von S. Thomd eingeführt, wo die Zahl der freien Neger bedeutend ist, und sich auch Negerschulen
und ein Seminarium für schwarze Priester, unter Leitung des dortigen Bischofs, befindet.
Da ich während der Reise Gelegenheit fand, mancherlei Erkundigungen über" den Sclaven-
handel einzuziehen, so dürfte es nicht am Unrechten Orte seyn, hievon das Wichtigste beizufügen,
wobei ich die schätzbaren Nachrichten benütze, welche Luiz antonio de Oliveira Men-
des (in einer Abhandlung „über den Zustand der Neger in ihrem Vaterlande und über die
Krankheiten, denen sie während ihrer Gefangennehmung und des Transportes nach Brasilien
unterliegen“ in den Mem. economicas da Acäd. R. de Lisboa Tom. IV. 1812. p. 1. ff.) gegeben
hat. Der Sdavenhandel übt in Africa einen so grossen Einfluss auf die Denk- und Lebensweise
der Neger, dass er jetzt mit allen Lebensverhältnisseh in Beziehung steht, und sogar gleichsam
die Achse ist, um welche sich die, wenn auch noch so wenig ausgebildete Gesetzgebung jener Men-
schenrape dreht; denn nicht der Tod, sondern die Sclaverei ist in den meisten Fällen die letzte
Strafe*), und nicht blos Krieg, sondern selbst die heiligsten Familienverhältnisse ertheilen
Rechte zur Aufhebung der persönlichen Freiheit. Der Kriegsgefangene ist Eigenthum des Siegers,
aber auch der Hausvater hat das Recht seine Kinder, seine Weiber zu veräussem. Die persönliche
Freiheit sühnet das Verbrechen des Ehebruchs, des Diebstahls und des Todschlages, ja
sie bezahlt eine contrahirte Schuld von gewisser Grösse. So roh auch diese Völker seyn mögen,
so besteht bei ihnen doch ein richterliches Institut. Der Richter (Sova) verhört den Angeklagten,
vernimmt Zeugen, und spricht los, oder verurtheilt zur Sclaverei. Der Erlös gehört grössteii-
theils dem Kläger. Der der Freiheit verlustige selbstständige Mann, kann, wenn sich der Kläger
den Tausch gefallen lässt, Weib oder Kind statt seiner der Sclaverei weihen; dem schwächeren
Geschlechte aber, welches, überhaupt zur tiefsten Dienstbarkeit erniedrigt, fast keines Rechtszustandes
geniesst, ist Gleiches nicht gestattet. Die Ursachen der Sclaverei in Africa sind daher
Kriegsgefangenschaft, richterlicher Ausspruch und Arbitrium patris familiae. Der Krieg ist bald
ein allgemeiner, zwischen ganzen Völkern erklärter, oder der Einzelnen, welche durch Gewalt
oder durch List Andere ihrer Freiheit zu berauben suchen. Die Unglücklichen, welche auf eine
der angegebenen Arten ihre Freiheit verloren haben, werden von ihren Eignem, oder von den
Mächtigsten der Gegend, oft mit Ketten oder einem durchlöcherten Holzblock (Trortco) um den
Hals oder um die Beine belastet, so lange in strengem Gewahrsam gehalten, bis die Sclavenhändler
erscheinen, welche sie gegen die, von der Küste, auf dem Rücken anderer Neger, herbeigeführten
Handelsartikel: Schiesgewehre, Munition, Corallen, Glasperlen (Missanga), baumwollene Zeuge,
Branntwein (Giripita) , enttäuschen. Man nennt'diese Menschenhändler, ■ eigentlich die wahren
Organe des verruchten Trafiks, Funidores, oder, mit einem sehr bezeichnenden Worte, Tumbeiros,
die S a r g tr ä g e r . Hat der Tumbeiro bei irgend einem Sertanejo oder in einem der vielen, durch
denContinent zerstreut liegenden, oft mit einer portugiesischen Wache versehenen "Posten (Prezidios),
die daselbst verwahrten Sclaven eingehandelt, so brennt er ihnen ein Zeichen (Carimbö) ein, woran
er sie, im Falle der Flucht, erkennen könnte, und kettet sie an der rechten Hand, oder, wenn
er fürchtet, am Halse mit einer schweren eisernen Kette (Libambo) zusammen, und treibt sie
*) Nur wenn der Neger der Zauberei oder des Hochverratbes bczüchtigt worden, oder die Verwandten
eines Ermordeten Blutrache fordern, ist der Tod die letzte Strafe. In den ersten beiden Fällen
wird eine Art von Gottesurtheil vorgenommen, indem der Angeklagte, unter dem Gerlclitsbaume,
vor 'Versammeltem Volke ein vergiftetes Pulver cinnehmcn muss, das, wenn es ilin tödtct, die Schuld
erhärtet, bei geringerer Wirkung aber seine Unschuld beweisen soll. .
nun vorwärts, von einem Prezidio zum andern, bis er seine Artikel vertauscht, und den Libambo
gewöhnlich mit dreissig, bisweilen so’gar mit hundert solcher elenden Schlachtopfer angefüllt.hat.
