Gesichtszügen des Mannes, dessen Haar und Bart unter dem verdienstlichen
Amte eines Seelenhirten erblichen ist, und seine würdevolle Haltung
erhebt ihn, als ein Wesen höherer A r t, über die scheuen Wilden, welche
durch das Vertrauen zu ihm für die ersten Funken religiöser Gefühle
empfänglich werden. Wenn solche Mittel zur Humanisirung ihre Zwecke
nicht erreichen, dann darf man wohl überhaupt an der Möglichkey: verzweifeln,
diese gefallenen Kinder America’s zur wahren Menschheit zu
erheben. Und dennoch, wie geringfügig mussten uns die Fortschritte der
Camacans in der Cultur erscheinen, wenn uns der würdige Missionär
ein Bild von ihrem Leben und Thun vor Augen stellte! Noch vor wenigen
Wochen hatte ein W e ib , im Zorne der Eifersucht, ihr eigenes Kind
umgebracht, eine Andere hatte die Ueberreste ihres vor wenigen Monaten
verstorbenen, sehr geliebten Kindes wieder ausgegraben, die Gebeine abgeschabt,
dann mit den fleischigen Theilen gekocht, die Brühe getrunken,
und jene darauf, reinlich in Palmenblättern eingewickelt, von neuem
begraben. Welche grausigen Excesse der Gefühle, die fast über die
Grenze der Menschheit hinausfallen !*)
Die Nation der Camacans (von den Portugiesen bisweilen Cama-
caes geschrieben und auch mit dem Namen der Mongoioz, Mongoyös
oder Monococös bezeichnet) wohnet zwischen dem R io de Contas und
dem Rio Pardo. Ihre Gesammtzahl wird auf zweitausend Köpfe geschätzt,
lässt sich aber nicht mit Bestimmtheit angeben, da sie in einzelnen Hütten
oder kleinen Dörfern (Rancharias) durch die Wälder zerstreut wohnen,
und zum Theil ihre Wohnsitze verändern. Hier nannte man uns
die Wälder am Rio Gravata in . Minas Novas als die vorzugsweise von
ihnen bewohnte Gegend, wo sich sechs Aldeas derselben befinden sollten.
Allerdings waren sie uns in Minas No vas unter den Völkerschaften genannt
*) Steht die letzterwähnte Weise dem Schmerz nachznhängen in Beziehung mit der Sitte
irgend eines andern Volkes? — Von den Persern finde ich einer Sitte, des Akcheh, erwähnt,
die darin besteht, dass nach der Geburt eines Kindes ein Schaf geschlachtet und Fleischbrühe
daraus gemacht wird; diese gemessen Freunde, Verwandte und die Armen, aber weder Frau
noch Mann, welcher die Knochen sorgfältig sammelt, und an einem sauberen Orte an fliessen-
dem Wasser eingräbt. Morier, zweite Reise in Persien. S. 116 der deutschen Uebers.
worden, welche die Wüsten an der östlichen Grenze und im Innern von
Porto Seguro bewohnen sollten; doch rechnete man sie dort unter die minder
ausgebreiteten Stämme, und es ist mir wahrscheinlicher, dass gegenwärtig
die grösste Zahl derselben zwischen den Quellen des R io da Ca-
choeira und dem Rio Grug unhy, einem Confluenten des Rio de Contas
gelagert ist. Ein Theil wohnt, weiter gegen Westen, in der Nähe
des A r ra y a l de Conquista an der Serra do Mundo novo. S. D. dem
Prinzen M a x im il ia n v o n N e uw ie d , der sie dort und auf dem Weg e
durch die Urwälder von Uheos, sowie einen versprengten Theil derselben,
den man die Meniäns zu nennen pflegt, bei der f^illa de Belmonte, beobachtet
hat”, verdanken w ir schätzbare.,Nachrichten über ihre Sitten und
Eigenthümlichkeiten, welche mit den Erfahrungen übereinstimmen, die
w ir zu 5 . Pedro de Alcantara über sie zu machen Gelegenheit hatten.
Die von uns daselbst gesehenen Camacans erschienen uns als ein
derber und gesunder Menschenschlag, breitbrüstig, fleischig, von dunkler
bräunlichrother oder Kupferfarbe. Das grösste Individuum unter
ihnen mass fünf Fuss sechs Zoll paris. Maas. Ihre Gesichtszüge hatten
nichts vor denen der übrigen Indianer Ausgezeichnetes, wenn nicht vielleicht
die Stirne minder reclinirt und höher wa r , als bei den, unstreitig
mehr verkrüppelten, Cariris und Sabujäs. Das Haupthaar trugen sie
unbeschnitten und von ausserordentlicher Länge wild herabhängend. Barthaare
waren nur an einigen Männern sichtbar. In ihren Bewegungen
hatten sie alle jene eigenthümliche Gewandtheit und Rundung, die den
americanischen Urbewohnern eigenthümlich ist. Die Männer gingen ganz
nackt, oder hatten kurze Hosen von Baumwollenzeug angethan, womit sie
der Missionär versah. Im erstem Falle bemerkten wir, dass sie über einen
gewissen Theil des Körpers die Tacanhoba, eine Tute von einem Palmblatte
(Patioba), trugen, und es war auffallend, dass sie niemals ünterliessen,
diese Hülle sorgfältig zu befestigen, oder zu erneuern, wenn sie vor
dem Missionär erschienen. Sie hielten sich dann vollständig bekleidet,
und glaubten den Anstand auf keine Weise zu verletzen. Die W e iber
waren in Röcke von bunten Baumwollenzeugen gekleidet, und übernahmen
willig allerlei Arbeiten und Dienstleistungen in dem Haushalte ihres
christlichen Lehrers, dem sie mit grosser Ehrfurcht zugethan schie