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wie die Ordonanzen und Milizen nach der Farbe gebildet sind, so dass
die weissen Bewohner vier, die farbigen eine, und die schwarzen drei
solcher frommen Corporationen ausmachen. Die Secte der Sebastianistas
ist auch hier ziemlich häufig. (2 .)
Da die Umgegend der V illa de Fanado in gegenwärtiger Jahreszeit
, wo die Bäume grösstentheils Laub und Blüthem verloren hatten, wenig
Stoff für unsere Untersuchungen darbot, so wurde ein Besuch in A lto
dos B o y s , dem militärischen Posten gegen die Botocudos beschlossen,
welcher zehn Legoas südöstlich von der Villa entfernt liegt. Sobald
w ir daher in letzterer für die Ruhe und Wiederherstellung unseres Trupps
gesorgt hatten, machten w ir uns dahin auf den W e g , in der Hoffnung,
dort eine grössere Menge jener Indianer anzutreffen, als w ir bisher gesehen
hatten. Wenn man den Hügel erstiegen hat, an dessen Abhange die Villa
de Fanado liegt, befindet man sich auf einer sehr ausgedehnten Hochebene,
welche mit einförmigen Gesträuchen, namentlich aus den Gattungen Acacia,
Mimosa, Laurus, Oehna, Malpighia und Banisteria, oder mit niedrigen, krummästigen
Bäumen, vorzüglich Kielmeyera-Qualea- und Spixia-Arten, von
welchen häufige Büschel parasitischer Misteln undLoranthen herabhängen,
bewachsen ist, und sich fast söhlig mehrere Meilen lang erstreckt. Der
röthliche, mit vielen Quarztrümmern vermengte Boden ist so eben, dass
w ir nicht auf einer Strasse, sondern auf einer künstlichen Tenne zu reiten
glaubten. Der Mangel an Nahrungsstoff in diesem Terrain ist aber
auch die Ursache, dess man kaum eine Spur von Anbau trifft. Bern Po-
s to , die Fazenda eines Geistlichen, w a r unser Nachtquartier. Der alte,
ehrwürdige Besitzer erinnerte sich lebhaft der Aufhebung des Jesuitencollegiums
zu Bahia unter Pabst Clemens X IV ., welches damals gegen hundert
Ordensglieder und siebzig Schüler zählte, unter denen auch er gewesen
war. Man beklagte hier die Armuth des Bodens, und versicherte,
dass e r , drei Jahre hinter einander bepflanzt, zwölf Jahre brach läge, bis
er neuen Waldanflug (Capoeira) produciren könne, Und dass man deshalb
jeden Platz schon nach einjähriger Kultur verlasse, um nach zwölf
Jahren darauf zurückzukommen. Bei einer Ausdehnung der Fazenda von
acht Geviertmeilen,. ist eine solche Landwirthschaft allerdings möglich.
Man bauet hier Taback, Bohnen, Mandioccä und Mais.
Am folgenden Tage ritten w ir noch einige Legoas auf der Chapa-
da fort, welche sich allmälig erhebt, und endlich in S. O. von drei Ge-
birgsreihen, einem Theile der Serra das Esmeraldas, begränzt wird.
Gegen W . kommen aus diesen Bergen die drei Quellen des R io Fanado
und mehrere andere, welche in den A rassuahy fallen, gegen O. die
Tributäre des R io Do c e hervor. Der hinterste dieser Gebirgsrücken
zeigte sich uns mit dichter Urwaldung bedeckt, die beiden näheren sind
minder dicht, und grösstentheils mit einer niedrigeren, jetzt in der dürf
e n Jahreszeit blattlosen Catinga-Waldung bewachsen. Ein gewundener
Pfad führte uns endlich an den Fuss jener Gebirge in ein enges Bachthal
hinab, das hier von steilen dürren Campos, dort von dichten Capoês
eingeschlossen ist, und worin die Hütten des Quartel do A lto dos B o y s
zerstreut liegen. Ein Sergeant des Dragonerregiments von Minas, welcher
das kleine Detachement zum Schutze gegen die Einbrüche der Botocudos
befehligt, nahm uns in seine ärmliche Behausung auf, äusserte
aber sogleich, dass w ir uns nicht weit von den Hütten in den Wald
hincinwagen möchten, weil erst vor wenigen Tagen ein Soldat unter
seiner Hausthüre von einem Botocuden sey erschossen worden, der sich
unter dem Schutze der Waldung herbeigeschlichen habe. W i r fanden
also dermalen diesen Posten im Kriegsstande gegen jene Anthropopha-
gen, und durften nicht erwarten, andere Indianer als die friedlich gesinnten
Macuanis, welche sich hier aufhielten, beobachten zu können. Dieser
Volksstamm, auch JMaconis genannt, ist einer der schwächsten, welche
die gebirgigen Gegenden auf dér Grenze zwischen den Provinzen von
Minas Geraës, Porto Seguro und Bahia innehaben, und hat sich aus Furcht
vor seinen mächtigen Feinden, den Botocudos, mit den Portugiesen so
sehr befreundet, dass er vielleicht in wenigen Jahrzehnten in seiner Eigen-
thümlichkeit gänzlich wird verschwunden seyn. Vielleicht zählt er jetzt
nicht mehr als 3 oo Köpfe, deren Mehrzahl sich aus dem Innern gegen
das Meer in der Nähe von Caravelas gezogen hat, wo aber auch schon
Viele derselben den dort häufigen kalten Fiebern (Sesoês) unterlegen sind.