Männer und Weiber werden in verschiedenen Libambos geführt, die Kinder in Haufen nebenher
getrieben. Jeder Sdave erhält in einem Sacke (Carapetal) seine Provision an frischem oder geröstetem
Mais, an süsser Mandioccawurzel (Aypim) und Mandioccamehl. Auf den, oft Wochen
langen Zügen, von einem Prezidio zum andern, haben die Unglücklichen keine Gelegenheit, diese
elende, oft kärglich zugemessene, Kost ordentlich zuzubereiten,. und sie mit dem beliebten
Denté-Oel oder mit Salz zu würzen; nur selten haben sie Zeit aus dem Maismehl eine Art
Poudding (Anjunge) oder Suppe (Matete) zu bereiten. Ihr Getränk ist ein warmes, oft sehr
unreines Wasser, ihr Nachtlager auf freiem Felde dem Thaue ausgesetzt. Wer.den Strapazen
dieser schrecklichen Reise unterliegt, stirbt oft in den Ketten, aus denen ihn der unmenschliche
Führer nicht befreiet-» weil er die Krankheit für Verstellung hält. Diejenige, welche zu längerer
Trübsal erhalten werden, kommen endlich in die Niederlassungen oder Städte an der Küste, wo sie
der Tumbeiro an andere Kaufleute verhandelt, welche, obgleich von weisser Farbe, dennoch eben so
wenig Gefühl für das Unglück besitzen. Hier werden sie in grossen hölzernen. Häusern aufbewahrt;
dem Kummer preisgegeben, oft karg mit einer, ihnen fremden Kost, besonders mit alten, ranzigen
Seefischen genährt, erkranken- sie schon hier sehr häufig, und Rühren, Faulfieber oder das
Heimweh raffen viele von ihnen hinweg. Endlich erscheint ein Schiff aus Brasilien, und der
Eigner, froh sich seiner Waare auf einmal zu entledigen', verhandelt oft eine so grosse Menge,
dass weder für gesunde Unterkunft im Schiffsräume, noch für hinreichende Provision gesorgt
ist. Vor der Einschiffung wird ihnen das portugiesische Wappen eingebrannt, und die Krone
nimmt von jedem Menschén einen Ausfuhrzoll von i6| Crusados. Der Schiffscapitän hofft auf
eine schnelle Ueberfahrt, und sorgt nicht für den Fall, dass seine Reise durch Windstillen oft um
die doppelte Zeit verzögert werden könne. Die männlichen Sclaven werden alle in dem Schiffsräume
eingesperrt, bei Tage kommen sie aber truppweise auf das Verdeck, um zu baden und zu
tanzen. Diese Behandlungsart, welcher die Weiber und Kinder nicht unterworfen werden, ist die
Ursache, dass die letzteren verhältnissmässig viel gesünder in Brasilien ankommen. Die Kost besteht
während der Ueberfahrt aus Bohnen, Mais und Mandioccamehl, bisweilen aus gesalzenen
Fischen; ihr Getränke ist Wasser, bisweilen etwas Branntwein. Da die Speisen oft aus Brasilien
nach Africa gebracht, oder dort in einem verdorbenen Zustande eingekauft werden, so hat
der unglückliche Sclave nicht blos mit Junger, denn selten erhält er eine reichliche Razion,
sondern auch mit Eckel zu kämpfen. Von allen Prüfungen ist diese Zeit der Ueberfahrt die
schrecklichste; und oft macht der Tod in dem überfüllten, verpesteten Raume des Schiffes nur
zu schnell Platz für die.Uebrigbleibenden. So sollen z. B. i. J. 1817 von 20,075 Sclaven, welche
nach Rio de Janeiro verschifft wurden, unter Wegs 2,342; im Jahre 1818 von 22,231 aber
2,429 gestörten seyn. Ein ein'ziges Schiff von Mosambique, welches 807 Sclaven geladen
hatte, verlor davon 339, ein anderes von 464 mehr als die Hälfte, 238; fünf Schiffe, die im
Fruhlinge 1821 nach Bahia kamen, brachten 1,573, und hatten 374 verloren*)" ‘.In den Seehäfen
Brasiliens angelangt werden die Sclaven in grosse bretterne Häuser (Trapiches) in der Nähe
des Hafens übersiedelt, wo sie, auf dem kalten Erdboden, oft kaum für die Schamhaftigkeit mit
einem Lappen gefärbten Tuches bedeckt , neben einander hingelagert, häufig erst noch denKrank-
*) Vcrgl. Rapport sur l’état actuel de la traité des Noirs. Londres 1821. Maria Graham, Journal
of a Voyage to Brazil. Lond. 1824. 4. p. 151.