich bis an die Grenzen des von Cachias erstreckt. W i r
hatten das Vergnügen, in ihm einen sehr unterrichteten und würdigen
Mann zu finden. Sowohl das Land selbst, besonders die Entfernung der
Fazendas von einander, als die Sinnesart der Einwohner, erschweren die
Geschäfte und den Einfluss der Verkünder des Evangeliums. Da die
Schifffahrt von hier aus mindere Vorsicht erheischt, so verliessen w ir den
Ort Nachts im Mondenschein. W i r beobachteten den Einfluss der Ebbe
und Fluth, welche hier bereits sehr bemerklich ist, obgleich kein Meerwasser
so weit stromaufwärts geführt wird. Es ist eine höchst interessante
Erscheinung, dass die Küstenflüsse Brasiliens bei gleicher Wassermasse
die Bewegung der Ebbe und Fluth um so entschiedener darstellen,
je näher sie der Linie liegen. Vielleicht ist auch die Erscheinung jener
eigenthümlichen Fluth in gewissen Flüssen, die in verhältnissmässig viel
geringerer Zeit fiuthen als sie ebben, mit dem erwähnten allgemeinen
Factum in Verbindung zu bringen. Diese eigenthümliche Art der Spring-
fluth, in Brasilien Pororoca genannt, kommt auch in einem Flusse der
Provinz Maranhäo, dem Mearim vor; viel häufiger aber und gewaltiger
in mehreren Flüssen der Provinz Para, wo ich sie zu beobachten
Gelegenheit hatte, und seines Ortes ausführlich beschreiben werde. Wahrend
der ersten Nacht, welche w ir stromabwärts schifften, wurden wir
durch das durchdringende krähende Geschrei eines Vogels in Verwunderung
gesetzt, welcher in zahlreichen Haufen die grünen Gebüsche am Ufer
besetzt hielt, und sich durch die laute Nähe der Menschen nicht stören
liess. Es war der sogenannte Zigeuner {Sigana, Opisthocomus crista-
tu s , HL) ein schöner, hühnerartiger Vogel, welcher zwar grösstentheils
von Vegetabilien lebt, aber wegen seines unerträglichen Geruches nicht
gegessen wird. Grosse grüne Iguane {Iguana viridis, Spiee Lac. bras.
t. 6.) fanden sich häufig an sonnigen Orten des Sandufers, und wurden
von den indianischen Bootsmännern eifrig verfolgt, um in ihrer
Küche statt des gewöhnlichen Salzfleisches eine köstliche Schüssel auszumachen.
Im Flusse finden sich nicht eben selten Zitteraale (hier Po-
raaue genannt, Gymnotus electricus, L . ) , die den Badenden gefährlich
sind. W i r fingen ein kleines Exemplar, das so heftige Schläge auf uns