wir von dem trefflichen Manne Abschied; fuhren auf dem, gerade jetzt
sehr wasserarmen Rio da Cachoeira bis zu seiner kleinen Strömung
zwischen Granitklippen, dem Banco doCachorro hinab, und drangen von
da aus wieder in den Urwald. In ihm brachten w ir unter einem elenden
Schoppen eine regnerische Nacht zu, und erreichten endlich, die gastfreundlichen
Hütten von Almada wieder. Hier hatte uns nicht blos die
biedere Herzlichkeit der Bewohne^, sondern auch der Reichthum des
• Waldes ( 3.) an merkwürdigen Pflanzen lange Zeit zurückhalten können;
w ir wünschten aber auf dem Schoner, welcher uns nach Ilheos
gebracht hatte, nach Bahia zurückzureisen, und würden deshalb von unseren
Landsleuten sogleich Abschied genommen haben, wenn nicht ein
unvorgesehenes Hinderniss eingetreten wäre. Der Coroado -Indianer Cu-
s t o d io , welchen w ir bereits acht Monate, von dem Prezidio de S. Joäo
Baptista in Minas aus, mit uns führten, w a r , als w ir aufbrechen wollten,
verschwunden, und, wie uns die zweideutigen^ Reden der Indianer von
Almada belehrten, nach den Wäldern seines Stammes zurückgekehrt.
Wahrscheinlich hatte die Ansicht des Naturzustandes der jCamacans in
ihm Gefühle von Heimweh erregt, deren w ir ilin um so;weniger fähig
hielten, als er uns viele imzweideutige Spuren - von Anhänglichkeit gegeben,
und eine grosse Neugierde gezeigt hatte, jenes Land zu sehen, wo
es, wie er sich auszudrücken pflegte, lauter blasse Männer mit Hosen
gäbe. An diesem seinen Entschluss, uns nach Europa zu begleiten, hatte
die Eitelkeit grossen Antheil, denn er that sich auf das Erstaunen, was
er dort erregen würde, viel zu Gute; doch vermochten, wie es sich nun
hier zeigte, solche Rücksichten nichts über die Macht alter Gewohnheit
und angestammter Sinnesart. W i r versuchten einige Tage lang, ihn durch
die ausgesendeten Indianer wieder auffinden zu lassen, da diese ihn aber
nicht zurückbrachten, so mussten wir ihm Glück zur Reise auf der einsamen
Strasse nach dem Rio Pardo wünschen. W i r verliessen unsem
liebenswürdigen Wirth, schifften den Itahype hinab, und gelangten nach
einer, wegen der gegenwärtigen Seichtheit des Flusses und der drückenden
Sonnenhitze, sehr beschwerlichen Tagreise, in die V illa de S. Jor-
* wo w ir zu unserem Verdrusse den Schoner nicht mehr vorfanden,
weil wir uns, gegen die Abrede, verspätet hatten. Im Hafen lag ein
ganz kleines Boot (JLanchd), dessen Benützung zur Fahrt nach Bahia uns
angeboten wurde; es war dasselbe Fahrzeug, welches vor Kurzem eine Co-
lonie von schweizerischen und holländischen Familien, unter des Hrn.
Fkeireiss Leitung, nach Mucuri bringen sollte, aber in der Nähe von
Porto Seguro auf einem Felsen aufsass, leck wurde, und die Personen
nur mit Verlust der Ladung an den Ort ihrer Bestimmung brachte. Die
Erzählung dieses Unfalls, welche uns als neuer Beleg von dem vielfachen
Missgeschicke deutscher Ansiedler in Brasilien diente, war nicht geeignet,
die Seereise, und zwar gerade in einem Augenblicke zu empfehlen, wo der
N. O. Wind an dieser Küste herrscht. Nachdem wir daller mehrere Tage
auf die Erscheinung eines andern Schoners vergeblich gewartet hatten,
beschlossen w ir endlich, zu Fuss, längs der Küste nach Bahia zurückkehren.
Bevor diese Reise angetreten wurde, hatten w ir Gelegenheit, den
grössten Theil der Bevölkerung auf Veranlassung eines nationellen Festes
versammelt zu sehen, welches die Feiertage in der ersten Woche des
Jahres ausfüllti Junge‘Leute zogen als Mauren und christliche Ritter verkleidet
mit lärmender Musik durch die Strassen, nach einem freien Platze,
wo sich ein Baum, mit portugiesischem Wappen geschmückt, gleich einem
deutscheu Maienbaum, erhob. Ein hitziger Kampf zwischen beiden Partheien
gab vorzüglich der Figur, welche den heiligen Georg vorstellte,
Gelegenheit , die ritterlichen Tugenden des Schutzpatrons von Ilheos glänzen
zu lassen. Beide Heere vergassen aber, nach ächtromantischer Sitte,
ihre Fehde bald bei einem lauten Bankette, das sogar durch den wohllü-
stigen Tanz Landum und die fast unsittliche Baducca gefeiert wurde (4 .) .
W i r verliessen am 6. Januar 1819 das armselige, aber schön gelegene
Oertchen, und verfolgten in der Richtung nach Norden zu Fuss
das Ufer des Meeres. W i r setzten in einem Kahne über die Mündung
des Rio Ita h yp e , und wanderten im Sande längs einer unabsehbaren
Küste hin. Der Ocean wälzt hier, unter rhythmischem Gebrause und Donner,
ungeheuere Wogen auf die Dünen an, und netzte von Zeit zu Zeit
unsere Schritte. W ir durchwadeten mehrere tiefe , zwischen dem Sande