Vi e r t e s Kapi tel .
Reise nach der Comarca dos Ilheos, und zurück
nach Bahia.
D i e Umgegend von Bahia ist reich an freundlichen Landschaften; das
ungleiche Terrain der Landspitze, mit fruchtbaren Pflanzungen besetzt, erhebt
das Gemüth oft durch die Aussichten, welche es auf die unendliche
Fläche des Oceans gestattet, und die Inseln der Bai erquicken durch den
idyllischen Charakter ihrer, mit ewigem Grüne bekleideten und von häufiger
Cultur gleichsam veredelten Fluren. Jedoch findet man hier weder
den romantischen Wechsel der Ansichten, noch die Fülle und Kraft dichtbelaubter
Urwälder, noch jene grossartigen Formen der Gebirge, welche
vereint Rio de Janeiro zu einem der schönsten Orte der Erde machen.
Vorzüglich sind in dem Reconcavo alte Hochwälder bereits eine Seltenheit
geworden. Es musste uns daher von Wichtigkeit seyn, den Charakter
der unentweihten Wälder in andern Gegenden der Provinz kennen
zu lernen, und w ir nahmen deshalb gerne die Einladung des Marschalls
F e lisb er to Ca l d e ir a an, in seinem Schoner die V illa de S. Jorge dos
Ilheos zu besuchen, in deren Nähe er eine grosse Zuckerfabrik besitzt.
Die Erklärung eines liebenswürdigen Landsmannes, des Hrn. C. F. S chlüt
e r aus 'Hamburg, uns auf dieser kleinen Reise zu begleiten, musste uns
um so mehr bestimmen, und so verliessen w ir am Abend des 11. Dec.
Bahia, und steuerten mit einem frischen Landwinde bei Mondenschein aus
dem Hafen. Die erleuchtete Stadt, die zerstreut schimmernden Lichter
auf Itaparica und die schwankenden Umrisse der vielgestaltigen Ufer vereinigten
sich zu einem schönen Nachtgemälde , das durch das Tönen ferner
Fischergesänge nicht nur Leben, sondern auch die magische Kraft
erhielt, an ähnliche Erfahrungen in Europa zu erinnern. An dem Eingänge
der Bai (Barra) begegneten w ir einem Convoi portugiesischer Schiffe
, welche, wegen der zahlreichen Seeräuber von Buenos Ayres, unter
dem Geleite eines Kriegsschiffes, ankamen. Als w ir mit Anbruch de3
Tages auf das Verdeck stiegen, sahen w ir in Westen den Morro de
S. P a u lo , einen kegelförmigen Granitberg, mit Vegetation bedeckt, der
obgleich nur einige hundert Fuss hoch*» an dieser niedrigen Küste
ein wichtiger Erkennungsort für diejenigen Schiffe ist, welche den Eingang
in die Bai von Bahia verfehlt haben. Er liegt auf einer kleinen Insel,
und hat eine unbedeutende Befestigung. Das Land, längs dem w ir
nun, in einer Entfernung von einigen Seemeilen, hinsteuerten, ist niedrig,
und die Küste des Continentes mit zahlreichen Inseln besetzt. Die immergrüne
Vegetation, unmittelbar in der Nähe des Meeres, vorzugsweise die
des Manguebaumes (Rhizophora Mangle, L .) gewährt von Ferne einen
erfreulichen Anblick; wenn man sich ihr aber ganz nähert, wird man
von dichten Schwärmen von Mos.quiten überfallen, welche ihre Eier in
den Schlamm des Ufers zu legen scheinen, und sich hier in unglaublicher
Menge vermehren. Gegen Mittag gelangten w ir in die Breite von Ca~
mamü, von wo an sich das Ufer und das dahinter liegende Land mehr
und mehr erhöht, bis südlich von der Mündung des Rio de Contas, wo
die letzten Ausstrahlungen der, von der Capitanie de Porto Seguro heraufstreichenden,
Serra do mar, mit Wald bedeckt, in einer Höhe von
zwei - bis dreihundert Fuss endigen. W i r hofften bis Sonnenuntergang in
der Bai von Ilheos ankern zu können; allein, als w ir eben die vier kleinen
Inseln vor derselben erblickt hatten, erhob sich ein heftiger Südwestwind,
welcher den Schoner zwang, die Nacht hindurch vor der Bai zu
laviren. Die beiden grösseren von jenen Inseln erscheinen von Ferne gesehen,
wie flache Hüte; die grössere in N. ist mit Waldung, die kleinere,
so wie die übrigen, mit Graswuchs und Gesträuch bedeckt und felsig.
Zwischen den beiden grossem läuft unterWasser ein Felsenriff hin,
an dem die See mit Heftigkeit brandet. Der Eingang in den Hafen ist
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